Korruption = Part of the Game

Korruption: Ein normales Werkzeug, um sich im Kapitalismus Vorteile zu schaffen, besonders in Krisen
Thomas Hauer

Ibiza, Schredder-Affäre, Hygiene Austria, dazu persönliche Verflechtungen bis zum Bundeskanzler, Spazierengehen mit dem Laptop,... auch ohne Corona bräuchten wir uns keine Sorgen um langweilige Nachrichten machen. Das Ibizavideo hat hier einen Sumpf freigelegt – für eine breite Öffentlichkeit wurde immer klarer, wie groß dieser ist. Immer weitere Kreise von Politik und Wirtschaft sind betroffen. Wie tief das Problem geht, zeigt die Tatsache, dass die Drahtzieher*innen des Ibizavideos, die den Korruptionssumpf freigelegt haben, als Verbrecher*innen verfolgt werden, während Strache vor allem für seine Dummheit, sich erwischen zu lassen, „verurteilt“ wird. Ob die „Kritik“ von Kurz und seinem türkisen Kabinett an der Korruptionsstaatsanwaltschaft wohl damit zu tun hat, dass diese gegen sie ermitteln?

„Wer an der Schüssel sitzt, greift zu“ wird quasi als Naturgesetz hingenommen. Anständigkeit erwartet von Politiker*innen und Manager*innen eigentlich niemand mehr. Gleichzeitig wird der moralische Verfall der Gesellschaft bedauert.

Das Problem sind aber nicht bloß gierige Individuen, sondern die Art, wie Kapitalismus funktioniert, die den skrupellosesten Akteur*innen den größten Erfolg verspricht. Wer nicht „Part of the Game“ ist, schafft es auch nur schwer nach oben und so an die Futtertröge (= öffentliche Aufträge, Subventionen etc.). Kapitalistischer Erfolg verlangt unter anderem, seine Beschäftigten besser auszubeuten („Effizienz“) und so die Konkurrenz auszuschalten. Freunderlwirtschaft und Schmiergelder sind ein Teil davon, weil die Politik die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft schafft. Der Druck aus der Wirtschaft ist in Form von Lobbyismus immer da. In Krisenzeiten aber wird Korruption zu einem immer bedeutenderen Faktor, da die Märkte kleiner und so der Konkurrenzdruck größer wird. Überlebt wird so eine Krise in erster Linie von den reichsten und mächtigsten Unternehmen, die in der Regel auch den größten Einfluss auf die Politik haben, um es sich „zu richten“.

Was schafft, was schützt vor Korruption?

Es ist deutlich, dass astronomische Gehälter nicht vor Korruption schützen oder fähiges Personal versprechen. „Du bist Familie“ könnte aus dem Drehbuch eines Scorseseklassikers stammen, ist aber aus den Chatprotokollen zwischen Kurz und Noch-ÖBAG-Generalsekretär Thomas Schmid. Die Ausschreibung für den Posten war nicht nur auf Schmid zugeschnitten, sondern wohl auch von ihm mitverfasst.

Nationalratsabgeordnete bekommen vom Staat über 9.000.-/Monat. Zusätzlich haben 77% der Abgeordneten ein „Neben“Einkommen (mehrheitlich über 3.500.-/Monat). Die Forderung nach Offenlegung der Einnahmen von Politiker*innen ist daher topaktuell. Wichtig daher auch, dass Politiker*innen und Gewerkschafter*innen, die die Arbeiter*innen vertreten sollen, nicht mehr als ein Durchschnittsgehalt bekommen!

Laut Rechnungshof (Stand Juli 2018) waren 223 Unternehmen, 18 Selbstverwaltungskörper und 64 Interessenverbände bezüglich Lobbying eingetragen, das umfasste 604 Lobbyist*innen und 639 „Interessensvertreter*innen“ (also Politiker*innen auf verschiedenen Ebenen)  – und das ist nur, was offiziell bekannt ist! Seit 2013 gibt es zwar ein Lobbyingregister, Einsicht ist aber kaum möglich.

Vordrängen beim Impfen und Einsacken von Proben, Geschenken etc: Reiche kriegen den Hals nicht voll. Das zeigt sich auch beim Spenden: Nach einer deutschen Studie spenden Menschen mit Einkommen bis €5000,- im Schnitt 11% ihres Einkommens. Bei höheren Einkommen ist die Tendenz sinkend, bei Steigerung des Einkommens von 3,2-0,5%. Letztere können die Spenden auch noch von der Steuer absetzen....

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