Rechte gestärkt, SPÖ verliert v.a. bei ArbeiterInnen

Stellungnahme der SLP zu den LT-Wahlen in Salzburg und Kärnten (3.3.09)
  1. Die Landtagswahlen in Salzburg und Kärnten finden vor dem Hintergrund der tiefsten Wirtschaftskrise der Zweiten Republik statt. Auch wenn die Krise noch nicht in ihrer vollen Härte und mit allen Konsequenzen zugeschlagen hat, und die Politik aus wahltaktischen Überlegungen noch versucht hat, Angriffe hinaus zu schieben, sind doch bereits viele von Jobverlust/Kurzarbeit und Einschnitten beim Lebensstandard betroffen.
  2. In Salzburg auch die ÖVP, aber v.a. die SPÖ sind auch für ihre Bundespolitik abgestraft worden. Wer nach der Nationalratswahl hoffte, die SPÖ würde für eine sozialere Politik stehen, wurde enttäuscht. Die SPÖ orientiert sich in ihren Maßnahmen v.a. an den Bedürfnissen der „Wirtschaft“. Die jüngsten Angriffe auf LehrerInnen, mit dem Ziel einer Arbeitszeitverlängerung, sind dafür ein gutes Beispiel und haben der SPÖ wohl einige Stimmen gekostet. Auch wenn die ÖVP nicht wirklich die Interessen der LehrerInnen vertritt konnte sie sich doch als deren „Bollwerk“ präsentieren.
  3. Insbesondere in Salzburg waren daher soziale Themen und die Frage von Jobverlusten von zentraler Bedeutung. In Hallein ist die Schließung der traditionsreichen Papierfabrik beschlossene Sache. Ca. 500 Arbeitsplätze gehen verloren. SPÖ, Gewerkschaft und Arbeiterkammer hatten sich auf rein formalen Protest, die Organisierung einer Alibidemonstration und eine Beschwerde in Brüssel beschränkt um die Schließung zu verhindern. Bei der Demonstration verkündete Burgstaller noch, wie froh sie darüber wäre, dass in Hallein nicht gestreikt würde um die Arbeitsplätze zu retten. Letztlich wurden die Beschäftigten und Betriebsräte von m-real im Stich gelassen und ihre Arbeitsplätze geopfert. Der SPÖ wurde hier ein deutlicher Denkzettel verpasst. Die SPÖ verlor in Hallein ein Drittel ihrer Stimmen und rutschte von 38,1% auf 25,5% ab. Gewinner war der ÖVP-Bürgermeister Christian Stöckl, der sich zumindest scheinbar ernsthaft für den Erhalt des Werkes eingesetzt hat.
  4. Die Salzburg SPÖ hat stark verloren, auf Landesebene 5,9%. In manchen Gemeinden waren die Verluste noch dramatischer (Tweng: -13,4%, Stadt-Salzburg: -9,8%). Der Großteil der Stimmen ging als „Proteststimmen“ zur FPÖ (z.B. Hintersee: minus 13% für die SPÖ; plus 10,7% für die FPÖ). Da hinter steht die arrogante und unsoziale Politik der SPÖ. Der „Wohlfühlwahlkampf“, mit dem Aufruf Burgstaller zu wählen, weil „ihre Art den Unterschied macht“ war eine Verhöhnung der Menschen, die von Wirtschaftskrise, steigender Arbeitslosigkeit und Verarmung betroffen sind. Aus Mangel an echten Alternativen stimmten viele Menschen für die einzige Partei, die zu mindest in Worten ihre sozialen Ängste ernst zu nehmen scheint – die FPÖ.
  5. In der Stadt Salzburg versuchten FPÖ und Bürgerliste sich als Verteidiger des Paracelsusbades aufzuspielen. In Anbetracht dessen, dass die beiden Parteien am einstimmigen Gemeinderatsbeschluss zur Schließung des Bades mitgewirkt haben, ist es schon eine besonders anmaßende Heuchelei im Wahlkampf Unterschriften gegen die Schließung zu sammeln. SPÖ und ÖVP in der Stadt hielten aber an ihrem Beschluss das Bad zu Gunsten des neuen „Spaßbades“ in Liefering zu schließen fest. Diese Politik steht in der Tradition der gegen weite Teile der Bevölkerung gerichteten Politik der SPÖ in der Stadt. Millionen werden für die Festspiele aufgebracht – nichts für Jugendkultur, Millionen für eine (von der Bevölkerung abgelehnte) Olympiabewerbung – nichts für sozialen Wohnbau, Breitensport, etc. In Folge dieser abgehobenen und unsozialen Politik wurde Bürgermeister Schaden auch in eine Stichwahl gegen den ÖVP-Kandidaten Preuner gezwungen.
