Fr 21.01.2005
Die Vorgeschichte von ZOO-Papier:
Der österreichische Papierkonzern Neusiedler kaufte 1996 dasstaatliche Papierwerk SCP in Ruzemberok. Neusiedler ist der österreichischeAbleger von Mondi und hält 51% der SCP. Mondi hat neben Österreich und derSlowakei auch Werke in Ungarn, Israel und einer Reihe anderer Länder. DieLohndifferenz zwischen dem österreichischen und dem slowakischen Werk ist nachwie vor sehr hoch. Im Herbst 2003 kam es zu einer Unterschriftenliste die einedeutliche Lohnerhöhung um 1,25 Euro per Stunde verlangte. Die offizielleGewerkschaft im Betrieb, die KOZ, sprach sich massiv gegen diese Petition aus,und versuchte alle UnterzeichnerInnen, mit dem Verweiß auf Sanktionen durch dieFirmenleitung, einzuschüchtern. Als Reaktion darauf gründeten einigeArbeiterInnen und KOZ-AktivistInnen des Werks eine neue Gewerkschaft, dieZOO-Papier. Die Firmenleitung reagierte mit der Entlassung von acht Arbeitern die für die ZOO-Papier in derFirma auftraten. Nach slowakischem Recht erfüllt die ZOO- Papier alleKriterien, die zur Anerkennung einer Gewerkschaft notwendig sind(Mitgliederzahl, Statuten usw.), doch die Firmenleitung lässt sich davon nicht beeindrucken undversucht mit Repression das Aufkommen einer neuen Gewerkschaft zu verhindern.Eine erste Gerichtsverhandlung zur Anerkennung der ZOO-Papier wurde einfachignoriert.
Neusiedler ist ein regionaler Machtfaktor
Neusiedler setzt auf den sozialen und politischen Einfluss. Ruzemberok ist eineKleinstadt im Norden der Slowakei am Fuß der Hohen Tatra. In der sonst eherlandwirtschaftlich und touristisch geprägten Region gibt es zwei wichtigeArbeitgeber: eine lokale Textilfabrik in Ruzemberok und das Neusiedler Werk indem ungefähr 2000 ArbeiterInnen arbeiten. Neusiedler gibt sich das Image eines sozialen undumweltbewussten Arbeitgebers, sie sponsern den Fußballverein, denBasketballverein und ein groß angelegtes EDV-Lernprogramm. Mit einem gutenZusammenspiel aus alten BürokratInnen die sich in der Meciar-Partei sammeln,österreichischen KapitalistInnen und deren RechtsberaterInnen wird versucht,jedes Aufkommen von Widerstand aus der Belegschaft im Keim zu ersticken. DasManagement in Ruzemberok besteht auseinem Slowaken und mehreren Österreichern. Der Österreicher Veit Sorger –Vorsitzender der österreichischen Industriellenvereinigung - istAufsichtsratspräsident in Ruzemberok.
Zur Konferenz
Die Konferenz fand deshalb auch unter Sicherheitsvorkehrungen in einem Gasthaus statt.Es wurden nur versteckt im Werk Flugblätter verteilt, es gab keine offenenEinladungen und bei der Konferenz durfte nicht fotografiert werden. An der Konferenz nahmen rund 60ArbeiterInnen teil. Als Gäste waren neben dem Vorsitzenden des ChristlichenGewerkschaftsverbandes und einem Vertreter der Fraktion ChristlicherGewerkschafter auch VertreterInnen von SLP und unserer Internationale CWI sowie der LFI eingeladen.
Das CWI hatte ein eigenes Flugblatt, indem wir auf denArbeitskonflikt eingingen und die internationale Solidarität hervorstrichen.Das CWI war durch einen Vertreter des Internationalen Büros, Vertreter dertschechischen Sektion, sowie Michael Gehmacher, Gewerkschaftssprecher derösterreichischen Sektion, repräsentiert.
