Warum hassen die Burschenschaften Frauen?

Und warum die Mädelschaften um nichts besser sind….
Sonja Grusch

Noch nie in der 2. Republik war der politische Einfluss von Burschenschaftern so groß wie heute. 20 der 51 Abgeordneten der FPÖ im Nationalrat gehören Burschen- bzw. Mädelschaften an. Dazu kommen noch zahlreiche Funktionäre und Mandatare auf Landes- und Gemeindeebene sowie die Mitarbeiter der neuen Minister etc. Das politische Gewicht der „Burschis“ ist dabei weit größer als ihr Anteil in der Bevölkerung. Grad mal 0,04% gehören hierzulande zu Burschenschaften – ca. 4.000 Männer sind in schlagenden Verbindungen, dazu kommen noch ca. 13.000 Mitglieder im CV, dem ÖVP-nahen, ebenfalls erzkonservativen und elitären Männerverband.

 

Männerbünde mit konservativem Frauenbild

„Natürlich“ habe man gar nichts gegen Frauen, stellen die Männerbünde klar. „Nur Männer können Mitglied werden. Dies hat jedoch nichts mit Frauenfeindlichkeit zu tun.“ erklärt z.B. die „Langobardia“. Was insofern auch stimmt, dass Mann Frauen auch durchaus eine Rolle zuteilt. Nämlich die als Mutter. Den Männerbünden – egal ob Burschenschaft, Pennäler oder CV – ist ein konservatives Frauenbild gemein. Die Rituale in den diversen Bünden mögen bizarr anmuten – da ist von Treue die Rede und von Lebensbünden. Erwachsene Männer kämpfen mit Säbeln und sind stolz auf ihre Narben („Schmisse“). Die „Ehre“ wird zum Fetisch und Saufgelage zum Ritual. Doch es wäre zu kurz gegriffen, den Sexismus der Burschenschaften auf psychologische Probleme ihrer Mitglieder zu beschränken.

Viel eher muss das konservative Frauenbild der Rechtsextremen – und solche sind die Burschenschaften durch die Bank - im "bevölkerungspolitischen und biologistischen Zusammenhang“ verstanden werden, wie Brigitte Bailer-Galanda anmerkt. Die Entstehung der Burschenschaften hängt mit der Entstehung der modernen Nationalstaaten im 19. Jahrhundert zusammen. Doch repräsentieren sie nicht, auch wenn sie das gern behaupten, die fortschrittlich radikaldemokratischen Strömungen, sondern dominierten schon bald nach ihrer Entstehung die völkisch, reaktionären Deutschnationalen. Was blieb, waren also nicht primär die Verteidigung demokratischer Rechte, sondern vielmehr die Verteidigung einer „deutschen Nation“. Auch heute sind die meisten Burschenschaften deutschnational.  Und die Aufgabe von Frauen ist es in ihrer Weltanschauung, diese deutsche Nation auf- und auszubauen. Wer in ihrer Logik „dazu“gehört (also weiß, christlich bzw. zumindest nicht jüdisch ist), soll also möglichst viele Kinder bekommen. Dieser Logik folgend sind sie dann auch gegen Aufklärung, Verhütung, Abtreibung und gleichgeschlechtliche Beziehungen. Für Frauen, die in ihrer Logik nicht „dazu“gehören – also eine andere Hautfarbe oder Religion haben – gilt das nicht. Sie sollen am hier Leben ebenso gehindert werden, wie daran, Kinder zu bekommen. Wenn sie vom „Lebensschutz“ und „Familie“ reden, dann gilt das nicht universell, sondern nur, um die „deutsche Nation“ zu stärken.

