China: Billige Güter und billige Kredite

Ende 2008, als die Kreditklemme die Weltwirtschaft lahmlegte, wurde China von einem massiven Absturz der Exporte getroffen (minus 15-20%). Das war das Resultat einer Krise der Konsumnachfrage in den USA und Europa, ein schwerer Schlag für Chinas exportorientierte Wirtschaft.

Ein Jahr später hat sich die chinesische Wirtschaft erholt, mit 8,9% Wachstum im dritten Quartal und der Wahrscheinlichkeit, dass das gesamte Wachstum 2009 zumindest 8% beträgt. Das steht im Gegensatz zu den meisten großen Ländern die trotz jüngstem Wachstum mit einem generellen Schrumpfen des BIPs 2009 konfrontiert sein werden.

Dieses Wachstum ist das Resultat einer massiven Intervention des Staats der immer noch eine entscheidende Rolle in der chinesischen Wirtschaft einnimmt. Im November 2008 hat das Regime ein riesiges Konjunkturpaket im Rahmen von vier Billionen Yuan oder 585 Milliarden Dollar angekündigt. Das sind zum einen Teil Staatsausgaben und anderen Teil eine immense Erhöhung der Ausgabe von Krediten durch das staatlich kontrollierte Bankwesen. Mehr als drei Fünftel des Konjunkturpakets wird in Infrastruktur investiert: Straßen, Brücken, Kraftwerke und ein massiver Ausbau des Hochgeschwindigkeitsbahnnetzes. Zur selben Zeit hat die Regierung eine sehr großzügige Geldpolitik beibehalten, mit niedrigen Zinsen und einer großen Erhöhung der im Umlauf befindlichen Geldmenge. Es hat ebenso die Vergabe billiger Kredite für Industrieexporteure ausgedehnt.

Ein Ergebnis des Konjunkturpakets war, dass die fixen Investitionen, die bereits hoch waren, um mehr als 30% im letzten Jahr gestiegen sind. Es ist das Wachstum an Investitionen, dass die wahre Lokomotive von Chinas Wirtschaft ist.

Die Profitabilität der Industrieunternehmen hat begonnen sich zu erholen, während es ein Plus der privaten Investitionen (+30% von Jahresbeginn bis August) gab, vor allem im Immobiliensektor und der Bauwirtschaft. Es besteht wenig Zweifel, dass ein Teil des Geldes des Konjunkturpakets in den Immobiliensektor gesteckt wird, allerdings verbunden mit dem Auftreten von Blasensymptomen. Der spekulative Immobiliensektor zieht ebenfalls Kapital von Übersee an, mit der Aussicht auf Profite und einer möglichen Neubewertung des Yuan/Renminbi, der chinesischen Währung.

Es gibt ebenso ein Revival der Industrieproduktion sowie der Exporte von Industriegütern. Es gibt massive Überkapazitäten in vielen Sektoren der Industrie und das hatte scharfe Preissenkungen durch die Exporteure zur Folge. Die Exporteure haben ebenso profitiert von der Tatsache, dass der Yuan an den Dollar gebunden ist, und der Dollar in den letzten Monaten im Wert gesunken ist. Damit sind die Preise für chinesische Exporte auf dem Weltmarkt gesunken. Chinesische Exporteure gewinnen so Marktanteile auf Kosten anderer Exporteure (wie etwa Japan, Italien, Kanada und Mexiko). Anstatt mit China in der Niedrigkostenproduktion zu konkurrieren, konzentrieren sich Länder wie Japan allerdings mehr und mehr auf den Export von Kapitalgütern (Produktionsmittel, Komponenten von Maschinen etc.). Eine Erholung von Chinas Wirtschaft wird daher einen stimulierenden Effekt auf Japan und andere südostasiatische Länder haben.

Obwohl China ein erhebliches BIP-Wachstum aufrecht erhalten hat, ist das Konjunkturpaket eine Nofallmaßnahme, die die tiefen Ungleichgewichte der chinesischen Wirtschaft nicht ausgleichen wird. Es wird auch die sozialen Spannungen nicht lösen. Es wird die riesige Kluft zwischen Land- und Stadtbevölkerung nicht verkleinern. Die Nachfrage die die Wirtschaft nun aufrecht erhält geht hauptsächlich auf die Investitionen in Infrastruktur zurück und nicht auf eine Entwicklung im chinesischen Binnenmarkt.

Angeblich sind auch die Ausgaben für Soziales erheblich erhöht worden, aber von einer sehr niedrigen Ausgangsbasis. Diese Ausgaben machen nur 20% des Konjunkturpakets aus. Aus Angst vor sozialen Unruhen auf dem Land hat das Regime die Getreidepreise über dem Weltmarktniveau gehalten um die BäuerInnen zu unterstützen. Allerdings hatte der Anstieg der Arbeitslosigkeit als Ergebnis des Abschwungs Ende 2008 einen vernichtenden Effekt auf die ländlichen Gegenden. Zu Beginn dieses Jahres wurde geschätzt dass 45 Millionen LandbewohnerInnen ihre Jobs verloren oder ihren Ausstieg aus der Landwirtschaft verschoben haben. Im August dieses Jahres hatten 32 Millionen einen Job gefunden, allerdings zu meist niedrigeren Löhnen als zuvor (um mindestens 10% niedriger).

Die riesigen Summen an Investitionen und die billigen Kredite die mit dem Konjunkturpaket zusammehängen haben die enorme Korruption, die in China besteht, weiter gefördert. Sie sind ebenso der Boden für spekulative Investitionen, besonders im Immobiliensektor.

Die Investitionen in Infrastruktur werden aber nicht das Ungleichgewicht zwischen den USA und China auflösen. Chinas Anteil an US-Importen ist weiter gestiegen (China stellt nun 19% der US-Importe). Sein Handelsüberschuss gegenüber den USA ist ebenfalls weiter gestiegen. Dieses Jahr hat China seine Fremdwährungsreserven in Dollar um weitere 741 Milliarden Dollar erhöht. Damit sitzt China auf insgesamt 2,27 Billionen Dollar Währungsreserven (zum größten Teil gehalten in Dollar). In anderen Worten, China stützt weiter mit billigen Gütern und billigen Krediten den US-Konsum auf Kosten der chinesischen ArbeiterInnenklasse.