Die Doping-Heuchelei beenden!

Der Kampf gegen Doping muss einen großen Irrtum überwinden: die Verwechslung von Krankheit und Symptom.
Franz Neuhold

Am 29.6.startet die 100. Tour de France, das wichtigste Radrennen der Welt. Was grundsätzlich ein wunderbarer Sport ist, steckt im Sumpf systematischen Betrugs. Der Großteil der Tour-Sieger der letzten 18  Jahre war oder ist in Doping-Affären verstrickt. Aufgrund des Umfangs der Skandale 'Festina', 'Telekom', 'Fuentes' & 'Armstrong' kann von mächtigen mafiösen Strukturen (inklusive Verstrickung von Funktionären) ausgegangen werden.

Doch ist Doping ein Symptom und nicht die Ursache einer kranken Gesellschaft, in der Leistungssport bis zum Tod hingenommen wird. Es geht ums Geld sowie neoliberale Ellenbogen-Ideologie und nicht um eine Kultur der kollektiven Sportlichkeit. Unter den herrschenden kapitalistischen Bedingungen ist (Spitzen-)Sport zwangsläufig schmutzig. Dies sollte nicht weiter verschleiert werden! Alle Verbote und Razzien ändern nichts an der Dominanz des Dopings, solange Leistungsfanatismus und Profitlogik regieren und die Pharmakonzerne privat und damit profitorientiert sind – diese gehören daher enteignet und unter demokratische Kontrolle gestellt.

Ein Ansatz ist die kontrollierte Abgabe von Dopingmitteln. Erstens können durch konstante Qualitätsstandards und medizinische Überwachung die schlimmsten Schäden verhindert werden (wobei Leistungssport an sich nicht wirklich gesund ist) und zweitens lägen die Karten offen auf dem Tisch. Eine solches Sichtbarmachen könnte die Differenzierung zwischen gedoptem und bewusst dopingfreien Konzepten im Sport erleichtern.

Doch dazu braucht es im Sport insgesamt neue Strukturen, die den kapitalistischen Leistungsgedanken (und damit das System dahinter; letztlich auch Doping) infrage stellen: Die Radsportverbände (allen voran die UCI) in ihrer bisherigen Form sind dann obsolet. Entscheidungen über und Kontrolle von Dopingmitteln sind in die Hand von MedizinerInnen, ExpertInnen der bisherigen Anti-Doping-Agenturen und vor allem gewerkschaftlichen Organisationen der Aktiven zu legen. Einen vollständig „sauberen Sport“ wird es aber nicht geben, solange der Kapitalismus existiert.

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