Insbesondere Frauen, die diesem Bild widersprechen, dies vielleicht auch noch laut und deutlich machen, werden bekämpft. Da greifen die rechten Nationalisten, die sich in der Flüchtlingsfrage gern als „Verteidiger“ „unserer Frauen“ präsentiert haben, dann zu Drohungen, Einschüchterungen und Sexismus. Frauen, die sich gegen Sexismus aussprechen wird Prüderie, Frigidität etc. vorgeworfen, häufig auch in Kombination mit Vergewaltigungsdrohungen. Frauen, die aggressiv auftreten, werden im besten Fall als hässlich, unweiblich, häufig auch als „hysterisch“ etc. ins Lächerliche gezogen. Zahlreiche Journalistinnen und linke Aktivistinnen wurden bereits zur Zielscheibe solcher rechter Hetzer und auch ihrer Gewaltandrohungen.

Mädelschaften sind um nichts besser

Im 21. Jahrhundert ist so ein reaktionäres Frauenbild schwer zu verkaufen. Kaum eine Frau lässt sich sagen, dass ihre Rolle bei Herd und Kindern ist. Dem müssen auch konservative und reaktionäre Organisationen Rechnung tragen und bieten daher „Mädelschaften“ oder „Damenverbindungen“ an. Wie ernst genommen diese Studentinnnverbindungen von den männlichen Gegenstücken genommen werden, ist ohnehin fraglich, werden sie doch von ihnen auch mal „Tittenbuxen“ genannt, die Mitglieder „Coleur-Matratze“. Die Aufgabe der Organisationen dürfte in der Praxis v.a. sein, als Eheanbahnungsinstitute zu dienen, um den Burschis standes-adäquate Frauen mit einem entsprechenden Rollendenken zuzuführen. Den Frauenorganisationen selbst geht es auch nicht um die Verbesserung der Situation von Frauen in unserer Gesellschaft im allgemeinen, sondern höchstens um individuelles elitäres Networking. Sie stellen also nur den weiblichen Teil einer reaktionären Elite dar und keinesfalls eine fortschrittliche Ergänzung.

Die Burschis sind nicht alleine

Das Problem rechter sexistischer Männerbünde auf die Burschenschaften zu beschränken, unterschätzt es gewaltig. So erklärt z.B. auch die Katholische Österreichische Studentenverbindung Purkersdorf: „Der Grund für getrennte Verbindungen findet sich nicht nur im Historischen, sondern auch heute spricht sich ein Großteil der Mitglieder … gegen gemischte Verbindungen, um Eifersuchtsszenen zwischen Mitgliedern zu vermeiden.“ Der CV, bei weitem größer als die Burschenschaften, ähnlich reaktionär und sexistisch, fordert z.B. das Verbot von Abtreibungen. Derselbe CV stellte immerhin elf von 17 ÖVP-Chefs der 2. Republik. Und auch wenn der CV im Kabinett von  Kurz wenig direkten Einfluss hat, so haben doch religiöse Hardliner wie Gertrud Kugler wichtige Positionen inne. Doch auch international gibt es zahlreiche Beispiele für reaktionär-sexistische Männerbünde – und alle sind auch aggressive Verfechter des Kapitalismus und seiner jeweiligen Nationalstaaten.

Von gestern und dennoch mächtig

Die Burschenschaften – oder besser: nationalistische, reaktionär-sexistische Männerbünde – sind machtvolle Stützen des kapitalistischen Systems und sie sind mächtig, weil sie Stützen dieses Systems sind. Um sie, ihren Einfluss und ihre reaktionären Ideen zu bekämpfen, reicht es daher nicht, auf ihre offensichtliche gesellschaftspolitische Überholtheit hinzuweisen. Die reaktionären Frauenverbindungen zeigen auch, dass es sich nicht um ein biologisches Geschlechterproblem handelt. Es sind eben nicht nur ewiggestrige Männer. Sondern es ist ein Wirtschafts- und Gesellschaftssystem, dass gerade jetzt mit dem Rückbau der Sozialstaaten und einer zunehmenden Militarisierung wieder verstärkt auf konservative Rollenbilder setzt. Das eine kann also folglich nicht konsequent bekämpft werden, ohne auch das andere zu bekämpfen.