Algerien: Proteste gegen Bouteflika

Moritz Bauer

Seit 22. Februar protestieren, marschieren und streiken in Algerien Hunderttausende gegen Präsidenten Bouteflika und die Fortsetzung seiner Herrschaft. Bouteflika fungiert seit einem Schlaganfall 2013 nur als Marionette. Tatsächlich herrscht eine korrupte Elite aus Militär, Wirtschaft und seiner Partei (Nationale Befreiungsfront).

Die Proteste begannen, als Bouteflika ankündigte, für eine 5. Amtszeit kandidieren zu wollen. Hunderttausende strömten zu den Massenprotesten, getrieben von der Perspektivlosigkeit und dem diktatorischen Regime. Die Jugend (Durchschnittsalter: 28-30 Jahre) kennt kein Algerien ohne Bouteflika. Die Zukunftsaussichten sind düster angesichts von 10% Arbeitslosigkeit – unter Jugendlichen noch höher – sowie der enormen Ungleichheit zwischen den Herrschenden und der normalen Bevölkerung.

Ähnlich wie im arabischen Frühling waren es junge Menschen, die die Proteste lostraten und prägten. Am 4. März leerten tausende Studierende die Universitäten und drängten auf die Straßen. Am 11. März kündigte Bouteflika an, nicht für eine 5. Amtszeit zu kandidieren. Zeitgleich wurde die Wahl auf unbestimmte Zeit verschoben und soll nach einer „nationalen Konferenz“ stattfinden, die das politische System „reformieren“ soll. Da die Wahlverschiebung jedoch nur mehr Zeit für die Herrschenden bedeutet, um ihre Macht zu sichern, gehen die Proteste weiter.

Der Aufstand in Algerien zeigt, dass Widerstand in arabischen Ländern unabhängig vom islamischen Fundamentalismus möglich ist. Die Bewegung braucht allerdings ein Programm und demokratische Organisationen der Arbeiter*innen und Jugendlichen, um dauerhafte Verbesserungen erkämpfen zu können. Das Scheitern des „arabischen Frühlings“ hat gezeigt, dass es nicht reicht, einen Diktator loszuwerden. Anstelle von Hoffnungen in eine Reformierung der verrotteten politischen Systeme braucht es eine sozialistische und demokratische Neuorganisierung der Gesellschaft, die in der Lage ist, die sozialen Probleme zu lösen und die korrupte Elite UND die kapitalistischen Profiteure zu beseitigen. Eine Alternative mit einem kämpferischen und antikapitalistischen Programm könnte sich auch in andere Länder ausbreiten, etwa nach Tunesien, wo es Anfang des Jahres ebenfalls Massenproteste gab.

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