  6. Die einzige bei dieser Wahl antretende Partei, die sich glaubwürdig gegen die sozialen Missstände ausgesprochen hat, war die KPÖ. Sie verpasste, trotz leichtem Stimmengewinn den Einzug in den Gemeinderat – wohl auch ein Ergebnis ihrer fehlenden Bereitschaft, gemeinsam mit anderen anzutreten.
  7. In Kärnten kommen mehrere Faktoren zusammen: das BZÖ hat in den letzten Jahren erfolgreich eine Umfärbung des Landes vorgenommen, und auch im Wahlkampf dafür gesorgt, dass über Medien, Werbung und „offizielle Strukturen“ das BZÖ und Haider omnipräsent waren. Die nach dem Tot von Haider begonnene „Haider ist überall“ Zwangsbeglückung wurde im Wahlkampf fortgesetzt. Was logisch ist, bestätigen auch Umfragen: die BZÖ-Stimmen waren nicht für den Weltmeister im Fettnäpfchen-Dreisprung, Dörfler, sondern auch postum für Haider. Ein wesentlicher Punkt waren aber soziale Themen – für BZÖ-WählerInnen waren z.B. die Themen Arbeitsplätze und Gesundheit zentrale Wahlmotive. Weil die ArbeiterInnenbewegung – konkret die Gewerkschaften – die wachsenden sozialen Probleme nicht zentrale aufgreifen, und v.a. keine kämpferischen Antworten auf z.B. Arbeitsplatzabbau geben, kann das BZÖ dieses Vakuum füllen. Damit bleibt – beim Fehlen von Klassenkämpfen – als einzige „Perspektive“ für viele Menschen die Almosenpolitik des BZÖ, die sich zumindest verbal als „sozial“ präsentiert.
  8. Von den anderen Parteien wurde der Haider-Hype weitgehend mitgetragen. Statt sich klar vom rechtsextremen, wie einen Feudalherren auftretenden Haider abzugrenzen, diesen zu kritisieren und aufzuzeigen, wie tief die sozialen Probleme in Kärnten tatsächlich sind, wurde er postum belobhudelt. Wenn alle Haiders Erben sein wollen ist es klar, dass jene Gewinnen, die zumindest parteipolitisch darauf den größten Anspruch haben.
  9. Auch wenn die FPÖ in Kärnten eingebrochen ist, ist das rechte Lager insgesamt gestärkt. In Salzburg konnte die FPÖ fast 12.000 WählerInnen dazu gewinnen und das rechtsextreme Lager gemeinsam konnte sich verdoppeln, in Kärnten kommen BZÖ und FPÖ gemeinsam auf über 50% der Stimmen. Auch wenn das BZÖ auf Bundesebene eine geringe Rolle spielt und bei der letzten Nationalratswahl ein durchaus auch anderes WählerInnenspektrum angesprochen hat, als die FPÖ, so übernimmt gerade in Kärnten das BZÖ die Rolle der rechtsextremen anti-AusländerInnenpartei.

    Folgen der Wahl

  10. Die Debatten über Fusion/Zusammenarbeit zwischen FPÖ und BZÖ erhalten durch das Wahlergebnis neue Nahrung, wobei das BZÖ dafür nun wesentliche bessere Karten hat als zuvor. Ein Anschluss des BZÖ an die FPÖ ist kurzfristig durch den Sieg in Kärnten unwahrscheinlich geworden. Eine Zusammenarbeit in Form eines CDU/CSU-Modelles mit teritorrialer Aufteilung und Zusammenarbeit auf der Bundesebene könnte schon bei der EU-Wahl ausgetestet werden. Für ein Direktmandat würde das BZÖ in Kärnten ca. 142.000 Stimmen brauchen – bei dieser Wahl erhielten sie 153.000. Ein durchaus riskantes Unternehmen, dass durch eine Zusammenarbeit mit der FPÖ abgesichert werden könnte. Strache gerät durch das Ergebnis auch unter Druck: die Gewinne in Salzburg lagen unter den Erwartungen, das Wahlziel von 15% wurde nicht erreicht, in Kärnten kommt die FPÖ nicht einmal in den Landtag. Es ist zu erwarten, dass als Reaktion einerseits die Umarmungsversuche gegenüber dem BZÖ zunehmen werden und andererseits der EU-Wahlkampf mit gesteigerter Schärfe und Polarisierung geführt werden wird.
