Wahlen sind kein Selbstzweck sondern Teil des Kampfes

Eine Kandidatur bei Wahlen heißt nicht, Illusionen in die bürgerliche Demokratie zu haben.
Jan Rybak

Die Linke ist international angesichts der Angriffe auf die ArbeiterInnenklasse und deren Widerstand gefordert. Es gibt Debatten über Strategien und neue Formationen, die auf diese zu reagieren versuchen. Sektionen des CWI sind Teil dieses Neuformierungsprozesses: in Deutschland mit der Linken, in Brasilien bei PSOL sowie in einer Reihe anderer Länder. Viele diese neuen Parteien treten zu Wahlen an. Das ist gut und wichtig. Doch wenn es dazu führt, dass die Wahlorientierung die Hauptarbeit von linken Organisationen wird, dann läuft etwas schief.

Mitglieder des CWI sind aktiv im Kampf gegen Sozialabbau, Rassismus, miese Löhne, Sexismus, Homophobie, imperialistische Kriege; all die unerträglichen Brutalitäten des Kapitalismus, die er mit sich bringt. Wir stehen für eine demokratische sozialistische Gesellschaft, in der die Reichtümer der Gesellschaft auch allen zu Gute kommen. Wir kämpfen gegen jede Verschlechterung und für alle Verbesserungen für die breite Masse der Bevölkerung. In diesem Kampf gibt es viele verschiedene Mittel und Wege. Wir organisieren antirassistische Demonstrationen und ArbeiterInnen in Betrieben, helfen bei und initiieren Streiks oder Bewegungen u.v.m.. Eine weitere Ebene des Kampfes sind Wahlen. Dabei geht es uns aber nicht darum, in Parlamenten möglichst geschickte Deals mit den VertreterInnen der kapitalistischen Parteien einzufädeln.

Im Mittelpunkt steht die Unterstützung von auf der Straße, in Betrieben etc. stattfindenden Kämpfen. Wo CWI-Mitglieder in Körperschaften vertreten sind, haben soziale Proteste und Arbeitskämpfe eine Tribüne. Wir nutzen die zusätzliche Öffentlichkeit, um die Forderungen bekannt zu machen, zu unterstützen und die Verantwortlichen der etablierten Parteien unter Druck zu setzen. Entscheidend ist und bleibt jedoch der Kampf in Betrieben, Stadtteilen und auf der Straße. Darum liegt auch der Fokus der CWI-Mitgliedsorganisationen auf der Organisierung außerparlamentarischen Protests. In Seattle (Washington) hat Socialist Alternative, die US-Schwesterorganisation der SLP mit Kshama Sawant jüngst einen von neun Sitzen im Stadtrat errungen. Basis der Wahlkampagne sowie der tagtäglichen Arbeit im Stadtrat ist die Kampagne für einen Mindestlohn von 15 USD/Stunde, die von tausenden AktivistInnen gemeinsam mit Kshama getragen wird.

Wo auch immer Abgeordnete des CWI sind, stellen Sie die unsoziale Politik, die Heuchelei und die Lügen der etablierten Parteien bloß. Sie sammeln Informationen, die für soziale Bewegungen wichtig sein können. Sie sind nicht Teil der Elite, nehmen nicht an ihren Privilegien und geheimen Treffen teil. Kein/e Abgeordnete/r des CWI bekommt mehr als einen durchschnittlichen Facharbeiterlohn. Sie sind ArbeiterInnen, von ArbeiterInnen gewählt, und für und mit diesen kämpfen sie. Daher: keine Privilegien in welcher Form auch immer.

Immer wieder treten wir jedoch auch bei Wahlen zu Stadt-/Landes-/Regionalparlament an, wo die Chancen gering sind. Viele fragen sich was das soll. Wahlen sind eine Zeit erhöhter politischer Aufmerksamkeit. Die Parteien präsentieren sich, die Rechte verstärkt ihre Hetze und Menschen suchen angewidert vom Mainstream nach echten Alternativen. In so einer Situation macht es Sinn, auch für kleine sozialistische Organisationen anzutreten. Durch einen Wahlkampf, der sich prinzipiell von jenem der etablierten Parteien unterscheidet und der Widerstand gegen Sozialabbau, antirassistischen Protest etc. in den Mittelpunkt stellt, kann im Kleinen gezeigt werden, was im Großen möglich und notwendig ist. Wenn die SLP zu Wahlen antritt, dann gehen wir nicht auf „Stimmenfang“, sondern organisieren Menschen, die sich gegen die sich verschlechternde soziale Lage, gegen FPÖ-Rassismus, Personalabbau etc. zur Wehr setzen wollen und bieten ihnen eine politische Alternative an.

Letztlich sind Wahlen nur eine von vielen Kampffeldern im Kapitalismus. Wir haben keinerlei Illusionen, das System „von innen“ zu verändern. Es muss überwunden werden. Dafür ist das Wichtigste die Selbstorganisation von ArbeiterInnen und Jugendlichen. StellvertreterInnenpolitik hilft nicht weiter. Nur Bewegungen in Betrieben, Unis, Schulen, Stadtteilen und auf der Straße bringen echte und lang anhaltende Veränderungen. Sie bringen die Grundlage für Selbstorganisation von ArbeiterInnen und Jugendlichen für den Kampf gegen den Kapitalismus als solchen.

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