Teuer, Teurer, am Wütendsten

Editorial
Sonja Grusch

Die Inflation galoppiert. Für alle ohne Spitzen-Einkommen ist sie weit höher als offiziell. Denn die Preise für Wohnen, Transport und Lebensmittel steigen noch schneller.

Höchste Inflation seit 70 Jahren

Firmen nutzen die Chance, um sich mit Preiserhöhungen Extra-Gewinne zu holen. Die Maßnahmen der Regierungen - Bund und Land - sind spät, halbherzig und viel zu wenig. In den Lohn-Verhandlungen im Metallbereich erklärt der Kapital-Vertreter Knill: "Die Teuerungskrise betrifft uns alle und wir müssen uns auch alle auf einen gewissen Wohlstandsverlust einstellen." Zynischer geht es kaum, beweist ein Blick auf die Profit-Entwicklung: OMV (x2) und Verbund (+150%). Auch die energieintensive Voest konnte ihren Gewinn vervierfachen (x4!), Wienerberger und AMAG verdoppeln (x2). Wer jetzt aber meint, die Firmen würden damit “Arbeitsplätze schaffen” und “investieren”, irrt. Auch Gewinnausschüttungen und Dividendenzahlungen explodieren. Noch absurder wird es, wenn die Wirtschaftskammer Österreich behauptet, dass durch die Regierungsmaßnahmen - je nach Einkommen - 50-100% der Teuerung abgegolten wäre. Stimmt nicht!

Hallo ÖGB: Leg mal einen Zahn zu!

Die bisherige Linie des ÖGB war bestenfalls zahnlos. Appelle an die Regierung, Maßnahmen gegen die hohen Preise zu setzen sind - erwartungsgemäß - ohne Konsequenzen geblieben. Die ÖGB-Führung hofft auf Neuwahlen und dass die SPÖ dann alles besser machen würde. Eine Illusion, wie der Blick auf die Teuerung bei Wien Energie und den Gemeindebaumieten zeigt.

Seit September nehmen die Lohnverhandlungen an Fahrt auf. Bei den Forderungen im Handel und Sozialbereich, im Öffentlichen Dienst und bei Metaller*innen und Bahn wird durchwegs klargemacht: Unter der Inflation geht nix. Das ist auch nötig, sind die Reallohnverluste doch dramatisch. Klar ist: Den Worten müssen Taten folgen. Die übliche Verhandlungs-Dramaturgie (Fordern - Verhandeln - Betriebsrät*innenkonferenz - Verhandeln - Betriebsversammlungen - Verhandeln - ein paar Stunden Warnstreik - fauler Kompromiss) ist diesmal noch unzureichender als bisher.

Tatsache ist aber auch, dass viele Kolleg*innen gar nicht mehr erwarten, dass die Gewerkschaft echten Widerstand organisiert. Die Gewerkschaftsführung nutzt das dann als Ausrede für ihre miesen Deals mit dem Argument “Die Kolleg*innen wollen halt nicht kämpfen”. Blödsinn! Das Problem ist nicht die mangelnde Kampfbereitschaft der Basis, sondern der Führung. Die Kolleg*innen wissen sehr genau, wann sie für eine Medien- oder Dampfablass-Aktion antanzen sollen. 

Dass Kämpfen besser geht, wenn die, die vor Ort kämpfen, vorbereiten, entscheiden und durchführen, sollte eigentlich klar sein. Die Gewerkschaftsführung hat vor einer aktiven Basis fast noch mehr Angst, als vor den Angriffen von Regierung und Kapitalist*innen. Doch ohne diese aktive Basis geht nichts. Die müssen wir aufbauen: In Betrieben, betriebsübergreifend und branchenübergreifend. Nicht getrennt kämpfen, sondern gemeinsam. Betriebsversammlungen von Handel und Metall gemeinsam, Demos von Lehrer*innen, Sozialbereich und ÖBBler*innen zusammen … fassen wir die Kämpfe zusammen, um stärker zu sein. Schluss mit faulen Kompromissen, Schluss mit Warten auf eine “bessere Regierung” - erkämpfen wir, was uns zusteht! 

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