Die Stimmung auf der Konferenz war enorm kämpferisch. Siebegann mit einem Tätigkeitsbericht in dem vor allem die Repression derFirmenleitung und die Aktionen der ZOO- Papier betont wurden. Wichtig war hierneben der Frage der Löhne vor allem dieFrage der Demokratie. So wurden einige Parallelen zum Stalinismus gezogen,etwas durch die Aussage „viele alte Kollegen sagen: die neue Zeit hat uns nurneue Technologie gebracht, aber kein mehr an Demokratie“. Bezeichnend ist auchdas der Anwalt der ZOO-Papier ein Anwalt der Charta 77 („Bürgerrechtsbewegung“ in der CSSR)ist. Nach dem Berichtsteil folgte ein sehr ausführliches Referat zurKollektivvertragspolitik der ZOO–Papier. Es soll ein Betriebs-KV erarbeitetwerden, der neben Löhnen und Gehältern auch die Fragen Arbeitnehmerschutz,Arbeitsmedizin, Arbeitspsychologie und Umweltschutz beinhaltet. Vorgeschlagenist auch ein extremes Bonussystem bei den Löhnen. Gerade dieses wurde von denAnwesenden fast durchgängig kritisiert: „das nutzt nur den Strebern“ ,“dieFirmenleitung zerteilt die Belegschaft in Brave und Böse“ „wir wollenSicherheit statt Egoismus“ waren nur einige der Argumente. Nach der heftigenDebatte wurde beschlossen 50 Kronen pro Stunde (40 Minimum) auf den bestehendenGrundlohn zu verlangen, und erst dann ein Bonussystem zu verhandeln. Die Fragewie ZOO-Papier überhaupt an den Verhandlungstisch kommt bzw. was ZOO-Papiermacht, wenn die Forderungen nicht erfüllt werden, kam leider etwas zu kurz.Beeindruckend war aber der demokratische Ablauf wie über Forderungen gesprochenund dann abgestimmt wurde.
Auffallend war auch, das der CWI-Vertreter der tschechischenSektion oft verschiedene Sachen gefragt wurde und auch einen vorbereitetenTagesordnungspunkt zu den Mondi –Profiten hatte. Er ist unter den KernaktivistInnenzweifelsohne eine politische Autorität geworden. Der Genosse desinternationalen Büros betonte in seinem Grußwort auch den Unterschied zwischenStalinismus und demokratischem Sozialismus. Besondere Zustimmung bekam der Satz“Ihr wisst wahrscheinlich besser als wir, dass die alten Bürokraten heute dieneuen Manager sind“. Wichtig war auch die Verbindung zu Österreich und denösterreichischen ArbeiterInnen. So wurde gerade zu Österreich viel gefragt,einige Arbeiter erzählten auch von ihren Besuchen im österreichischenWerk.
Die Rolle der christlichen Gewerkschaft
Der Vertreter der FCG forderte die Arbeiter vor allem auf,in ihren Forderungen realistisch zu sein. Der Vorsitzende der slowakischen Christgewerkschaft,gab zu, Autor des „Bonusteil“ im KV-Vorschlag zu sein, und baute in seine Redeeinige antikommunistische Sager ein. Er versprach organisatorische Hilfe, einenBetriebsbesuch im Werk –Hausmaning/Amstetten in NÖ und eine Aussprache der ZOO-Papier mit dem slowakischen Arbeitsminister. Dieses Angebote führten letztlichdazu, dass der Anschluss an die Christgewerkschaft mit zwei Gegenstimmenbeschlossen wurde. Aus politischer Sicht sollten wir diesem Schritt nicht zuviel Bedeutung zu messen, dadie ZOO vollkommen autonom bleibt, und esdurchaus möglich ist, dass sie sich bei Konflikten mit der Christgewerkschaftwieder von ihr trennen wird.
Viele Debatten danach
Im Anschluss an den offiziellen Teil gab es noch vieleDebatten über slowakische, österreichische und internationale Politik Dank der Arbeit der tschechischenGenossInnen, des CWI und unserer Solidaritätsarbeit werden wir die KollegInnenin Ruzemberok auch künftig unterstützen.
Nicht unerwähnt soll auch die enorme Herzlichkeit undGastfreundschaft der slowakischen KollegInnen bleiben, es war uns unmöglichirgendetwas selbst zu zahlen oder die anderen einmal einzuladen. Erst amnächsten Tag konnten wir eine Spende in den ZOO-Spendenfond machen.