Wahlniederlage, Personaldebatte, Drohung aus Klagenfurt... doch:

Haider ist noch da
John Evers

Von der stärkeren Regierungspartei hat sich Haiders Partei binnen weniger Monate zur Schwachstelle der Bundesregierung entwickelt. Die Niederlage bei den Wiener Wahlen hat die Freiheitlichen direkt am Nerv getroffen. Doch Jubel über das baldige Ende der FPÖ, und der rechtsextremen Bedrohung, die sie darstellt, wäre (leider) verfrüht.

In den Medien wird das Problem der FP auf den Kampf zwischen zwei Parteiflügeln reduziert: Hier der Pragmatische, da jener Flügel der für eine populistischere Linie steht. Letzterer scheint demzufolge sogar bereit die Regierung platzen zu lassen. Tatsächlich überrascht diese Auseinandersetzung nicht: Bereits der formale Rücktritt Haiders als Parteiobmann stellte die Arbeitsteilung zwischen dem Regierungs- und Haider- “Flügel” auf. Die Suche nach ideologischen Hintergründen dieser Arbeitsteilung, verdeckt meistens den wesentlichen gemeinsamen Punkt von Haider, Grasser und Riess-Passer. Neben dem Streben an die Futtertröge, ging und geht es der FP-Spitze mit ihrem Regierungseintritt um einen Tabubruch: Die erfolgreichste rechtsextreme Partei der Welt sollte hoffähig werden. Dafür war und ist die FP bereit einen gewissen Preis zu bezahlen. Lediglich um die Höhe dieses Preises existieren Differenzen.

Schlüsselfaktor ArbeiterInnenklasse

Der “Gemeindebau”, also Stimmverhalten der ArbeiterInnenklasse, war ausschlaggebend für die Niederlage der FP bei den Wiener Wahlen. ArbeinehmerInnen liefen der FP in Scharen davon. Zum größten Teil zu den NichtwählerInnen. Umgekehrt wurden wohl einige Wähler - nicht zuletzt durch Haiders Ausfälle - mobilisiert gegen die FP zu stimmen. Es handelt sich hier um eine sehr sensible Reaktion aus jenen Schichten, die seit langem vom Rechtsruck und Sozialabbau der alten (SP/VP) Regierung, wie der neuen Koalition betroffen waren und sind. Diese Menschen haben heute keine Partei der sie vertrauen, bzw. in der sie sich organisieren.
Das Erfolgrezept der FP bestand darin, in diesem Bereich mit rassistischen und populistischen Ansagen an den “kleinen Mann” als einzige Kraft so etwas wie ein politisches “Angebot” zu formulieren. Die Unterstützung von bestimmten Teilen der ArbeiterInnklasse war zwar wichtig für die FP, aber stets eine begrenzte und fragile Angelegenheit. Eine echte Parteibasis konnten sich die Freiheitlichen unter ArbeitnehmerInnen nie schaffen. Das unterstreicht nicht zuletzt das Wiener Ergebnis. Doch die Prophezeiungen, dass die FP nicht mehr unter ArbeiterInnen punkten kann, sind genauso falsch, wie die Analysen die früher die FP zur “neuen Arbeiterpartei” erklärt hatten. Auch wenn diese Regierung über sich selbst stürzt, wäre das rechtsextreme Gefahrenpotential nicht vernichtet. Haider wenn auch vielleicht nicht der gesamten FP besitzen ein sehr hohes Maß an politischer und organisatorischer Flexibilität. Die Mobilisierung der ArbeiterInnklasse ist heute der zentraler Punkt: Widerstand gegen die FP kann nur erfolgreich sein, wenn er die entscheidenden Teile der ArbeiterInnenklasse beinhaltet. Gleichzeitig gilt es aus dem bestehenden Widerstand eine politische Alternative in Form einer neuen sozialistischen ArbeiterInnenpartei aufzubauen, um genau jenes Vakuum zu füllen, welches den Aufstieg der FP ermöglicht hat.

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