Heißer Herbst nötig - aber geht das mit diesem ÖGB?

Peter Hauer und Jan Millonig

Drohende Wirtschaftskrise, vermeintliche Entlastungspakete, die weitere Kürzungen bringen werden und eine Gewerkschaft, die jammert, aber bestenfalls ratlos ist. Mit dieser Kombination steuern wir auf einen interessanten Herbst zu, der eigentlich umfassende Proteste braucht.

Doch die Gewerkschaftsspitze setzt immer noch auf “Sozialpartnerschaft”. Die sieht sie als Weg, das Gesamtsystem mitzuverwalten und hat dabei NICHT den Anspruch, nur die Interessen von Arbeiternehmer*innen durchzusetzen. Die einzige Perspektive ist die SPÖ in die Regierung. Dass diese längst kapitalistische Politik umsetzt, aktuell in Wien, wo die Strompreise um über 90% steigen, wird ignoriert.

Beschäftigte wütend über Regierung & Gewerkschaft

Auf der anderen Seite Verzweiflung und Wut bei vielen Beschäftigten. Diese richten sich - zu Recht - gegen Regierungen UND Gewerkschaftsspitze. Letztere versucht den Spagat zwischen dem Druck von unten, dem sie teilweise nachgeben muss, und ihrem Interesse, am Verhandlungstisch mit Staat und Bossen zu sitzen. 

Nach einem 3 Jahres KV im privaten Sozialbereich wurden auf der Wiener Betriebsrät*innenkonferenz Forderungen nach 750,- mehr Gehalt und der 35-h-Woche ab 2023 beschlossen. Die zuständige GPA ist mit der hohen Forderung sichtlich unglücklich. Bei einer Demonstration des Wiener Sozialbereichs am 23.6. hatten viele Kolleg*innen das Gefühl, die Gewerkschaft habe nicht viel beizusteuern - die Demonstration war nicht einmal auf der Gewerkschaftshomepage zu finden!

Bei Kepler Uni-Klinikum und Barmherzigen Brüdern in Linz fanden auf Initiative der Betriebsräte Betriebsversammlung bzw. Warnstreik statt. Hier zeigte sich, welchen Druck der Unmut der Beschäftigten auf Betriebsräte und dadurch letztlich auf die Gewerkschaftsführung ausübt.

Nach dem Abschluss im BABE-KV (Deutschtrainer*innen) mussten sich die Verhandler*innen in einer von Beschäftigten und Betriebsrät*innen organisierten Veranstaltung für den miesen Abschluss rechtfertigen - es mangelte nicht an wütender Kritik. Und selbst auf der zahmen Teuerungskonferenz des ÖGB bekam nur die Forderung “auf die Straße zu gehen” richtigen Applaus.

Wie geht nun heißer Herbst?

Tatsächlich schuldet uns die Gewerkschaft einen konkreten Plan wie (selbst ihre eigenen) Forderungen erreicht werden sollen. Der ist aber nicht zu erwarten. Ein heißer Herbst, der echte Verbesserungen bringt, braucht Forderungen, die Beschäftigte branchenübergreifend mobilisieren - wie z.B. die automatische Anpassung der Löhne/Gehälter an die Inflation. Das kann in Betriebsversammlungen und Betriebsräte- und Aktivist*innentreffen diskutiert und beschlossen werden. Es gibt aktuell Proteste, die zum Teil an der Gewerkschaft vorbeigehen. Sie sind Ansatz für Basisorganisierung, wo gemeinsam über Forderungen und Kampfmaßnahmen entschieden wird und vor allem auch darüber, welche Verhandlungsergebnisse zufriedenstellend sind. Ein heißer Herbst muss demokratisch und branchenübergreifend die Kämpfe verbinden - auch das Aufgabe der Gewerkschaft. Welche Rolle spielt denn ein Gewerkschaftsdachverband, wenn er die Gewerkschaften nicht verbindet? Am krassesten zeigt sich das im Gesundheits- und Sozialbereich: 4 Gewerkschaften mit unterschiedlichen Kollektivverträgen in gleichen Bereichen (Pflege, Kindergärten, privaten/öffentlich) und getrennten Protesten. Dort findet aber schon länger eine Organisierung an der Basis statt wie mit “Sozial, aber nicht blöd”. Es werden selbstständig Streiks organisiert und Betriebsrät*innen haben eigene Demos initiiert. Der heiße Herbst wäre die Verantwortung des ÖGB: Tut er nichts oder zuwenig, können wir uns davon aber nicht aufhalten lassen.

Kurzinfo: Streikbroschüre

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