Wie gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Reaktion kämpfen?

Von Lichtermeeren, Festen, Konzerten bis Verbotsverfahren wurde schon viel ausprobiert. Geholfen hat wenig.
Jan Rybak

In den letzten 20 Jahren konnte weder der Aufstieg der FPÖ noch die Verschärfung der rassistischen Gesetze aufgehalten werden. Rassistische, islamophobe und antisemitische Positionen sind heute so weit verbreitet wie schon lange nicht. Hier ist das Problem: Unzählige Lichterketten, Mahnwachen und multikulturelle Stadtteilfeste haben Rechtsextremismus nicht gestoppt. Das liegt an der Methode. Ein antifaschistisches „Fest der Freude“ am Heldenplatz stoppt keine Burschenschafter, sondern versichert die TeilnehmerInnen nur ihrer eigenen moralischen Überlegenheit (welche ohne Zweifel gegeben ist).

Dahinter steht ein falsches Verständnis davon, wie Rechtsextremismus und Rassismus entstehen. Es liegt nicht daran, dass Menschen nicht miteinander kommunizieren, oder dass es den Rechten an Bildung fehle (auch wenn es selten die klügsten Söhne und Töchter der Nation sind, die am vehementesten für sie streiten). Rechtes/rassistisches Gedankengut entwickelt sich aus sozialen Bedingungen heraus. Der ökonomische Druck auf Menschen (miese Löhne und Sozialleistungen, Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot etc.) wird von rechten Parteien auf „die AusländerInnen“ abgewälzt. Die oft diffuse Unzufriedenheit mit der sozialen Situation schlägt um in Hass auf MigrantInnen, Muslime Juden/Jüdinnen. Dass dies möglich ist, liegt am Mangel an verbindenden Klassenkämpfen und am Mangel einer starken sozialistischen Alternative. Solange die FPÖ relativ unwidersprochen „AusländerInnen“ für die soziale Misere verantwortlich machen kann und es keinen breiten Kampf für höhere Löhne, gegen Arbeits- und Wohnungslosigkeit gibt, werden Menschen blau wählen – ungeachtet aller moralischen Appelle.

Auch Verbote rechtsextremer/neonazistischer Parteien lösen das Problem nicht. Sie können zwar insofern hilfreich sein, als dass sie Finanzmittel, Propagandamöglichkeiten etc. kurzzeitig blockieren; die Rechtsextremen haben sich aber immer wieder neu formiert. Der belgische Vlaams Blok kam 2004 seinem Verbot mit Neugründung als Vlaams Belang zuvor. Verbotene deutsche Nazigruppen organisierten sich (mit fleißiger Unterstützung des Verfassungsschutzes) schnellstens um, in Frankreich löste sich die faschistische JNR 2013 auf, um dem Verbot zu entgehen.

Selbst ehemalige moralische AntirassistInnen (u.a. die Dönmez und Pilz) machen bei der politischen Prügelorgie gegen MigrantInnen mit. Die grüne Prominenz würde bei MigrantInnen gerne Gesinnungsprüfungen vornehmen um bedrohliche und antidemokratische Kräfte aus dem Land zu halten. Davon abgesehen, dass hier plumper Rassismus vorliegt, bringt die Abschiebung von nicht genehmen Personen schlicht nichts. Auch hier gilt: reaktionäres Gedankengut ist den Menschen nicht angeboren sondern entwickelt sich auf gesellschaftlicher Grundlage. Ebenso falsch sind aber auch kulturrelativistische Ansätze, die reaktionäre Haltungen und Praktiken mit dem Verweis auf andere Kulturen legitimieren. Man muss Frauenunterdrückung, Rassismus, Antisemitismus, Homophobie etc. überall entgegentreten. Ja, auch unter MigrantInnen gibt es reaktionäre Einstellungen. Das liegt einerseits an der fremdenfeindlichen Hetze, die bei vielen einen Rückzug auf „alte Werte“ verursachten. Vor allem liegt es aber am Versagen des ÖGB, MigrantInnen gemeinsam mit ÖsterreicherInnen zu organisieren, eine soziale Alternative anzubieten und gemeinsam Kämpfe zu führen.

Die bürgerlich-moralischen und rechtsstaatlichen Zugänge haben ihre Unfähigkeit zu oft unter Beweis gestellt. Konsequenter Antifaschismus sieht anders aus; der bedeutet zu allererst, Rechtsextremismus und Rassismus als Produkte des Kapitalismus zu sehen und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen. Das heißt, dass der Kampf gegen Rechts mit dem Kampf für soziale Rechte verbunden werden muss. Konkret: Als 2010 die ArbeiterInnen des türkischen Konzerns Tekel streikten, hatten weder islamistische, noch nationalistische und reaktionäre Kräfte eine Chance. Türkische und kurdische ArbeiterInnen kämpften gemeinsam für ihre sozialen Rechte und konnten so auch die Rechten und Reaktionäre zurückdrängen. Besonders Gewerkschaften sind gefragt, MigrantInnen und ÖsterreicherInnen gemeinsam zu organisieren. Nicht deshalb, weil wir uns alle liebhaben müssen, sondern weil dies der einzige Weg ist, innerhalb der ArbeiterInnenklasse Rassismus und Anknüpfungspunkte für Rechtsextreme zu überwinden. Gemeinsamer Kampf gegen den Kapitalismus und für eine demokratische, sozialistische Gesellschaft jenseits vermeintlicher nationaler und religiöser Grenzen sind der beste Garant gegen Rassismus und rechte Hetze.

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