EU: Mogelpackung mit unangenehmen Nebenwirkungen

Das Versagen der Linken und vor allem der SPÖ in der EU-Frage hat die FPÖ erst richtig groß gemacht!
Albert Posnanski

Am 25.6.1994 unterzeichnete der damalige SPÖ-Kanzler Vranitzky den Beitrittsvertrag zur EU. Die Regierung sicherte mittels Propaganda-Lawine den positiven Ausgang der Volksabstimmung. Auch der ÖGB war gemeinsam mit Industriellenvereinigung und Wirtschaftskammer Teil des Jubelchors. Selbst die lange Zeit mehrheitlich EU-kritische Sozialistische Jugend (SJ) hatte eine 180°-Wendung vollzogen. Weil AktivistInnen rund um die Zeitung „Vorwärts“ eine starke die EU ablehnende Opposition aufbauten, wurden Sie 1992 aus der SJ ausgeschlossen. Daraus entwickelte sich schließlich die SLP. Einige unserer damaligen GegnerInnen sind im Korruptionssumpf untergegangen. Andere schafften es in Landes- und Bundesregierungen, das Parlament oder auf andere gutdotierte Posten. Sie haben sich ihre Karriere „verdient“.

Die Linke überließ mehrheitlich der FPÖ die EU-Kritik. Diese wetterte unter Haider mit plumpen Vorurteilen und Fremdenfeindlichkeit gegen den Beitritt. Bis heute konnte sich die Rechte fast das Monopol der EU-Kritik bewahren. Ein wesentlicher Grund für den rasanten Einfall der FPÖ in Kernschichten der Gewerkschafts- und ArbeiterInnenbewegung!

Viele Befürchtungen und Warnungen haben sich seitdem bewahrheitet, die wenigsten Versprechen wurden gehalten. Der Frust Vieler ist verständlich und berechtigt. Ihr Lebensstandard hat sich in den letzten 20 Jahren drastisch verschlechtert. Die Wirtschaftskrise hat sehr deutlich die Aufgabe der EU im Sinn der Reichen und Eliten gezeigt: sie wurden noch reicher und einflussreicher, während Millionen von EU-BürgerInnen verarmen.

Die meisten Entscheidungen der EU gibt es auf Wunsch bestimmter Interessensgruppen. Das sind zu 99,9 % jene der Eliten, Reichen und der Konzerne. Sie werden ohnehin schon durch die etablierte Politik vertreten. Darüber hinaus gibt es noch geschätzte 20.000 (!) LobbyistInnen in Brüssel. Spätestens seit den Offenbarungen des ehemaligen österreichischen EU-Abgeordneten Strasser wissen wir, dass über LobbyistInnen Beschlüsse, Richtlinien, Verordnungen und Gesetze gekauft oder zumindest beeinflusst werden.

Viele ehemalige Linke, GewerkschafterInnen und sogar SozialistInnen haben sich vor den Wagen der EU und ihrer Schönfärberei spannen lassen. Friedens- oder Sozialunion sind oft strapazierte Schlagworte. In Wahrheit aber verbreitert die EU mit ihrer Politik die Kluft zwischen Arm und Reich und betreibt durch Privatisierung und Zerschlagung der sozialen Systeme eine immense Umverteilung von unten nach oben. Und selbst angesichts der „Friedensmissionen“ zeigt die EU ihr wahres Gesicht: gibt es für die europäischen Konzerne nichts zu holen, ist auch die größte Kriegskatastrophe wurscht. Deswegen hat die EU jahrzehntelang die im Arabischen Frühling gestürzten Diktatoren in Tunesien, Lybien, Ägypten oder Syrien unterstützt. Wirklichen Frieden hat die EU nur den Palästen der Reichen gebracht.

Wir glauben nicht, dass die EU oder ihr Parlament wirklich zu einem Werkzeug für Verbesserungen des Lebensstandards der „normalen“ Menschen gemacht werden kann. Trotzdem ist es wichtig, das Feld der EU-Kritik nicht den Rechten zu überlassen. Es ist sogar sinnvoll zu versuchen, Abgeordnete ins EU-Parlament zu bekommen. Aber nicht, damit sie dort "politisch mitmachen", sondern um ihr Mandat in der besten Tradition der ArbeiterInnenbewegung als Sprachrohr und Bühne zu verwenden. So wie der irische EU-Parlamentarierer und CWI-Mitglied Paul Murphy (siehe dazu Seite 12), der an Demonstrationen teilnimmt, während viele seiner „KollegInnen“ mit LobbyistInnen bei Sekt und Kaviar sitzen.

 

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