Nutzen wir die 1. Runde als Befreiungsschlag

Sonja Grusch

Die 1. Runde der Präsidentschaftswahl hat einen rechtsextremen Burschenschafter, der ankündigt, man werde sich noch wundern, auf Platz 1 gebracht – zum Gruseln.

Doch das Ergebnis hat auch Gutes: es kann für die vielen Linken, die schon lange „etwas Neues“ wollen, aber immer noch irgendwie auf SPÖ (und Grüne) hofften, „um die FPÖ zu stoppen“, als Befreiungsschlag wirken. Die Verlierer der Wahl sind SPÖVP. Nur Hofer und Griss konnten sich als (vermeintlich) „anders“ präsentieren. Sie haben von der berechtigten Unzufriedenheit über die Regierung profitiert. Der Grund für das schwache Abschneiden von Van der Bellen liegt genau darin, dass er und die Grünen Teil des Establishments sind. Im 2. Wahlgang werde ich mein Kreuz gegen Hofer, also bei Van der Bellen, machen – doch das wird nicht reichen. Solange die FPÖ sich als einzige „Opposition“ präsentieren kann, wird sie weiter die Stimmen der Wütenden, Frustrierten und Enttäuschten einsammeln.

Die extreme Rechte ist in Österreich so stark, weil es keine linke Alternative gibt. Weil sich Linke an SPÖ und Grüne gebunden haben, haben sie die Neuformierung einer echten Linken verzögert. Und so haben sie auch dazu beigetragen, dass das rassistische Gift der FPÖ (und der Regierungsparteien) sich verbreiten konnte. Mein Aufruf an die Linken, die bisher noch bei SPÖ und Grünen geblieben sind: ihr könnt die SPÖ (bzw. die Grünen) nicht wieder „zurück“ gewinnen. Schluss mit dem „kleineren Übel“. Nutzen wir das Wahlergebnis als Befreiungsschlag. Und an all jene, die frustriert zuhause sitzen: Werdet aktiv! Es ist aller-aller-allerhöchste Zeit, eine linke Alternative aufzubauen. Eine linke Alternative zur korrupten, abgehobenen Kürzungs-SPÖ. Eine linke Alternative zur angepassten Opposition. Eine linke Alternative zu den rechten Hetzern. Lasst uns jetzt damit beginnen und nicht irgendwann!

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