Protestwelle in Lateinamerika

Monika Jank

In den letzten Jahren wurden in Lateinamerika rechte, neoliberale und konservative Präsidenten wie Mauricio Macri, Jair Bolsonaro und Iván Duque gewählt – nicht zuletzt, weil viele von den vorhergehenden links-reformistischen Regierungen zu Recht enttäuscht waren. Doch trotz des Putschversuchs in Venezuela und des jüngsten Putsches in Bolivien geht die Tendenz nun in vielen Ländern in eine andere Richtung. Dies zeugt von einer Polarisierung. Auslöser der Proteste reichen von feministischen Fragen über Kürzungen bis zu Umweltkatastrophen wie der bewussten Brandrodung des Amazonas, die Teil der Politik Bolsonaros ist.

Obwohl Maßnahmen wie die Erhöhung der U-Bahnpreise oder die Besteuerung von Benzin nur kleine Teile der Politik sind, die den Lebensstandard der Bevölkerung verschlechtert, waren sie in Chile und Ecuador der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte. In beiden Ländern gelang es, zumindest Teile der Regierung abzusetzen. Die indigene Bevölkerung war in Chile wie im mehrheitlich indigenen Ecuador zentraler Teil der Proteste und verband die sozialen Fragen mit dem Kampf gegen Rassismus und Umweltzerstörung.

Mit bisher zwei landesweiten Generalstreiks im November in Kolumbien richtete sich die Protestwelle gegen neue Maßnahmen von Präsident Duque. Eine Arbeitsmarkt- und Pensions“reform“ soll Steuererleichterungen für Konzerne finanzieren. Beantwortet wird auch hier der Protest von den Herrschenden mit massiver Repression. In verschiedenen Regionen Kolumbiens wurden, wie auch in Chile, Ausgangssperren verhängt. In beiden Ländern wurden bereits Demonstrant*innen ermordet. Doch das stoppt die Proteste ebensowenig wie die Zugeständnisse der Herrschenden.

Die aktuellen Proteste kommen nach einer Welle von feministische Bewegungen (gegen Frauenmorde, für die Legalisierung von Abtreibung etc). Auch die indigene Bewegung ist stark und kämpfte schon davor gegen Großgrundbesitzer und Unterdrückung. Diesen „Vorboten“ folgt nun die aktuelle Welle, die aus den vorherigen gelernt hat und die zahlreiche der bisherigen Forderungen vereint. Es ist eine neue Generation auf der Straße und sie gibt sich nicht mit Rücktritten oder der Rücknahme von Kürzungen zufrieden. Diese Entschlossenheit bereitet den Herrschenden Angst – zu Recht!

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