  11. Die SPÖ ist die große Wahlverliererin, wobei neben lokalen Themen auch die Bundespolitik eine Rolle gespielt hat. Parteiintern wird die Kritik an Faymann nun Raum finden. Wobei nicht zu erwarten ist, dass es tatsächlich linke, kämpferische Kritik an Faymann bzw. dem Kuschelkurs der Bundespartei geben wird, sondern die Differenzen mehr taktischer und stilmäßiger Natur, als grundsätzlicher sind. Das zentrale Problem der SPÖ, nämlich dass sie keine ArbeiterInnenpartei mehr ist, und daher gerade auch bei diesen Wahlen stark bei ArbeitnehmerInnen verloren hat, wird in der parteiinternen maximal gestreift, aber sicher nicht gelöst. Ein fundamentaler Kurswechsel der SPÖ, zurück zu einer ArbeiterInnenpartei steht nicht an. Wie SORA-Chef Hofinger es etwas flapsig formuliert: „Keine Partei ist eine Arbeiterpartei mehr."
  12. Das die ÖVP in ihrer Bundespolitik mehr Kanten und Positionen zeigt, ist die Grundlage für ihr relativ stabiles Abschneiden (mit regionalen Ausnahmen). Zu beobachten wird sein, ob die ÖVP in Salzburg das Angebot der FPÖ, sie zum Landeshauptmann zu wählen, angenommen wird. Inhaltlich hat die ÖVP damit kein Problem, die Frage ist, ob sie (und das österreichische Kapital) angesichts der Wirtschaftskrise eine Regierungskrise riskieren will.
  13. Für die Grünen setzt sich ihre Stagnation/Niedergang fort. Die wesentliche Grundlage dafür ist die Tatsache, dass die Grünen eine normale, etablierte Partei geworden sind, die sich immer weniger von den anderen, etablierten Parteien unterscheidet und deren Inhalte gerade zwanghaft „seriös“ sind.
  14. Das zentrale Problem bei dieser Wahl war – gerade angesichts der Wirtschaftskrise und der sich verschärfenden sozialen Probleme – das Fehlen einer echten linken Alternative. Das drückt sich auch in der – v.a. in Salzburg – gesunkenen Wahlbeteiligung aus. Die KPÖ konnte aus eigener Kraft in Salzburg nicht einmal Flächendeckend antreten und war in Kärnten im Wahlkampf kaum zu sehen. Die SLP hat gemeinsam mit anderen aus der LINKEN der KPÖ in Salzburg ein gleichberechtigtes Bündnis angeboten. Gerade angesichts der Tatsachen, dass die Grünen Teile ihrer Basis verlieren, dass die SPÖ stark an NichtwählerInnen verloren hat, zeigt, dass ein echtes linkes Angebot ein gutes Ergebnis hätte einfahre können. Die KPÖ aber hat ein solches Bündnis abgelehnt. Auch deshalb sind die Ergebnisse der KPÖ, von einigen lokalen Gewinnen, schwach und keine Stärkung der Linken insgesamt. D
  15. as prägendste Ergebnis der Wahlen ist die neuerliche Stärkung des rechtsextremen Lagers. Diese hängt ursächlich mit dem Fehlen einer kämpferischen linken Alternative zusammen. Solange es keine politischen Erfolg von linken Kräften gegen die Auswirkungen der Krise gibt, wird sich der Aufstieg der Rechten fortsetzen. Die SLP tritt daher für eine kämpferische Gewerkschaftspolitik und ein demokratisches, gleichberechtigtes und kämpferisches Bündnis mit sozialistischem Programm für die nächsten Wahlen ein.