Chance vertan: KPÖ lehnt ernsthafte linke Bündniskandidatur ab!

Einige Richtigstellungen der SLP zum Brief der KPÖ vom 2. Mai 2006

Wir bedanken uns für die ausführliche Antwort der KPÖ auf unseren Brief bezüglich einer linken Bündniskandidatur 2006. Die klare Ablehnung dieses Vorschlags wird jedoch viele Menschen enttäuschen, die in den letzten Jahren Hoffnungen auf stärkere linke Zusammenarbeit gelegt hatten. Auch die SLP bedauert die Fortsetzung des bisherigen KP-Standpunkts, der auf die Formel „Linke Einheit = KPÖ-Offene Liste“ hinausläuft. Wir denken, dass damit eine Chance vertan wird, die Möglichkeiten eines echten Bündnisses unter Beibehaltung der Identität aller beteiligten Gruppen und Strömungen auszuloten.Aufgrund einiger im Antwort-Brief des KP-Bundesvorstandes (unterschrieben durch Leo Furtlehner) enthaltener Punkte sehen wir uns überdies zur Korrektur so manchen Missverständnisses verpflichtet.

Linkspartei ist eine Hypothese

Der KPÖ-Bundesvorstand bezeichnet Umfragen bezüglich des Potentials links von SPÖ und Grüne richtigerweise als Hypothese („Annahme“ bzw. „ausformulierte Idee als Arbeitsgrundlage mit der Absicht, sie zu beweisen oder zu widerlegen“; siehe Langenscheidt Fremdwörterbuch). Auch sieht er die Möglichkeiten, die eine Wiedererlangung der Macht durch die SPÖ mit sich bringen könnte. Gerade darauf muss man sich unserer Ansicht nach vorbereiten: je früher, desto besser!

Internationalismus konkret

Zu behaupten, der von uns „thematisierte Konflikt zwischen WASG und Linkspartei in Berlin berührt die KPÖ nicht“ ist - vorsichtig ausgedrückt - schockierend. Als InternationalistInnen betrifft uns dieser Konflikt sogar unmittelbar. Nicht zuletzt deshalb, da führende L.PDS-Politiker (Schwesterpartei der KPÖ!) Druck auf die Führung der WASG ausüben, die AktivistInnen der SAV (Schwesterorganisation der SLP) auszugrenzen. Die KPÖ organisierte in ihrem Wiener Wahlkampf 2005 eine Veranstaltung mit L.PDS-Chef Bisky. Dieser verteidigte die Kürzungs-Politik des Berliner SPD-L.PDS-Senats letztlich als „kleineres Übel“. Die KPÖ-VertreterInnen am Podium hielten sich mit Kritik an der neoliberalen L.PDS-Politik mehr als zurück, während ein anwesender SLP-Aktivist aus dem Publikum diese entscheidenden Fragen für eine ernstzunehmende neue Linke einbrachte und Bisky aus der Reserve lockte. Zur österreichischen Gegenwart: Würde sich die KPÖ oder die KP-Steiermark als mitregierende Kraft den kapitalistischen Sachzwängen beugen wie ihre Schwesterpartei L.PDS, wären wir die Letzten, die eine Bündniskandidatur vorschlügen.

EU nicht reformierbar

In der Frage der Haltung zur EU vertritt auch die SLP keine Forderung nach einem EU-Austritt. Wir sehen jedoch große Unterschiede in der Europapolitik zwischen KPÖ und SLP, vor allem bezüglich mancher Illusionen der Reform der EU und Mitgestaltung im angeblichen „Integrationsprozess“. Wir halten die kapitalistische EU nicht für reformierbar und stellen ihr praktische ArbeiterInnen-Einheit über nationale und EU-Grenzen hinweg gegenüber.

