Rote Seitenblicke

Franz Neuhold

Die 2004 vom Satire-Magazin „Titanic“ gegründete PARTEI will nun auch in Österreich durchstarten. Endlich mal kein Milliardär mit Visionen oder die nächste rechte Söldnertruppe! In Deutschland gelang bei den EU-Wahlen die Sensation: ein Sitz im EU-Parlament. In Ostdeutschland erfolgreicher als die Superreichen-Partei FDP (mit NEOS vergleichbar), in der öffentlichen Wahrnehmung an den „Piraten“ vorbeigezogen. Respekt!

Dann kommt aber der Spielverderber in mir hoch: Braucht es DAS, wo uns doch eine richtige ArbeiterInnenpartei fehlt? Nun, die bürgerliche Parteienlandschaft hat sich DIE PARTEI redlich verdient. Ob bei Talkshows, in Interviews oder durch grandiose Wahlplakate („Inhalte überwunden!“): DIE PARTEI sticht alle etablierten Kräfte aus. Dass die Gefahr besteht, Satire von der Wirklichkeit kapitalistischer Pseudo-Demokratie nicht mehr unterscheiden zu können, ist der PARTEI egal. Dass sie keine Alternative zum Einheitsbrei aufbaut, sondern ihn nur lächerlich macht, ist der PARTEI auch Wurst. Tatsachen. Darüber ärgern bringt nichts. Es lustig finden – auf Dauer wahrscheinlich auch nicht. Das Dilemma der Satire an sich wird offenbar: Anstoß zum Umstoß oder Überdruck-Ventil. Da gibt's einen mehr als feinen Unterschied!

Nichtsdestotrotz: So mancher Vorschlag der PARTEI klingt vielversprechend. Chef Sonneborn glänzt im „Profil“: „In Deutschland haben wir versprochen, im Olympiastadion einen Schauprozess gegen Merkel zu führen.“ Cool, wir bringen Grasser und ex-Kanzler Schüssel mit.

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