Von legalen und illegalen Drogen

Scheinmoral
Karin Wottawa

Es ist einige Jahre her, da bekam die Diskussion um Alkohol und insbesondere um Alkohol im Straßenverkehr eine gewisse Brisanz: ein Baby wurde von einem alkoholisierten Lenker aus dem Kinderwagen geschleudert und kam ums Leben. Zwei Jugendliche wurden von einem Autofahrer, der unter Alkoholeinfluss stand, angefahren und tödlich verletzt. Diskutiert wurde damals die Senkung der Promillehöchstgrenze von 0,8 auf 0,5. Damals legte sich allen voran die ÖVP quer. Hauptargument war die Schädigung der kleinen Wirtshäuser und Buschenschanken am Land. Offensichtlich ist der Profit und das eigene Auto wichtiger als “ein paar Menschenleben”.

Besoffen Autofahren als Kavaliersdelikt: So oder ähnlich scheinen das einige Politiker auch im täglichen Leben zu sehen. Der jüngste Fall ist bekannt: Reinhart Gaugg, der als “Alkolenker” ertappt wurde. Hier sei auch an diverse politische Veranstaltungen in Bierzelten oder an ähnlichen Örtlichkeiten – gerade in Wahlkampfzeiten besonders beliebt – erinnert. Bier fließt in Hektolitern, die Doppler Wein werden unters Volk gebracht, Verbrüderungen mit dem wahlkämpfenden Politiker werden ausgiebig begossen, weil die Lokalgröße für einige Stimmen mehr gerne einen ausgibt. Umso unglaubwürdiger mutet der offizielle Umgang mit dem Problem von Rausch- und Suchtmitteln an. Dazu zählen selbstverständlich auch Alkohol und Medikamente; nicht zu vergessen Zigaretten, die am häufigsten konsumierten Drogen, mit einem höheren Suchtpotential als bei Heroin. Das soll Heroin nicht verharmlosen, sondern einen umfassenderen Blick ermöglichen.
Es geht um den Gesamtumgang der Politik mit Substanzen und Sucht aller Art. Was völlig fehlt, ist die Frage: Warum werden Menschen überhaupt süchtig, greifen zu Rauschmitteln, um aus dieser Welt zu flüchten? Die Grenze zwischen Genuss und Sucht/Rausch wird überschritten, weil das Leben im Kapitalismus mit seinem umfassenden Druck schwer zu ertragen ist. Die Politik sucht lieber eine Trennung in “gute” Substanzen wie Nikotin, Alkohol, (teilweise) Medikamente und Koffein und “böse” Substanzen wie Cannabis, Extasy, Heroin .... Zur Untermauerung wird gern das Märchen von Cannabisprodukten als Einstiegsdroge verwendet. Tatsache ist, dass ca. 95% aller CannabiskonsumentInnen nicht zu harten Drogen greifen, sondern eher der frühe Alkohol- und Nikotinkonsum als Einstieg gewertet werden kann. Die Gesetze der Bundesregierung (z.B. jüngst über Drogen im Straßenverkehr) gehen am eigentlichen Problem vorbei und dienen der Kriminalisierung Betroffener. Kapitalismus und Drogen – eine natürliche Verbindung? Kapitalismus macht krank und führt zu ungesunden Süchten – egal ob mit legalen oder illegalen Stoffen.

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