Wie kann der Rechtsextremismus geschlagen werden?

Moralisierende „Achtung, Nazis!“ Warnungen reichen nicht. Die FPÖ muss auf sozialer Ebene bekämpft werden.
Jan Rybak

Spätestens seit der Übernahme der FPÖ durch Haider 1986 bemühen sich liberale AntifaschistInnen und gutmeinende Linke, den (kaum kaschierten) braunen Sumpf der Freiheitlichen aufzuzeigen und den Beweis zu erbringen, dass es sich um Nazis handle. Die Zahl der Arbeiten, die den Charakter der FPÖ untersuchen und Verbindungen zwischen ihr und der Alt- und Neonaziszene aufzeigen, ist enorm. Allerdings hat diese Beweisführung – bei aller inhaltlichen Richtigkeit und politischen Wichtigkeit – nicht dazu geführt, der FPÖ das Wasser abzugraben.

Der moralisierende liberale Antifaschismus ignoriert die real existierenden sozialen Fragen der Menschen und erlaubt es der FPÖ, an diese anzuknüpfen. Beispiel: Die Wohnkosten sind in den letzten Jahren explodiert. In vielen Städten herrscht eklatante Wohnungsnot. Allerdings besteht (Ausnahme: Graz) nirgends eine starke linke Kraft, die diese Frage aufgreift und eine Offensive im sozialen Wohnbau fordert. Damit ist der FPÖ das Feld überlassen, ihre rassistischen „Lösungen“ (à la „Gemeindewohnungen nur für ÖsterreicherInnen“) zu propagieren. Wenn Menschen, die sich die Miete kaum mehr leisten können, nur diese einzige „Lösung“ zur Verfügung steht, kann es geschehen, dass die FPÖ gewählt wird.

Wie das Wohnungs-Beispiel zeigt, ist an der „sozialen“ Rhetorik der FPÖ überhaupt nichts sozial. Die Forderungen laufen letztlich auf die Umverteilung innerhalb der ArbeiterInnenklasse zu Ungunsten des nicht gebürtig-österreichischen Teils hinaus (so etwa auch ihre Forderung, MigrantInnen von der Sozialversicherung auszuschließen). Die Profite von Banken und Konzernen, Einkommen und Vermögen der Herrschenden werden nicht angekratzt. Die FPÖ setzt auf die Spaltung von ArbeiterInnen, Jugendlichen, PensionistInnen nach Herkunft, Religion, Sprache etc. und betreibt mit pseudosozialen Phrasen behübschte Politik für die Superreichen Österreichs. Sie und ihre blau-braunen Brüder (wenige Schwestern) im Geiste lenken von den wahren Schuldigen an der sozialen Miesere ab und schieben MigrantInnen die Verantwortung zu. Wenn Thilo Sarrazin (ein Banker!) gegen MigrantInnen hetzt, versucht er Banken, Konzerne und das System Kapitalismus als solches zu entlasten. Strache & Co. tun dies ebenso.

International und auch in Österreich zeigt sich: Wo für soziale Rechte, höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen gekämpft wird, dort sind die Rechten auf dem Rückzug. Beim Metallerstreik 2011 herrschte Schweigen bei der selbsternannten Partei des „kleinen Mannes“. Als 2009 Studierende ihre Hörsäle besetzten und somit die öffentliche Debatte auf soziale und Bildungsfragen verschoben, war es monatelang mäuschenstill um die FPÖ. Die Spaltungsversuche der Rechten scheiterten grandios, da den Studierenden völlig klar war, dass die neben ihnen stehenden migrantischen KollegInnen nicht das Problem darstellten, sondern die desaströse Bildungspolitik der Regierung. Als in Salzburg im Dezember 2012 tausende KollegInnen aus dem öffentlichen Dienst, darunter sehr viele mit Migrationshintergrund (v.a. in den Krankenhäusern), gegen die Nulllohnrunde kämpften, war die FPÖ nicht mal zu einer Presseaussendung in der Lage. Unter den KollegInnen war keine Spaltung irgendeiner Form zu bemerken. Klar war: Alle KollegInnen, egal welcher Herkunft, haben das gleiche Interesse an einem anständigen Lohn – die Landesregierung ist es, die uns diesen verweigert. Daher müssen wir gemeinsam kämpfen.

Ein internationales Beispiel: Als 2010 die ArbeiterInnen des türkischen Lebensmittelkonzerns „Tekel“ streikten, hatten weder islamistische, noch nationalistische und reaktionäre Kräfte eine Chance. Türkische und kurdische ArbeiterInnen kämpften gemeinsam für ihre sozialen Rechte und konnten so auch die Rechten und Reaktionäre zurückdrängen.

Kampf gegen Rechtsextremismus muss heute vor allem eines sein: kämpferische Betriebs- und Gewerkschaftspolitik. Wenn ArbeiterInnen und Jugendliche unabhängig von ihrer Herkunft für ihre gemeinsamen Interessen streiken und auf die Straße gehen, haben die rassistischen Spalter und Hetzer keine Chance. Aber auch auf politischer Ebene müssen die Rechten gestoppt werden. Dafür braucht es eine starke linke Alternative, die den menschenverachtenden, rassistischen Scheinlösungen der FPÖ Widerstand und echte soziale Alternativen entgegenstellt. Die Existenz der LINKE in Deutschland, die (bei aller notwendigen Kritik) solche sozialen Alternativen bietet, ist einer der wichtigsten Gründe für die im Vergleich zu Österreich relativ schwachen Wahlergebnissen der Rechtsextremen.

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