Tobende Opposition und langer Festivalbeginn

Sonja Grusch, Caracas

Montag der 8. August war doppelt bedeutend in Caracas. Zum einen die Kommunalwahlen vom Sonntag, zum anderen der feierliche Einzug der Delegationen beim Festival.

Ueber die Kommunalwahlen gibt es heftige Debatten. Einerseits beschwert sich die Opposition darueber, dass die Wahllokale länger als gesetzlich vorgesehen geöffent waren. Außerdem wird über die Wahlbeteiligung spekuliert. Die Opposition präsentiert Zahlen mit einer Wahlenthaltung von 77-78%. Laut der staatlichen Wahlbehörde liegt die Wahlenthaltung bei 69,1%. Zu diesen Werten muss gesagt werden: 1. bewegt sich dieser Wert im Normalbereich bei Kommunalwahlen (2000 lag die Wahlenthaltung bei den Kommunalwahlen bei 76,2%) und 2. hatten Teile der Opposition zur Wahlenthaltung aufgerufen (was nun den Aufschrei über eine niedrige Wahlbeteiligung etwas lächerlich macht).

Tatsache ist, dass Chavez´s Partei MVR (Bewegung für die fünfte Republik) landesweit 58% der Sitze erzielt hat (wobei die Werte hier zwischen 7% und 100% schwanken). Nimmt man alle pro-Chavez Parteien zusammen, so haben sie 80% aller Sitze gewonnen. Das wird wohl eher der Grund für die Wut der Opposition sein. Es sind teilweise Parteien, die lange Wahlbetrug betrieben haben und denen angesichts ihrer fehlenden Unterstützung in der Bevölkerung offensichtlich nichts einfällt außer permanent hysterisch "Wahlbetrug" zu schreien.

Gestern fand auch der wirkliche Festivalauftakt stand. Auf einem riesigen Platz (der wohl sonst ein Paradeplatz des Militärs ist) fand der Einzug der Delegationen der einzelnen Länder statt. Jugendliche aus allen Teilen der Welt haben daran teilgenommen (und auch viele Ältere). Die "Delegation" des CWI, der Internationalen Organisation, der die SLP angehört, ist als internationale Organisation aufgetreten. Es waren GenossInnen aus mindestens fünf Laendern anwesend. Gemeinsam haben wir unser Dokument "Der internationale Kampf gegen den Kapitalismus und für einen revolutionären Sozialismus" unter die TeilnehmerInnen gebracht. Das Dokument beschäftigt sich mit der internationalen Situation, legt aber einen Schwerpunkt auf die Lage in Lateinamerika und besonders die Entwicklung in Venezuela. Es stellt die Frage "Was ist Sozialismus" und enwickelt Antworten auf "Wie kann die Bewegung in Venezuela in Richtung Sozialismus entwickelt werden". Ideen, die besonders unter VenezuelanerInnen auf großes Interesse stoßen. Unser Dokument ist nicht gratis, sondern kostet 500 Bolivar (zum Vergleich: ein Baguette kostet 490 Bolivar) - trotzdem standen die VenezuelanerInnen teilweise Schlange um eines zu kaufen. Der Durst nach politischen Ideen ist enorm, die Offenheit zu diskutieren - aber auch die politische Verwirrung. Darüber, was Sozialismus ist, gibt es unzählige Anworten, die auch sehr widerspruechlich sind. Es ist keine leichte Antwort, aber eine, die für die Zukunft Venezuelas von zentraler Bedeutung ist. 

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