Sieg der Konservativen bei Wahlen in Frankreich

Trotz sozialer Kämpfe gewinnt Sarkozy
Jan Rybak

Frankreich ist heute jenes Land in Europa, in dem der Widerstand gegen die neoliberale Politik der herrschenden am stärksten ausgeprägt ist.

Massenbewegungen, wie 2006 gegen das “CPE” (Contrat première embauche -

ein neoliberales Gesetz, das den Kündigungsschutz junger ArbeiterInnen in den ersten zwei Dienstjahren abgeschafft hätte) und die EU-Verfassung 2005

brachten herausragende Erfolge für jene ArbeiterInnen und Jugendlichen, die sich an den Kämpfen beteiligten.

Auch die Aufstände in den Banlieues, den Elendsvierteln am Rand der Großstädte, waren, trotz ihrer Beschränktheit, Ausdruck des Widerstandes gegen Rassismus und neoliberale Unterdrückung.

Nicolas Sarkozy

Der Mann, der als Kandidat der rechtskonservativen UMP hatte sich vor der Präsidentenwahl nie einer Wahl außerhalb seiner eigenen Partei gestellt. Als Innenminister in der Regierung Chirac tat er sich als Hardliner hervor, der den direkten Kampf gegen ArbeiterInnen und Jugendliche zum Programm erhob. So erregte er unter breiten Schichten Empörung, als er während den Unruhen in den Pariser Vorstädte kundtat, man müsse die Vorstädte “mit dem Hochdruckreiniger” von dem Gesindel (= den Vorstadt-Jugendlichen) reinigen. In den Medien spricht Sarkozy relativ offen aus, was seine Freunde in den Chefetagen der Großkonzerne fordern. Abbau des Sozialstaates, Flexibilisierung der Ladenöffnungszeiten, Arbeitszeitverlängerung, Zurückdrängung der Gewerkschaften, Verschlechterungen beim Kündigungsschutz,... diese Liste lässt sich beliebig verlängern. Die Gefahr besteht nun aber darin, dass Sarkozy über diese Angriffe nicht nur spricht, sondern alles daran setzt sie in die Tat umzusetzen.

Segolène Royal

Segolène Royal (wörtlich übersetzt: “Sieg der Königlichen”) vertrat als Kandidatin der PS, der französischen Sozialdemokratie, ein Programm, das wohl mehr an ihren (Nach-)Namen als an ein sozialistisches Programm erinnert. So überschnitten sich viele Punkte, wie z.B. die Arbeitszeitverlängerung oder das “Ja” zu EU-Verfassung mit dem Wahlprogramm Sarkozys. Royal war nicht gewillt, während des gesamten Wahlkampfes auch nur ein Mal die brennenden sozialen Probleme, die es in Frankreich gibt zu behandeln. Anstatt der Arbeitslosenrate von über 10 Prozent die Idee der Arbeitszeitreduzierung bei vollem Lohn- und Personalausgleich entgegenzusetzen, dachte Royal laut über ein strengeres Einwanderungsgesetz nach. Die PS konzentrierte sich während des Wahlkampfes vor allem auf die Frage der “Sicherheit”. Heraus kam ein Programm, das sich von dem der UMP nur dadurch unterschied, dass die Angriffe auf ArbeiterInnen, MigrantInnen und Jugendliche schöner umschrieben waren.

Sarkozys Demagogie gewann

Viele ArbeiterInnen und junge Menschen sehen in Sarkozy eine große Bedrohung. Er ist der verhassteste Politiker unter den Jugendlichen der armen Vorstädte. Für viele ArbeiterInnen gilt Sarkozy als der Vertreter der Bosse. Die führte dazu, dass viele Menschen bei dem verzweifelten Versuch Sarkozy zu verhindern ihre Stimme für Royal abgaben, obwohl den meisten bewusst war, dass sie keine wirkliche Alternative zur herrschenden neoliberalen Politik darstellt. In der Stichwahl, die dann wie zu erwarten zwischen Sarkozy und Royal ausgetragen wurde, siegte Sarkozy klar. Es gelang ihm im Gegensatz zu Royal durch geschickt eingesetzte demagogische Versprechungen und Umschreibungen seines Wahlprogramms viele Hoffungen in einen höheren Lebensstandard und eine tatsächliche Bekämpfung der Arbeitslosigkeit zu wecken. Es ist klar, dass er diese wieder enttäuschen wird. Dann wird jedoch Sarkozy als eine noch isoliertere Gestalt dastehen, als die, die er jetzt schon ist.

Es regt sich Widerstand

Die Wahlen brachten allerdings auch über zwei Millionen Stimmen für die Kandidaten von LO (Arbeiterkampf) und LCR (Revolutionär-Kommunistische Liga), die beiden größten Parteien in Frankreichs revolutionärer Linke. Diese sind ein klares Zeichen dafür, dass sich viele Menschen nicht mehr mit dem neoliberalen Einheitsbrei von UMP und PS zufrieden geben wollen. Sie sind auf der Suche nach Alternativen, die auch den Kapitalismus grundsätzlich angreifen und ihm den Sozialismus als gesellschaftliches Modell ohne Ausbeutung und Unterdrückung entgegenstellen. Wenn Sarkozy sein Programm umsetzt - und das wird er zumindest versuchen - wird sich Widerstand regen…

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: