Sa 19.01.2019
Zwanzig Euro pro Stunde, gleicher Lohn für gleiche Arbeit, das sind absolut berechtigte Forderungen der Gewerkschaft ver.di im Tarifkampf der etwa 23.000 Beschäftigten der Sicherheitsdienste an den Flughäfen. Es ist empörend, dass die privaten Sicherheitsfirmen momentan völlig unzureichende Löhne zahlen, und dazu noch ganz unterschiedlich, nämlich zwischen elf und 17 Euro.
Der Aufruf zu den Warnstreiks im Januar wurde mit großer Kampfbereitschaft befolgt und hat gezeigt, welche ökonomische Macht die unterbezahlten Sicherheitskräfte entfalten können. Denn ohne Sicherheitscheck können die Flieger nicht starten. Die Zahl der Flugausfälle war hoch und hatte großen Effekt.
„Maßhalten“?
Aus Sicht der Arbeitgeber*innen und des Bundesverbands der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) ist schon ein Warnstreik „völlig überzogen“ und natürlich predigen sie, die selbst Jahr um Jahr neue Rekordgewinne einfahren, den Beschäftigten Wasser zu trinken..
Lohndrückerei und Prekarisierung ist eine Folge des weit verbreiteten Arbeitgeber-Instruments des Outsourcing – auch an den Flughäfen. Es ist gut, wenn ver.di nun der Zersplitterung der Beschäftigten entgegenwirkt, indem sie eine einheitliche Bezahlung und deutliche Anhebung mit einer Festgeldforderung von zwanzig Euro fordert. Dabei geht es nicht nur ums Geld. Auch die Belastung der einzelnen Mitarbeiter*innen nimmt stetig zu – wie in so vielen anderen Berufen.
Outsourcing und Privatisierungen
Lohndrückerei und Arbeitshetze für die Beschäftigten ist auch eine Folge der Privatisierung. Das bedeutet in der Folge auch weniger Sicherheit für die Passagiere – egal ob bei den Sicherheitskontrollen, bei der Flugsicherheit oder auch bei den Fluglinien selbst. Profitorientierung bedeutet Sparen bei Personal und Sicherheit. Es ist ganz einfach: wenn bei der Sicherheitskontrolle schlecht motivierte, übermüdete und zu wenige Kolleg*innen sind, dann leidet die Qualität. Daher ist es wichtig, auch über die unmittelbaren Forderungen hinaus zu diskutieren, zum Beispiel über die Forderung nach (Re-)Verstaatlichung dieser Bereiche unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung von Beschäftigten, Gewerkschaften und Staat.
Urabstimmung und demokratische Streikführung
Wenn – wie zu erwarten ist – die Arbeitgeber*innen nicht einlenken – sollte ver.di die Mitglieder zur Urabstimmung für einen unbefristeten Streik aufrufen. Jegliche Einschüchterungen von Seiten der Arbeitgeber müssen von allen Gewerkschaften zurück gewiesen werden.
Die Streikenden müssen selbst das Heft in der Hand halten. Über alle Verhandlungen zwischen ver.di und der Arbeitgeberseite sollte es volle Transparenz geben. Vorschläge der Streikleitungen sollten auf Streikversammlungen demokratisch diskutiert und beschlossen werden. Auf lokaler Ebene sollten die Streikleitungen aus dem Kreis der Kolleg*innen gewählt werden und zu einer bundesweiten Streikdelegiertenkonferenz zusammen kommen, um dort wiederum demokratisch das weitere Vorgehen zu entscheiden. Es sollte vereinbart werden, dass die Verhandlungskommission nichts annimmt, ohne dass das Ergebnis in einem solchen Verfahren – über Streikversammlungen und eine bundesweite Streikdelegiertenkonferenz diskutiert und angenommen wurde. Der Streik sollte erst dann beendet werden, wenn eine Urabstimmung darüber stattgefunden hat.
Streikrecht
Wirtschaftsverbände rufen nach einer Einschränkung des Streikrechts. Der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Arbeitgeber BDA, Steffen Kampeter, greift ver.di, und damit die Streikenden an den Flughäfen an: „Die Streikmaßnahmen von ver.di zielen ja nicht auf einen einzelnen Betrieb, sondern sie wollen das Luftverkehrssystem insgesamt treffen. Damit sind die Auswirkungen unverhältnismäßig und treffen die gesamte Volkswirtschaft. Das hat mit der Parität, die dem Streikrecht zugrunde liegt, überhaupt gar nichts mehr zu tun und geht weit über das eigentliche Maß und Mitte-Verhältnis hinaus.“ Diese Äußerungen von Kampeter, bis 2015 parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesfinanzminister, müssen von ver.di und dem gesamten DGB klar zurück gewiesen werden.
Kräfteverhältnisse und Solidarität
Die Aussagen des BDA-Chefs Kampeter machen deutlich, dass die Arbeitgeber tatsächlich Angst vor der potentiellen Stärke der Beschäftigten haben: „In der arbeitsteiligen und verflochtenen Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft Deutschland sind die Streiks des 21. Jahrhunderts sehr viel wirkmächtiger als die Streiks des 20. Jahrhunderts. Und da muss man eben schauen, dass der Gesetzgeber nicht mal guckt, ob der Gesetzgeber insgesamt in relevanten Bereichen die Waffengleichheit wieder herstellt. Das ist ein Preis der Globalisierung, die die Tarifautonomie hier nicht allein lösen kann.“ Mit anderen Worten: die Losung „wenn dein starker Arm es will, stehen alle Räder still“ gilt heute ungebrochen – nach Meinung der Arbeitgeber sogar noch mehr als früher.
Das zeigt, wie stark die Waffe des Streiks auch und gerade in heutigen Zeiten in der Hand von Beschäftigten tatsächlich sein kann – wenn sie konsequent geführt werden. Es macht auch deutlich, dass die Kolleg*innen diesen Kampf gewinnen können, vorausgesetzt, dass eine konsequente und kämpferische Linie gefahren wird.
Die Äußerungen des BDA-Chefs zielen darauf ab, dass die Streiks gesetzlich eingeschränkt werden sollen. Die Gewerkschaft ver.di und mit ihr der gesamte Gewerkschaftsdachverband DGB müssten klar darauf antworten: jeder Schritt hin zu einer weiteren Einschränkung des Streikrechts würde mit der massiven Solidarität und Gegenwehr der Gewerkschaften beantwortet – bis hin zu Solidaritätsstreiks!