MillionärInnen können uns nicht vertreten

Das Sein bestimmt das Bewusstsein
Christian Bunke

Warum ordnen sich die Gewerkschaften der Logik von Politik und Wirtschaft unter? Warum wird immer wieder gegen die Interessen von Beschäftigten verhandelt und agiert? Ein Problem ist die schon mafiotisch anmutende Verflechtung zwischen Politik und Gewerkschaftsspitzen. Da ist zum Beispiel Fritz Neugebauer, Vorsitzender der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst GÖG. Nebenbei ist er noch Nationalratsabgeordneter für die ÖVP. Er ist auch Präsident der CESI-Eurofedop, dem Dachverband von Gewerkschaften im öffentlichen Dienst in Europa. Für diese und andere Ämter verdient er fast 200.000 Euro im Jahr!

Die Riege der MehrfachverdienerInnen...

Fritz Neugebauer ist nicht allein. Im Nationalrat sitzen etliche ÖGB-Mitglieder und FunktionärInnen, viele von ihnen mit SPÖ-Mandat. Für Lohnabhängige holen sie jedoch wenig heraus, ja sie stimmen noch nicht mal gegen Kürzungen. Der Tiroler ÖGB forderte unlängst Gewerkschaftsmitglieder, die Mandate im Tiroler Landtag inne haben, dazu auf, gegen Sozialabbau zu stimmen. Dazu war keineR bereit. In allen anderen österreichischen Landtagen und Gemeinderäten ist die Lage ähnlich trist.

GewerkschaftsfunktionärInnen bekommen weit mehr Geld als NormalverdienerInnen. Und dies, obwohl seit 2007 eigentlich eine Gehaltsobergrenze für ÖGB-Hauptamtliche gilt. Diese ist jedoch sehr hoch, liegt bei rund 6.000 Euro pro Monat. Viele Lohnabhängige kommen vielleicht auf 2.000 Euro im Monat. ÖGB-Präsident Foglar verdient im Gegensatz dazu rund 120.000 Euro im Jahr!

Der Vorsitzende der Gewerkschaft für Privatangestellte Katzian ist gleichzeitig Nationalratsabgeordneter. Hinzu kommen zahlreiche Nebentätigkeiten, beispielsweise ist er Mitglied des Präsidiums und Weltvorstandes von Union Network International. Er kommt auf 100.800 Euro im Jahr.

Arbeiterkammer-Direktor Werner Muhm, von der Fraktion sozialdemokratischer GewerkschafterInnen, ist gleichzeitig in diversen Aufsichtsräten aktiv, zum Beispiel bei der BAWAG. Sein Jahresgehalt: 220.909 Euro! Vielleicht ist er bereits Millionär!

Gürtel enger schnallen?

Im Herbst stehen wieder Kollektivverhandlungen an. Aus der Wirtschaft werden dann wieder die üblichen Forderungen nach Lohnzurückhaltung kommen. Das ist nicht anders zu erwarten. Mit schöner Regelmäßigkeit kommt aber auch immer wieder der Angriff aus den scheinbar eigenen Reihen. Ein Herr Hundstorfer entwickelt sich da schnell zur gespaltenen Persönlichkeit – oder wechselt überhaupt die Seite. Als ehemaliger ÖGB-Vorsitzender soll er die Forderungen seiner Gewerkschaft umsetzen. Aber als Sozialminister agiert er gerade gegen diese Forderungen. So sprach er sich 2010 gerade mal gegen eine „absolute Nulllohnrunde“ aus. Reallöhne in Österreich sinken seit Jahren, es ist höchste Zeit für echte Gehaltserhöhungen. Diese müssen erkämpft werden. Das geht aber nicht mit GewerkschafterInnen, die gleichzeitig von Regierungsseite aus Lohndeckelung forcieren.

Für Offenlegung aller Gehälter!

MillionärInnen können uns nicht vertreten! Interessenvertretung braucht Transparenz. Lohnabhängige, Erwerbslose, Jugendliche und MigrantInnen brauchen VertreterInnen in Gewerkschaften und Politik, die ihre Interessen gegen Lohnraub und Sozialabbau verteidigen und auch bereit sind zu kämpfen. Dafür ist es aber nötig, eine Rechenschaftspflicht einzuführen. Alle FunktionärInnen der SLP und des CWI (der internationalen Organisation, der die SLP angehört) sind jederzeit abwählbar und müssen ihr Einkommen offenlegen. Dies gilt auch für unsere VertreterInnen in Parlamenten und Gewerkschaften. Sie alle beziehen ein Gehalt, das das durchschnittliche Einkommen normaler Lohnabhängiger nicht übersteigt. Außerdem haben VertreterInnen des CWI keinerlei Privilegien, beteiligen sich nicht an Dinnerparties mit den Bossen, wohnen in keinen 5 Sterne Hotels und fliegen nicht Businessclass im Flugzeug.

Solche Maßstäbe müssen für alle gelten, die parlamentarische Positionen für linke Parteien, oder hauptamtliche Funktionen in Gewerkschaften inne haben. Nur wenn die VerhandlerInnen in KV-Verhandlungen nicht mehr verdienen als die KollegInnen für die sie verhandeln, können sie ernsthaft deren Interessen (die ja dann auch die eigenen sind) verteidigen. Wer zum Beispiel in der Steiermark das selbe Leben führt, welches von Kürzungen betroffene Menschen leben, die oder der hat dann auch ein gesteigertes Interesse daran, Angriffe auf die Lebensbedingungen der Menschen zu verhindern, beziehungsweise den Lebensstandard zu verbessern. Rechenschaftspflicht der Basis gegenüber verhindert, dass man in die korrupten Strukturen der etablierten Politik hineingezogen wird.

Die FPÖ übrigens, die vorgibt eine Alternative für arbeitende Menschen zu sein, praktiziert dies nicht. Im Gegenteil: Die letzte schwarz/blaue Regierung ging als die korrupteste in die jüngere Geschichte ein. Bis heute ziehen sich die Skandale und Selbstbereicherungen jener Zeit durch die Zeitungsspalten. Nicht zuletzt ist hier der „reiche und schöne“ Karl Heinz Grasser zu nennen. Eine andere Politik ist nur durch andere Methoden möglich. Transparenz und Rechenschaftspflicht gehören dazu.

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