ÖGB: Die Führung ignoriert die eigenen Spielregeln!

Sonja Grusch

Im Leitbild des ÖGB steht: “Wir vertreten in Wort und Tat konsequent die Mitgliederinteressen.“ Und in § 19.4 des Statuts findet sich: „Jedes Mitglied hat die Pflicht: gewerkschaftliche Disziplin bei der Durchführung von beschlossenen Aktionen zu halten und jedes dem Ansehen des ÖGB abträgliche Verhalten zu vermeiden“. So weit die Theorie. Doch die Praxis sieht anders aus: Sparpaketen wird zugestimmt, Regierungen, die sozialen Kahlschlag betreiben werden unterstützt.

Das jüngste Beispiel für das statutenwidrige Agieren der Gewerkschaftsführung ist das Aussetzen des Streiks der Landes- und Gemeindebediensteten in Oberösterreich im März. Denn das dauernde Zurückweichen, die Serie von faulen Kompromissen – das alles schadet der Gewerkschaftsbewegung enorm. Natürlich wird die Gewerkschaftsführung nicht veröffentlichen, wie viele KollegInnen aus Wut und Enttäuschung über das neuerliche klein-beigeben ausgetreten sind. Und wie immer werden sie nur jene Stimmen zitieren (und in ihrer Verleugnung der Wahrheit wohl auch nur jene Stimmen hören!) die ihren Kurs bestätigen. Ich kann den Herren Haudum (GdG-OÖ), Fogler (ÖGB-Präsident) & Co. (und ihren Kolleginnen, die um nichts weniger weltfremd sind) nur empfehlen, wirklich zuzuhören, wie die Stimmung in den Betrieben und Dienststellen ist und diese nicht nur als Rangiermasse zu betrachten. Und v.a. unter Jugendlichen: was soll die Motivation sein, in einer Organisation Mitglied zu sein, in der die Basis keine wirkliche Mitsprachemöglichkeit hat und die die ständigen Verschlechterungen für Beschäftigte schönredet? Diese Gewerkschaftsführung schadet der Gewerkschaft – wir brauchen eine völlig andere!

Übrigens: Ich bin seit 25 Jahren ÖGB-Mitglied und habe vor kurzem dafür eine Urkunde erhalten. Darauf kann ich gerne verzichten. Lieber wäre mir eine Gewerkschaft, die endlich kämpft!

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