Krise, Krieg und Elend

Die Barbarei des Kapitalismus begegnet uns auf Schritt und Tritt.
Lukas Kastner

Vor New York erhebt sich die Freiheitsstatue. Sie trägt die Inschrift: „Gebt mir eure Müden, eure Armen / Eure geknechteten Massen, die sich danach sehnen, frei zu atmen“ Die Worte stammen von der Dichterin Emma Lazarus. Sie drückte damit ihre Solidarität mit den Flüchtlingen aus, die Ende des 19. Jahrhunderts in die Vereinigten Staaten kamen. Heute verbietet US-Präsident Trump Menschen aus muslimischen Ländern die Einreise und will eine durchgehende Mauer an der mexikanischen Grenze errichten.

Bei einem Telefongespräch gratulierte er dem philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte: „Sie machen einen sagenhaften Job!“ Gemeint sind damit Dutertes Todesschwadronen, die im sogenannten „Krieg gegen Drogen“ seit 2016 Tausende Menschen in den Philippinen ermordet haben.

Dass Trump und Duterte sich gut verstehen, verwundert nicht. Doch die europäischen Regierungen sind um keinen Deut besser. Menschen fliehen nach Europa vor Krieg und Terror. Sie fliehen aus Ländern, in denen lokale Mörderbanden und Regimes, sowie imperialistische Kräfte – von den USA bis Russland - um politischen Einfluss und den Zugang zu Rohstoffen und Absatzmärkten kämpfen. Sie fliehen vor Terrorgruppen wie Al Shabaab, Boko Haram, Al Quaida oder dem IS – Kräfte, die sich durch Waffen und Logistik der Weltmächte aufbauen konnten. Wer nach Europa fliehen will, wird auf offener See dem Tod überlassen, in den Tod abgeschoben, oder in „Auffanglagern“ (z.B. in Nordafrika) gefangen gehalten werden. Die Italienische Regierung will Flüchtlingsboote von Häfen abweisen. Die Friedensnobelpreisträgerin EU verbietet es NGOs, Menschen aus dem Mittelmeer zu retten.

Hunderttausende Menschen protestierten in Hamburg genau gegen dieses mörderische System und seine VertreterInnen beim G20-Gipfel. Dort trafen sich nicht nur die Verantwortlichen der „demokratischen“ EU-Länder, die den Massenmord im Mittelmeer organisieren. Zu ihnen zählt übrigens auch der französische Präsident Macron. Er regiert im Ausnahmezustand und peitscht Angriffe auf Gewerkschaftsrechte per Dekret durch. Auch der türkische Diktator Erdogan, der die Todesstrafe wieder einführen will, war dabei. Natürlich auch Putin, der in Russland jede Opposition im Keim erstickt. Eingeladen, aber verhindert war auch der saudische König Salman, der mit Öl-Milliarden Terrorismus finanziert. Diejenigen, die gegen die UnterdrückerInnen demonstrierten, blickten in die geladenen Maschinengewehre hochgerüsteter Robocops. Demonstrationen wurden verboten, JournalistInnen behindert. Vereinzelte Plünderungen wurden zum Anlass genommen, Tausende zu kriminalisieren. Die Medien blendeten die Gewaltorgien der Polizei und das Blut an den Händen der G20 gehorsam aus.

Weitgehend unbeachtet von denselben Medien ereignet sich in Nigeria, Südsudan, Somalia und Jemen die wahrscheinlich größte Hungerskatastrophe der Menschheit. Sie zeigt die Schrecken des Kapitalismus in grausamster Weise. Über 20 Millionen sind vom Hungertod bedroht, obwohl weltweit rund 10 Milliarden Menschen ernährt werden könnten. Mit den vom Hunger Betroffenen lässt sich jedoch kein Profit machen, weshalb sie in diesem Wirtschaftssystem auch nicht versorgt werden.

Die permanente, sich immer mehr verschlimmernde Katastrophe, unter der die Menschheit leidet, ist nicht das Produkt einzelner Verrückter. Sie ist das Ergebnis einer kapitalistischen Wirtschaftsweise. Die Profitinteressen weniger werden gegen die Bedürfnisse vieler mit aller Gewalt verteidigt. Und das, obwohl wir längst über die Mittel verfügen, um allen Menschen ein Leben ohne Existenzangst und Armut auf nachhaltige Weise zu ermöglichen. Das Leid, welches wir tagtäglich am eigenen Leib oder über die Medien erfahren, beweist uns eines: Dieses System muss weg, wenn wir eine Zukunft haben wollen.

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