Venezuela: Sturz des Kapitalismus ist möglich …

… aber was tut Chavez?
Markus Klostermann

Im Dezember letzten Jahres wurde Hugo Chavez erneut zum Präsident der Bolivarischen Republik Venezuela gewählt. Bereits vor der Wahl hatte er versprochen, einen radikaleren Kurs einzuschlagen als zuvor, es folgten erneut euphorische Ansprachen über den Aufbau des "Sozialismus des 21. Jahrhunderts". Chavez kündigte erneut Verstaatlichungen an und berief sich in seinen Reden auf Trotzki und machte dessen Ideen somit für eine breite Masse zu einem aktuellen Thema.

Verstaatlichung der Ölindustrie

Ende Februar unterzeichnete Chavez ein Dekret zur Verstaatlichung der Ölindustrie im Orinoko-Becken, Anfang März konnte man bereits das Ergebnis sehen: eine Umwandlung der Unternehmen in Joint-Ventures mit einer Kapitalmehrheit des Staats. Chavez spricht zwar von Leo Trotzki und seinen Ideen, setzt sie aber nicht um. Wie auch in früheren, kleineren Verstaatlichungen gibt es in den Betrieben keine ArbeiterInnenkontrolle. Auch Profite werden weiter von Privaten eingestreift - wenn auch wohl nicht mehr im selben Ausmaß. Chavez hat es bisher erneut versäumt, einen ersten wirklich konsequent durchgeführten Schritt zur politischen und wirtschaftlichen Entmachtung der herrschenden Klasse zu setzen.

Projekt Einheitspartei

Die Regierung Chavez setzt sich aus vielen verschiedenen Parteien zusammen, die er nun vereinen will. Die Gründung der “Partido Socialista Unido de Venezuela” (PSU) soll im Dezember diesen Jahres abgeschlossen sein. Chavez verspricht einen demokratischeren Aufbau, womit er auf Kritik an der Bürokratie reagiert. Das Motto der PSU soll "Vaterland, Sozialismus oder Tod" lauten, es ist jedoch noch nichts über Programm, Struktur und Arbeitsweise der Partei bekannt. Offen ist, ob sie eine “Vereinigte Sozialistische Partei” oder eine “Sozialistische Einheitspartei” wird. Der Prozess zur Parteibildung selbst erscheint jedenfalls nicht immer demokratisch. Die Regierungsparteien haben ein Ultimatum erhalten. Parteien, die sich nicht auflösen und der PSU anschließen, würden sich außerhalb der Regierung wiederfinden. Bisher unterstützt nur die Partei Chavez', die MVR, diesen Prozess. Der Aufbau einer revolutionären ArbeiterInnenmassenpartei ist ohne Zweifel ein wichtiges Teilstück auf dem Weg zum Sozialismus, der ohne eine solche Partei auch nicht zu Ende gegangen werden kann. Dabei ist es jedoch von großer Bedeutung ein klar sozialistisches Programm auszuarbeiten und Strukturen zu schaffen, die der Bildung einer privilegierten Bürokratie keine Chance geben und eine von unten aufgebaute Demokratie sicherstellen. Die Mitglieder des Komitees für eine ArbeiterInneninternationale in Venezuela werden sich an diesem Prozess beteiligen und versuchen einen klaren Klassenstandpunkt einzubringen. Sie tritt auch unabhängig der neuen Parteigründung für die Rechte der ArbeiterInnen ein, die in Venezuela trotz so mancher Verbesserung noch immer mit Füßen getreten werden.

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