Wie geht's weiter bei Melzer?

Kündigungswelle?

Die Melzer-Firmen (eine größere Druckerei sowie eine Kette von Copyshops) scheinen tiefer in die wirtschaftliche Krise zu kommen. Die Beschäftigten spüren die finanziellen Probleme in mehreren Bereichen.

Erst seit kurzem gibt es bei den Melzer Firmen Betriebsräte: Seit Jänner bei Melzer-Druck und seit Mai bei Melzer-Kopie. Vorwärts bringt einen kurzen Stimmungsbericht aus der Firma Melzer Kopie. Außerdem baten wir Harald Mahrer um seine Einschätzung der Lage. Harald wurde im Mai zum Betriebsrat in der Melzer Kopie gewählt. Er ist SLP-Mitglied und war maßgeblich an der Entstehung des Betriebsrats beteiligt. Harald kandidierte für die Liste "Konsequente Interessensvertretung-KIV", die bei den Betriebsratswahlen 43% gegenüber einer geschäftsleitungsnahen Liste erreichte.
Etwa ein Drittel der Beschäftigten in der Melzer-Kopie hat die Juni-Löhne erst stark verspätet ausbezahlt bekommen. Eine Nachricht, die viele alarmierte. Die Juli-Löhne erhielten manche 10 Tage zu spät. Mitte Juli tauchten auch die ersten Gerüchte auf, wonach etwa ein Drittel der Beschäftigten bei Melzer-Kopie zur Kündigung angemeldet werden sollen. Über die Gefahr von Kündigungen wurde auch auf einer Betriebsversammlung am 12.8. von der Firmenleitung gesprochen. "Würde die Firmenleitung eine anonyme Stellenanzeige aufgeben, würden sich wohl viele Beschäftigten der Melzer-Kopie bewerben ", so bringt eine verärgerte Mitarbeiterin die Stimmung auf den Punkt.
Offensichtlich gibt es finanzielle Probleme bei Melzer. Die beginnende Wirtschaftskrise macht sich in der gesamten Branche bemerkbar, die Auftragslage hat sich verschlechtert. Viele Firmen beginnen im Werbebereich zu sparen und erteilen weniger Druck- und Kopieraufträge. In der Kopierbranche wird diese "Spirale nach unten" noch durch eine Preisreduktion verstärkt. Wenn diese nicht mehr Aufträge bringt, wird der Umsatz natürlich noch schlechter. Erst kürzlich musste die Firma "Multicopy" ihren Betrieb einstellen. Kündigungen ohne Filialschließungen scheinen vielen KollegInnen kaum möglich. Schon jetzt haben die meisten Filialen nur die Mindestbesetzung. Bei einem weiteren Personalabbau wird man/frau den Filialbetrieb fast nicht aufrecht erhalten können. Bleibt die Frage, welche Filialen sollen geschlossen werden?
Die Unsicherheit vor der Zukunft wird noch dadurch verstärkt, dass es bereits im November 01 ein Insolvenzverfahren gab, in dem aber ein endgültiger Konkurs abgewendet werden konnte. Für  Beschäftigte ist es nahezu unmöglich Fakten über den wirtschaftlichen Zustand der Firma zu bekommen. Aber auch wenn vieles zur Zeit nicht fix ist, ist es wichtig, darüber zu berichten und zu sprechen, um sich Formen des Widerstandes zu überlegen.

Betriebsrat Harald Mahrer zur Situation:

Vorwärts: Was ist das wesentliche Ziel in dieser Situation?
Harald Mahrer: Das Ziel der KIV im Betriebsrat der Melzer-Kopie ist es, möglichst alle Arbeitsplätze zu halten.

V: Wie sehen die Chancen aus?

HM: Schwer zu sagen, dieses Ziel wird wohl von einer großen Mehrheit der Belegschaft mitgetragen. Aber als Minderheit im Betriebsrat tut sich die KIV schwerer. Nun rächt sich die Tatsache, dass bei der Betriebsratswahl eine knappe Mehrheit der Belegschaft einer geschäftsleitungsnahen Liste das Vertrauen schenkte. Wir wollten zum Beispiel bei der Betriebsversammlung jemand von der Gewerkschaft dabei haben, die Betriebsratsmehrheit nicht. Außerdem haben wir in der Melzer-Kopie zu wenig Beschäftigte, um ein gesetzliches Recht auf Einsicht in die Geschäftsbilanz zu haben. Was es uns schwer macht, die Fakten aus den Gerüchten zu filtern. Die KIV fordert die vollständige Offenlegung der Bücher - die Beschäftigten haben das Recht zu wissen, was in ihrem Unternehmen vorgeht. Es geht auch darum, Panikreaktionen, wie etwa übereilte Kündigungen seitens der Beschäftigten zu verhindern. Wichtig ist uns auch die Solidarität zwischen Melzer-Kopie und Melzer-Druck. Wir werden versuchen, alle gesetzlichen und politischen Möglichkeiten auszuschöpfen.

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