Schweden: Lokale Kürzungen zurückgeschlagen

Das ArbeiterInnenviertel Hammarkullen in Göteborg ist ein Beispiel, wie lokale Kämpfe gewonnen werden können.
Kristofer Lundberg, Leitungsmitglied von RS, www.socialisterna.org

Rättvisepartiet Socialisterna (SR, Sozialistische Gerechtigkeitspartei, CWI in Schweden) konnte in dem Viertel eine starke Position aufbauen in der Nachbarschaft, in Betrieben und Nachbarschaftsorganisationen. Dieses Beispiel zeigt, wie lokale Grassroot-Arbeit etwas erreichen kann. In den letzten Jahren hat es SR gemeinsam mit den AnrainerInnen geschafft, die lokale Bücherei zu retten sowie ein Jugendcenter, ein Schwimmbad und ein Fitnesscenter. Ein offensiver Kampf hat ebenso die Übernahme eines privaten Appartmentblocks mit 1.000 Wohnungen in öffentliches Eigentum erzwungen, sowie die Privatisierung von 450 Wohnungen gestoppt. Mieterhöhungen im Zusammenhang mit Sanierungen wurden verhindert.

Was RS in Hammarkullen so erfolgreich macht, ist, dass RS-Mitglieder das Rückgrat der lokalen Mobilisierungen waren. Der Bezirk ist bekannt für den Kampf gegen Kürzungen und Privatisierungen, für öffentliche Dienstleistungen und soziale Einrichtungen. Bei jedem Thema, das die Region betrifft, beruft RS eine lokale Versammlung der AnrainerInnen und Beschäftigten in der Gegend ein, um Antworten und Lösungen sowie eine kämpferische Strategie auszuarbeiten. Wir gehen nicht in Kämpfe, um Symbole zu setzen, sondern um sie zu gewinnen. Diese Versammlungen bringen hunderte Menschen zusammen. Informationen werden über Flyer und Poster verbreitet, aber die täglichen Treffen sind entscheidend. Die Erfahrungen und politischen Interventionen in diesen Treffen durch SozialistInnen waren oft hilfreich bis entscheidend für die Kämpfe, um die Rechte von AnrainerInnen zu verteidigen.

Als die lokale Koalition in der Stadtregierung aus Sozialdemokratie, Linkspartei und Grünen entschied, die beiden Schwimmbäder Rannebergsbadet und Hammarbadet als Teil eines lokalen Kürzungspakets zu schließen, organisierte RS umgehend Proteste. Die PolitikerInnen nahmen wegen der Proteste zuerst die Schließung zurück und stockten das Budget für ein Jahr auf, aber nach der Gemeinderatswahl 2014 waren die Bäder wieder von Schließung bedroht. RS wurde in dieser Wahl die zweitstärkste Partei in diesem Viertel. Mit der Vertiefung des Kampfs zur Erhaltung der Bäder im Bezirk hatte RS zunächst gratis Schwimmkurse selbst organisiert, während ein politischer Kampf geführt wurde, in dem wir die Notwendigkeit von kostenlosen Schwimmkursen als Klassenfrage thematisierten – aufgrund fehlender Schwimmkenntnisse von Kindern aus der ArbeiterInnenklasse. Als direktes Resultat des Kampfs entschied der Gemeinderat von Göteburg Hammarbadet zu retten und zu renovieren, sowie eben die gratis Schwimmkurse und freien Eintritt für Kinder in alle lokalen Schwimmbäder einzuführen. Ebenso wurde ein neues Bad in Kortedala gebaut.

Auch beim Thema Wohnen: Hier hatte RS drei Jahre für die Rücküberführung gekämpft, hat breite Unterstützung in der Gegend organisiert durch die lokalen Versammlungen, Proteste, Interviews in Lokalmedien, politischen Druck auf PolitikerInnen und indem sie die Mietervereinigungen involvierte, die die Forderung aufnahm. Mehr als 16 lokale Mieterorganisationen drückten ihre Unterstützung aus und nahmen an den Kämpfen und Demonstrationen bei den Gemeinderatssitzungen teil. Im Dezember 2015 entschied der Gemeinderat, dass 1.000 Wohnungen von der Gemeinde übernommen werden sollten. Das war ein wichtiger Sieg, der einen Präzedenzfall setzte und zeigt, dass es nach 30 Jahren Privatisierung möglich ist, diese rückgängig zu machen. Die Entscheidung war ein Ergebnis der langfristigen Arbeit von RS. Wir machen nicht nur Propaganda, sondern sind entschlossen, erfolgreich zu kämpfen. Als der Kampf weiterging, stellte er sicher, dass notwendige Renovierungsarbeiten duchgeführt wurden unter Kontrolle der MieterInnen – ohne dass die Miete erhöht wurde. 2017 war der Sieg ein Fakt und die Gemeinde setzte eine Option auf Renovierung ohne Mieterhöhung um.

Bei jeder Drohung von Kürzungen muss die Gemeinde immer mit Protesten von AnrainerInnen rechnen aufgrund der lokalen Unterstützung für RS. Um den Kampf zu stärken, wurde ein Vorstadtsrat eingesetzt, der RS, die wichtigsten Anrainervereinigungen und Betriebsräte verbindet, um zu diskutieren, um welche Themen Kampagne geführt wird. Die Arbeit von RS zeigt auf kleinem Level, was eine neue MassenarbeiterInnenpartei auf bundesweiter Ebene erreichen könnte. Die Mitglieder von RS sind im Viertel bekannt als KämpferInnen – Nachbarschaftsorganisationen kommen auf sie zu, wenn sie Unterstützung suchen. Auch in Schweden sind Kürzungen und Privatisierungen an der Tagesordnung. Sie treffen ArbeiterInnen und Menschen mit niedrigem Einkommen. Armut steigt, wie auch Gewalt und Kriminalität. Die Lösung ist nicht nur der Aufbau lokaler Kämpfe, sondern der Aufbau einer sozialistischen Massenkraft auf bundesweiter wie internationaler Ebene, die nicht nur für eine sozialistische Zukunft kämpft, sondern schon heute Kämpfe gewinnen kann.

 

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