Für eine Linkspartei - mehr denn je!

Jan Millonig

Im gemeinsamen, selbstorganisierten Kampf werden sich Menschen ihrer Stärke bewusst.

Es stimmt, die Lage auf der Welt spitzt sich zu, auch in Österreich: Rekordarbeitslosigkeit, Sparprogramme bei Bildung und Soziales, eine wachsende Zahl verarmter Menschen, aber auch die generelle Krise des politischen Systems. Es dominiert ein Ohnmachtsgefühl. Alarmierend auch die Verbreitung von Rassismus und der Erfolg rechtsextremer Parteien. Zunehmend kann die FPÖ sich als alleinige „Alternative“ zur etablierten Politik präsentieren. Der unsoziale Kurs und die Umsetzung rassistischer Politik durch die Regierungsparteien spielen ihr da noch zu. Dass die FPÖ allerdings selbst den härtesten Sozialabbau vertritt, beweist sie, wo sie an der Macht ist.

Das völlige Versagen der etablierten Politik und das Fehlen einer wirklichen Alternative treibt einige zu scheinbaren Rebellen wie Roland Düringer, Frank Stronach oder Irmgard Griss. Diese teilweise obskuren Projekte sind tatsächlich ein Ausdruck des Fehlens von Antworten. Der Schwindel dieser Scharlatane ist schnell aufgedeckt: Griss kommt aus dem bürgerlichen Lager und kokettiert mit der FPÖ genauso wie mit den Neos. Der Großindustrielle und Milliardär Stronach entlarvte sich schnell selbst. Und Düringer kommt aus einem kleinbürgerlichen Milieu, das Antworten in wirren Verschwörungstheorien und diffusem Geschwurbel sucht.
Wer das richtigerweise nicht als Ausweg sieht, wählt dann doch oft SPÖ oder Grüne als kleineres Übel, um das Schlimmste an sozialen Verschlechterungen und rassistischen Maßnahmen zu verhindern. Dass diese Überlegung nicht aufgeht, wird immer deutlicher. Die Hoffnungen, die in Bundeskanzler Kern gesetzt wurden, wurden bitter enttäuscht. Er setzt die neoliberale Kürzungspolitik der SPÖ weiter um und öffnete CETA den Weg. Alle aktuellen sozialen Bewegungen, wie z.B. der Widerstand im Gesundheits- und Sozialbereich, finden die SPÖ als Gegner vor. Auch die Grünen befinden sich mittlerweile in fünf Koalitionen (mit ÖVP und/oder SPÖ), wo sie schon mehrere Sparpakte mitbeschlossen. Diese Politik stärkt die Rechten.

Gleichzeitig stehen Angriffe von Seiten der Unternehmen auf Arbeitsbedingungen und Löhne der Unwilligkeit der Gewerkschaftsbürokratie, Kämpfe zu organisieren, gegenüber. Die ArbeiterInnenklasse in Österreich hat keine politische Vertretung, kein Instrument, um politische Kämpfe gegen die Offensive der Herrschenden zu führen.

Es ist dringend nötig, ja überfällig, eine wirkliche Alternative aufzubauen, die sich von allen Etablierten völlig unterscheidet, um fähig zu sein, tatsächliche Verbesserungen zu erkämpfen.

Dazu braucht es eine komplette Ablehnung der „Sachzwangpolitik“. Das Lied vom Sparen und Banken retten muss unterbrochen werden. Nur ein Programm, das sich über die Grenzen des kapitalistischen Systems hinwegsetzt und Forderungen im Sinne der Bedürfnisse einfacher Menschen, ArbeiterInnen und Jugendlichen aufstellt, kann echte Antworten auf die Probleme geben. Dazu gehören massive Investitionen in Bildung, Soziales und Gesundheit, Senkung der Arbeitszeit, höhere Löhne und gleiche Rechte für alle, die hier leben und leben wollen.

Ausgestattet mit einem solchen Programm können die noch kleinen Widerstandsnester gegen die herrschende Politik und die Offensive der Unternehmen gestärkt und vernetzt werden – etwa bei kommenden KV-Verhandlungen, bei kämpferischen FlüchtlingsbetreuerInnen oder im Bildungsbereich. Wenn der Widerstand gegen das Kürzungsdiktat zusammengeführt und sichtbar gemacht wird, kann es gelingen, die dumpfe Wut, die es bei breiten Schichten der Bevölkerung gibt, in aktiven Widerstand zu verwandeln und den Teufelskreis der „kleineren Übel“-Logik zu durchbrechen. Auf so einer Basis kann eine neue linke Partei entstehen, die soziale Kämpfe stärkt und startet – eine Plattform für AktivistInnen und bisher Unorganisierte. Sie kann dabei Sprachrohr sein und Forderungen von ArbeiterInnen, Jugendlichen, Frauen und MigrantInnen in eine breite Öffentlichkeit bringen.

Das wird kein einfaches Unterfangen oder geradliniger Prozess sein. Doch die Zeit drängt und der Vormarsch des Neoliberalismus und des Rechtspopulismus bedroht uns alle. Deshalb ist es notwendig, dass wir selbst aktiv werden und die Chancen nutzen, die sich bieten. Die Initiative „Aufbruch“, die im Juni immerhin über 1.000 Menschen zu ihrer Konferenz mit dem Slogan „Wir können uns die Reichen nicht mehr leisten“ mobilisiert hat, hat das Potential, aber auch die Verantwortung, den Aufbau einer echten linken Alternative voranzutreiben.

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