Terrorgefahr in Österreich?

Überwachung verhindert keine Terroranschläge, stattdessen braucht es Geld für Bildung, Soziales und Jobs!
Manuel Schwaiger

Ende Jänner wurde in Wien Favoriten ein 18-jähriger Terrorverdächtiger festgenommen. Die Meldung ging durch alle Medien, haben in den vergangenen Jahren doch schon mehrere Anschläge Europa erschüttert. Die Antwort der Politik ließ nicht lange auf sich warten. Im neuen Regierungsprogramm werden weitere Überwachungsmöglichkeiten versprochen. Die Grenzkontrollen sollen verstärkt werden. Zudem spürt wohl jeder, dass die Polizeipräsenz in den letzten Wochen erhöht wurde.

Tatsächlich zeigt die Erfahrung in anderen Staaten in den vergangenen Jahren, dass mehr Überwachung nichts gegen Terrorismus bewirkt. So wurden in Frankreich nach den Anschlägen 2015 die Befugnisse von Polizei und Geheimdienst deutlich erweitert, die Regierung rief sogar den Ausnahmezustand aus und hat ihn seither fünfmal verlängert. Doch wie man bereits im folgenden Jahr tragischerweise feststellen musste, hilft kein Ausnahmezustand gegen Wahnsinnige, die in einen LKW steigen und in eine Menschenmenge rasen.

Maßnahmen wie Überwachung, Grenzkontrollen und Repression gehen am eigentlichen Problem vorbei. Denn die Welle von Terroranschlägen wird weder vom Religionsbekenntnis der TäterInnen verursacht noch von Einwanderung. Blickt man auf die Lebensgeschichte der Attentäter der jüngsten Anschläge, fällt eines auf: Fast alle kamen aus völlig verarmten Schichten, hatten keine Perspektive und rutschten in die Drogen- und Kleinkriminalität ab, lang bevor sie mit terroristischen Gruppen in Verbindung kamen. Kriminalisierung in Verbindung mit vielfacher rassistischer Diskriminierung und sozialen Problemen sind der tödliche Coktail, der Terrorismus erzeugt. Wer Terror verhindern will, muss ins Sozial- und Bildungswesen und in Jobs Geld stecken, anstatt in Videokameras und Polizei! Das gilt umso mehr, als dass diese Repressions- und Überwachungsmaßnahmen demokratische Errungenschaften beschneiden. Und so werden dann mit dem Argument „unserer Werte“ in Wirklichkeit „unsere Werte“ abgeschafft.

Rechter und kapitalistischer Terror

  • Streng genommen ist dschihadistischer Terror nur eine Spielart des rechtsextremen Terrorismus. Denn islamistische Fundamentalisten und Rechtsextreme teilen zentrale Werte: Sie lehnen Demokratie ab, bekämpfen Frauenrechte, verherrlichen Gewalt auch gegen Schwächere, sind antikommunistisch und stellen sich gegen persönliche Freiheiten. Vom rechtsextremen Terror kennt man in Österreich mehr als genug.
  • In der ersten Hälfte 2016 kam es zu 24 Terroranschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte: u.a. mit Feuerwerkskörpern, Luftdruckgewehren, Buttersäure und Brandstiftung. Bei einem Amoklauf ermordete ein Nazi im selben Jahr zwei Menschen. 2008 wurde bei einem Brandanschlag in Klagenfurt ein Mann ermordet. In den Medien liest man davon meist nichts, wenn überhaupt, werden die Angriffe nicht als Terror bezeichnet.
  • In den 1960er Jahren blühte der rechte Terror, v.a. aus Burschenschafterkreisen (Bombenanschläge, Schüsse aufs Parlament). In den 90ern ermordete Franz Fuchs vier Roma mit Bomben, die rechtsextreme VAPO trainierte bei Wehrsportübungen. Waffenlager der Rechtsextremen, wie beim „Objekt 21“ gibt es immer wieder. Der Chef der Identitären schießt 2017 in einer U-Bahnstation mit einer Schreckschusspistole.
  • Letztlich sind die Herrschenden die tatsächlichen Terroristen. Wie viele Menschen sterben jedes Jahr an den Folgen von langjähriger Überarbeitung oder Armut? Wie viele werden durch Stress am Arbeitsplatz oder in der Ausbildung nachhaltig geschädigt? Wie viele sterben durch Abschiebungen in „sichere“ Drittländer? Der größte und grausamste Terror ist immer noch der Terror des Kapitalismus.
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