Kritik ist nicht kontraproduktiv

Die Aussage der SLP: „je weniger von dieser KPÖ, desto besser“ stand in einem konkreten Zusammenhang, der dem/r LeserIn nicht vorenthalten werden sollte. Es stammt aus unserer Stellungnahme „Auch Österreich braucht eine Linkspartei!“ vom Oktober 2005. Darin wird die bisherige KPÖ-Politik prominent einer Kritik unterzogen. Unter anderem schreiben wir: „Die Politik der KPÖ ist für die gesamte Linke von großer Bedeutung. Auf jeden Schritt der KP-Steiermark, auf konkrete Vorschläge, auf Aussagen, auf das Abstimmungsverhalten im Landtag wird große Aufmerksamkeit fallen.“ Am Schluß fassen wir zusammen „Angesichts des Erfolges der KP-Steiermark stellt sich die Frage, welche Rolle die Bundes-KPÖ spielen wird, kann und soll. Wie so oft stellt sich die KPÖ in Wien als einzige linke Alternative dar, obwohl sie gleichzeitig von „linker Pluralität“ redet. Die Kandidatur der SLP und anderer Linker in diversen Bezirken werden abgetan oder offiziell ignoriert. Die KPÖ machte in den letzten Jahren eine Rechtsentwicklung durch. Das äußerte sich auch in einem Schwund an aktiven Mitgliedern, die die KPÖ verlassen haben oder hinausgeworfen wurden. Das Abschneiden der KPÖ bei den Wiener Wahlen wird mitentscheiden, ob sie Schritte Richtung „Linkspartei“ setzen wird und kann. Doch selbst wenn sie aufgrund der Popularität Kalteneggers jetzt in Wien zulegen sollte, ist nicht zu erwarten, dass die KPÖ ein Konzept vorschlagen wird, das einen offenen Zugang beinhaltet, wie wir es im folgenden Teil entwerfen. Für eine erfolgreiche neue Linkspartei gilt unserer Meinung: Je weniger von dieser KP, desto besser. Eine neue Linkspartei muss mit den Traditionen und Methoden der KPÖ brechen. ... Das heißt nicht, dass KPÖ und SPÖ, oder besser: AktivistInnen aus KPÖ und SPÖ, nicht Teil einer solchen Entwicklung sein können und sein werden. Doch der Erfolg eines etwaigen Projektes hängt davon ab, wie stark sich andere neue Kräfte einbringen werden. Aus einer Reihe von Protesten, Kämpfen und Bewegungen kommen immer wieder frische AktivistInnen nach, die nicht den Ballast der alten Parteien mit sich schleppen.“ Unsere Haltung bedeutet eben nicht, in Zukunft konkrete Bündnisgespräche zu meiden, sondern vielmehr um die wesentlichen Fragen zu führen. Seit wann ist ernsthafte Kritik und Bilanzierung „kontraproduktiv“?

KPÖ auflösen?

Auch wir bedauern die im KP-Brief erwähnte Absage der KPÖ-Steiermark an eine mögliche Bündniskandidatur. Dass ihr 2006 nun die Bundes-KP folgt, macht dies jedoch nicht besser. Genosse Furtlehner äussert zum Schluss die Angst, die KPÖ müsste sich als „Vorbedingung für eine Zusammenarbeit“ auflösen. Ganz und gar nicht! Hingegen ist der KPÖ-Vorschlag, dass Mitglieder auf „den offenen Listen der KPÖ bei der Nationalratswahl kandidieren“ gleichbedeutend mit einer Aufgabe der SLP-Eigenständigkeit während dieser heißen politischen Phasen. Die SLP zöge dem eine gleichberechtigte Bündniskandidatur, die im Übrigen durchaus über den Rahmen KPÖ und SLP hinausgehen müsste, vor.

