Seattle: Sieg für Massenkampagne

Seit 9 Jahren versuchen die Herrschenden erfolglos, die sozialistische Stadträtin Sawant loszuwerden.
Dylan Pattillo und Peter Hauer, www.socialistalternative.org

Seit 2013 sitzt Kshama Sawant, Mitglied unserer Schwesterorganisation Socialist Alternative (SA) in den USA, im Stadtrat von Seattle. In dieser Zeit konnte sie den 15$/h Mindestlohn, eine Steuer auf Großunternehmen wie Amazon (dessen Sitz in Seattle liegt) und Mietzinsobergrenzen durchsetzen. All das konnte nur erreicht werden, weil Kshama immer soziale Bewegungen und Kämpfe hinter sich hatte, die Druck aufbauten - sie selbst versteht sich als deren Sprachrohr zum Aufbau. Kshama und SA haben durch so eine Vorbildrolle für unabhängige, sozialistische Politik eingenommen: Der 15$ Mindestlohn breitete sich von Seattle über die ganzen USA aus.

Die Bosse wollen verhindern, dass sich mehr Arbeiter*innen organisieren, deswegen versuchen sie seit 9 Jahren alles, um Kshama loszuwerden: Mehrere Millionen Dollar stellte Amazon für Egan Orion, Kshamas Gegner bei den letzten Wahlen, zur Verfügung. Mit juristischen Angriffen wollen sie ihre Arbeit sabotieren. Der letzte Versuch war eine Wahl zur Amtsenthebung (Recall). Die Initiator*innen des Recall warfen Kshama u.a. vor, „illegalerweise“ eine Black Lives Matter-Demo in das Rathaus von Seattle geführt zu haben.

Der Recall war eine Initiative der Rechten und Kapitalist*innen: Er wurde u.a. gesponsert von 500 republikanischen und über 100 Trump-Spender*innen. Prominent unter ihnen: George Petrie, der größte Trump-Sponsor aus Washington, Howard Schultz, ehemaliger Chef von Starbucks oder Martin Selig, ein Immobilien-Hai, der an die Abschiebebehörde ICE vermietet. Aber auch zahlreiche Demokraten beteiligten sich führend an der Kampagne gegen Kshama.

Sobald der Recall öffentlich wurde, startete SA eine Kampagne dagegen. Über ein Jahr lang zog sich der Kampf. Zentrale Strategie war es, den Klassencharakter des Recalls zu entblößen und die Unterstützer*innen in die Verteidigung einzubinden. So wurde klargemacht, worum es geht.

Eine der größten Hürden stellte der Versuch des Recalls dar, es durch den Wahltermin für Arbeiter*innen, Arme und Jugendliche besonders schwierig zu machen, zur Wahl zu gehen. Deswegen zögerten die Recaller*innen den Wahltermin hinaus – und zwar auf die Zeit zwischen Thanksgiving und Weihnachten. Das Ziel war eine möglichst niedrige Wahlbeteiligung. Um dies zu kontern, brachte Kshamas Team die Wahl direkt zu den Arbeiter*innen. Mehrsprachige Teams gingen in migrantische Nachbarschaften, um ihnen eine Teilnahme zu ermöglichen, inklusive Drucker, mit denen die Wahlzettel gedruckt werden konnten. All das wäre nicht möglich gewesen ohne die große Anzahl an Aktivist*innen - insgesamt über 1.500 Personen. Ununterbrochen diskutierten sie mit Leuten auf der Straße und im Bekanntenkreis. Im Schichtbetrieb wurden Kundgebungen abgehalten und von Tür zu Tür gegangen. Am letzten Samstag vor der Wahl waren über 150 Personen im ganzen Wahlkreis unterwegs.

Die Anzahl an Aktivist*innen zeigt beeindruckend, dass es zwar wichtig ist, Kshama als Stadträtin zu behalten, aber dass das damit verbunden ist, Arbeiter*innen zu organisieren. Kshama und ihr Team unterstützen zum Beispiel den Streik der Bautischler*innen. Diese mussten zum Teil sogar gegen ihre eigene Gewerkschaftsführung streiken, die einen faulen Kompromiss eingehen wollte. Prompt sprachen sich die Gewerkschafts-Bürokrat*innen beim Recall gegen Kshama aus - doch sie gewann die Unterstützung der streikenden Basis. Auch andere Bewegungen wurden mit dem Wahlkampf verbunden, so nahmen z.B. Mieter*inneninitiativen oder Arbeiter*innen aus dem Kampf um den Mindestlohn an der Verteidigung des Sitzes teil.

Rotzfrech gab die Kampagne den Kurs an: Egal welche Angriffe die politischen Gegner*innen starten, man ließ sich nicht in die Defensive drängen. Kshama machte klar: Keine Rechtfertigungen vor Jeff Bezos & Co für den sozialistischen Kurs. Keine Kompromisse mit der herrschenden Klasse, die akzeptiert, dass Menschen für ihre Profite sterben.

Schließlich wurde der Recall nur dank dieser klaren Positionen bei der Abstimmung besiegt. Das zeigt vor allem, dass konsequente linke Politik, die sich nicht dem Druck beugt, sondern zu ihrem sozialistischen Programm steht, mehrheitstauglich ist - und zwar unter Arbeiter*innen. „Progressive“ Kandidat*innen scheitern immer wieder, weil sie, ohne ein klares Programm und eine starke Bewegung hinter sich zu haben, glauben, Kompromisse eingehen zu müssen und „klug taktieren“ zu können. Es braucht aber nicht mehr Stellvertreter*innenpolitik, sondern es braucht eine revolutionäre Partei, die mit einem kämpferischen Programm für ein sozialistisches Programm und eine sozialistische Gesellschaft kämpft. Das haben Kshama, Socialist Alternative und unsere Internationale, die ISA, einmal mehr gezeigt.

 

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