Schottland steht auf

Laura Rafetseder

Das britische Establishment fuhr beim schottischen Referendum einen leeren Sieg ein. Die Nein-Kampagne konnte nur mit Hilfe von Medienpropaganda, Versprechungen und Panikmache ein Ja verhindern. Ein Ja hätte die Interessen der britischen herrschenden Klasse bedroht – es geht u.a. um Nordsee-Öl und den Stützpunkt des Nuklearwaffenprogramms Trident. Die Finanzmärkte sind erleichtert, ebenso die EU. 6 Millionen Menschen stimmten für die Unabhängigkeit. Cameron kann also nicht weiterregieren wie vorher. Er wird Zugeständnisse machen müssen. Auch Wales und Nordirland werden mehr Unabhängigkeit fordern. Vor allem aber wird der Widerstand gegen die fortgesetzte Sparpolitik wachsen.

In Wahrheit war die Abstimmung eine soziale Revolte. Tausende Menschen beteiligten sich an Massenkundgebungen für die Unabhängigkeit und gegen das Spardiktat. Besonders hoch war die Unterstützung bei ArbeiterInnen und Jugendlichen – Glasgow und Dundee stimmten mehrheitlich mit Ja. ArbeiterInnen sehen die Unabhängigkeit als Ausweg aus Sparpolitik und fallendem Lebensstandard. Die Durchschnittslöhne sind in Schottland seit 2009 um 8 % gefallen. Fast 500.000 ArbeiterInnen verdienen weniger als 10 Euro/Stunde. 870.000 Menschen leben in Armut. Westminster will in den nächsten beiden Jahren weitere 7,7 Milliarden Euro im Sozialwesen kürzen.

Das Referendum schuf die Hoffnung, einen Staat nach eigenen Vorstellungen zu schaffen – und zwar v.a. auch bei sozialen Fragen. Wie geht es nun weiter? Die regierende SNP konzentriert sich auf formale Unabhängigkeit, setzt aber die Sparpolitik um. Die Socialist Party Scotland (CWI in Schottland), eine der aktivsten und v.a. eine sozialistische Kraft im Lager der Befürworter der Unabhängigkeit, stellt dagegen soziale Forderungen ins Zentrum. Die SPS fordert die Verstaatlichung des Ölreichtums, einen existenzsichernden Mindestlohn und ein Ende der Kürzungspolitik. Sie tritt für ein unabhängiges sozialistisches Schottland als Teil einer sozialistischen Föderation ein. Viele mögen enttäuscht über das Ergebnis sein. Sie müssen nun für sozialistische Ideen und eine neue Massenpartei der ArbeiterInnen in Schottland gewonnen werden.

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