ÖGB-Kongress verpasst Chance für Neuorientierung

Zwischen 13.10 und 17.10 '03 tagte im Wiener Austria-Center der 15. ÖGB- Kongress. Allerweltsslogans, unpolitische Plakate, Werbegeschenke, Kongressroutine - wenig deutete äußerlich auf die dramatischen Veränderungen hin, die das Umfeld der heutigen Gewer
Michael Gehmacher, SLP-Gewerkschaftssprecher

Für die breite Öffentlichkeit praktisch unsichtbar, wies der ÖGB zwar in seinem Tätigkeitsbericht über die abgelaufene Funktionsperiode (der letzte Kongress war im Oktober 1999) auf Streiks gegen Maßnahmen der Bundesregierung hin. In der medialen Aufbereitung der ÖGB-Arbeit und auch in den Beiträgen von wichtigen FunktionärInnen, waren die vergangen und die aktuellen Arbeitskämpfe aber krass unterrepräsentiert. Der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft Wilhelm Haberzettel nahm z.B. die günstige Gelegenheit nicht wahr, um einen Streik gegen die Zerschlagung der ÖBB anzukündigen.

Leider keine Beifallsstürme für Streikende

Am Mittwoch besuchte die streikende AUA- Bord-Belegschaft die Delegierten. Statt die kämpfenden KollegInnen zumindest mit den selben Standing Ovations wie den Bundespräsidenten zu bedenken, verwehrte der Kongress den Streikenden die notwendige, eindeutige moralische und politische Unterstützung. Im Gegenteil: Präsident Verzetnitsch meinte nur knapp vor (!) der Tür des Kongresssaales, dass er auch auf die Interessen des - nichtstreikenden - AUA-Bodenpersonals Rücksicht nehmen müsse. Seltsam mutete auch die "Rat und Tat - Messe" an, bei der diverse Privatfirmen auf einer Gewerkschaftskonferenz ihre Werbegeschenke feil bieten durften. Mit dabei war nämlich auch die AUA. Kaum ein ÖGB- Verantwortlicher kam auf die Idee, dass eine Firma, die gerichtlich gegen Betriebsversammlungen vorgeht, die Betriebsräte und Gewerkschaft bedroht, eigentlich nichts am ÖGB- Kongress verloren hätte. Der ÖGB hat auf diesem Kongress nicht die Schlussfolgerungen aus den Ereignissen der letzten Wochen und Monate gezogen. So manchem Delegierten war durchaus der Frust über die derzeitige Situation anzusehen. Geheime Streichorgien, wie gegen den ÖVP-Mann und neuen ÖGB Vizepräsidenten Klein, der als Nachfolger von Fritz Neugebauer lediglich 58 Prozent der Stimmen erhielt, werden aber sicher zu wenig, um den ÖGB neu zu positionieren!

Erfolgreiche SLP-Initiative: Plattform gegründet

Am 13.10 03 hielt die "Plattform für kämpferische und demokratische Gewerkschaften" in Wien eine erste Konferenz von BetriebsrätInnen und GewerkschaftsaktivistInnen ab. Der Abend war ein voller Erfolg. Begonnen wurde mit dem Arbeitskreis zum AUA-Streik mit Betriebsrat Gugerell. Vor allem die Schärfe mit der dieser Arbeitskampf geführt wurde, bedeutete für Österreich ein Novum und schlug ein neues Kapitel in der Geschichte der Gewerkschaftsbewegung auf. Eine heiß diskutierte Frage war, wie und ob die Spaltung der AUA-Belegschaft zwischen Bord- und Bodenpersonal in Zukunft überwunden werden könnte. Bei der Podiumsdiskussion mit Robert Wurm (BRV Postbus), Barbara Nowikow (Unabhängige Bildungsgewerkschaft), Peter Gugerell, sowie Harald Mahrer (ehem. BR Melzer, SLP) und Anselm Delacher (BR Ecetra, GLB) für die überfraktionelle Plattform, stand die künftige Rolle des ÖGB im Mittelpunkt. Von mehreren Seiten wurden etwa wesentliche Strukturen des ÖGB als undemokratisch kritisiert. Zusätzlich aufgewertet wurde die Konferenz durch die Teilnahme einer Gruppe Eisenbahnern die extra aus Oberösterreich angereist kamen. Sie kritisierten den laufenden Überstundenboykot, er belastet einseitig die KollegInnen im Turnusdienst, spalte die Belegschaft und verzögere nur einen notwendigen Streik. Auch Eisenbahner aus Wien sprachen sich für einen Streik aus. Immer wieder betont wurde die Rolle der Plattform als Bindeglied von kämpferischen GewerkschafterInnen aus verschiedenen Bereichen und vor allem als Instrument um selbst Aktionen zu setzen. Die Plattform strebt in diesem Sinne den Aufbau einer kämpferischen Opposition im ÖGB an. Auf der Konferenz wurde über einen gemeinsamen Aktionstag von AUA, LeherInnen und Postbus debattiert. Wir verlangen vom ÖGB die Durchführung eines solchen Aktionstags, sollte der ÖGB diese Idee nicht aufgreifen, werden wir diese Idee weiter verfolgen. Ein solcher Aktionstag sollten dann von verschiedenen Betriebsratskörperschaften gemeinsam mit der Plattform durchgeführt werden. Auf der Konferenz wurden über 150 Euro für die weiter Arbeit der Plattform gespendet. Unmittelbar nach dem ÖGB- Kongress trafen sich Aktivisten der Plattform am Kongressort. Bei diesem Treffen wurde der ÖGB- Kongress bilanziert und eine Solidaritätsaktion für die EisenbahnerInnen ins Auge gefasst.

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