Wahlabsprachen

2001 (Wahl in Wien) fand eine Besprechung zwischen KPÖ und SLP statt. Dabei wurde von KP-Genossinnen klargestellt, dass es keine Möglichkeiten für Absprachen gibt, da die KPÖ auf Gemeinderatsebene in allen Wahlkreisen antreten werde. Diese Linie hielt die KPÖ auch 2005. Eine Anfrage aus der KP-5.Bezirk im Jahr 2005 betraf lediglich Margareten. Für eine ernsthafte Absprache mit der KPÖ ist die SLP trotz teils bedeutender Meinungsverschiedenheiten und Kritik grundsätzlich weiterhin bereit. Die Kandidatur-Absprachen mit der KI führten wir, da sie die einzigen waren, die eine solche Absprache suchten. Wir streben grundsätzlich mit jeder fortschrittlichen Kandidatur Absprachen an.

Verleumdung?

Eine offensichtliche Flaschinformation liegt dem Vorwurf zugrunde, SLP-Mitglieder hätten verleumderische Vorwürfe gegen die KPÖ unterzeichnet. Zur Klarstellung übermitteln wir euch im Anhang jenen Brief, den wir der KI bezüglich der KPÖ-Klagen am 29. Juli 2005 zugesandt haben. Darin legen wir eine Kritik der Klagen vor, die nichts mit einer Unterstellung der bewussten Kooperation mit Faschisten zu tun hat. Die Unterschriften der Mitglieder der SLP-Bundesleitung stehen unter diesem Text und nicht eines beliebigen von der KI verfertigten.

Wir bitten, dies zur Kenntnis zu nehmen und verbleiben mit linkssozialistischen Grüßen,

Die Bundesleitung der SLP

Anhang

Brief an die „Kommunistische Initative“, abgeschickt am 29.7.2005:

Eine kurze Stellungnahme der SLP-Bundesleitung zu den Klagen der KPÖ-Führung gegen AktivistInnen der „Kommunistischen Initiative“ (KI) bzw. der Internet-Plattform „kominform“. Die SLP hat zur Politik der KPÖ sowie der KI in Vergangenheit und Gegenwart entscheidende Differenzen. Nichtsdestotrotz sehen wir es als notwendig, gegen diese Klagen Stellung zu beziehen, da sie für die gesamte Linke von Bedeutung sind.Manchmal können SozialistInnen bzw. KommunistInnen gezwungen sein, mittels Prozessen vor bürgerlichen Gerichten fortschrittliche politische Standpunkte zu vertreten oder zu verteidigen. Doch die KPÖ tut genau das nicht. Wir sind aufgrund der uns zur Verfügung stehenden Informationen nicht der Ansicht, dass die KPÖ wissentlich mit einem Rechtsextremen einen Deal eingegangen ist. Doch anstatt ihre Vorgangsweise bezüglich des EKH-Verkaufs politisch aufzuarbeiten und Fehler zu korrigieren, schlägt sie mit Klagen um sich. Es scheint, als wolle sie vorrangig linke KritikerInnen mittels kostspieliger Prozesse ruinieren. Dadurch wird weder die prekäre Lage des EKH gelöst, noch der Verkauf an Herrn Machowetz rückgängig gemacht. Dem antifaschistischen Anspruch der KPÖ nach müßte sie, statt Linke zu klagen, aktiv gegen eventuell bevorstehende Angriffe von Rechtsextremen auf das EKH mobilisieren. (Ein Vorgeschmack wird durch folgende Fotos vermittelt: http://ekhbleibt.info/ekh/info/1118775160)

Die KPÖ war in der Vergangenheit politisch und finanziell mit dem Stalinismus verflochten. Sie hat viele seiner abstossenden Verhaltensweisen angenommen (bürokratische Methoden statt politischer Auseinandersetzung). Der Stalinismus ist vor über einem Jahrzehnt zusammengebrochen. Die KPÖ-Führung hat daraus nichts gelernt. Für die Entwicklung hin zu einer neuen kämpferischen Interessensvertretung von ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen ist diese KPÖ-Politik ein Hindernis.