Die Waffen nicht den Herrschenden überlassen

Marx aktuell
Helga Schröder

Die Herrschenden sind mit Heer und Polizei bewaffnet. Sobald die ArbeiterInnenklasse ihre Macht in Frage stellt, wehrt sich die herrschende Klasse. Revolutionäre Bewegungen wurden mit Gewalt beantwortet, sobald sie für die Herrschenden gefährlich wurden: Im Spanischen Bürgerkrieg konnten die Faschisten große Gebiete Spaniens unterwerfen, weil Ministerpräsident Quiroga die Volksbewaffnung verweigerte. In Chile 1973 blieb die Forderung der ArbeiterInnen nach Bewaffnung unerfüllt – ein blutiger Militärputsch und Diktatur waren die Folge. Obwohl Chávez in Venezuela den Kapitalismus nicht abschafft, ist er doch gefährlich. Gerettet wurde er durch die ArbeiterInnen, die sich selbst bewaffneten.

Eine unbewaffnete ArbeiterInnenklasse hat keine Chance: nur wenn sie bereit ist, sich zu bewaffnen und zu verteidigen, kann sie erfolgreich sein.

SozialistInnen haben daher die Forderung nach allgemeiner Wehrpflicht und „Volksbewaffnung“ aufgestellt. „… Die allgemeine Wehrpflicht ist die notwendige und natürliche Ergänzung des allgemeinen Stimmrechts; sie setzt die Stimmenden in Stand, ihre Beschlüsse gegen alle Staatsstreichversuche mit den Waffen in der Hand durchzusetzen.“ (Friedrich Engels, Preußische Militärfrage, 1865)

Die marxistische Forderung nach Volksbewaffnung ist nicht zu verwechseln mit reaktionärer Waffen-Narretei oder der law-and-order-Forderung nach Bürgerwehren, mit denen gegen vermeintliche „Verbrecher“ vermeintliche „Sicherheit“ geschaffen werden soll. Sie ist vielmehr das Gegenteil.

Die Anzahl der Waffen ist nicht der Grund für Gewalt. In Kanada haben 26% der Haushalte eine Waffe, doch es gibt wenig Schusswaffenmorde. Ähnlich in der Schweiz. Doch in Ländern mit schärferen Waffengesetzen aber größeren sozialen Problemen gibt es wesentlich mehr Gewalttaten. Auch das strengste Waffengesetz hält rechte und reaktionäre Kräfte nicht davon ab, sich zu bewaffnen. Pazifismus kann Rassismus und law-and-order-Wahn nicht stoppen, sondern überlässt ihnen die Waffen. Unsere Antwort ist nicht die individuelle Bewaffnung bis an die Zähne – aber wir überlassen das „Gewaltmonopol“ auch nicht dem Staat der Reichen und den Rechten!

„Und dann, welche Regierung würde es wagen, die politische Freiheit anzutasten, wenn jeder Bürger ein Gewehr und fünfzig scharfe Patronen zu Hause liegen hat?“ (Friedrich Engels, 1887)

Die Verhinderung von Gewalt gelingt nicht über beschränkten Zugang zu Waffen, sondern über soziale Verbesserungen. Entscheidend ist nicht private Schießwütigkeit, sondern kollektive Organisierung im Kampf für eine sozialistische Gesellschaft und die Verteidigung einer solchen Revolution. Wesentlich ist dabei die Selbstbestimmung von ArbeiterInnen und deren Möglichkeit, sich zu verteidigen, verbunden mit einer starken ArbeiterInnenbewegung und der Entwicklung einer ArbeiterInnendemokratie. Es geht darum, wer darüber entscheidet, wer bewaffnet ist, wer Zugang zu Waffen hat, wer entscheidet und ausbildet. Staatliches Gewaltmonopol muss durch Gesellschaftliches ersetzt werden. Dazu gehört auch die Verstaatlichung von Rüstungskonzernen und Waffenproduktion unter demokratischer Verwaltung und Kontrolle von ArbeiterInnen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: