SPÖ/ÖVP-Regierungsprogramm stärkt FPÖ & Co.

Franz Neuhold

Das wesentliche Ergebnis der letzten Nationalratswahlen sind die knapp 30 % für das “Dritte Lager”, bestehend aus FPÖ und BZÖ. Dieses politische Milieu erstreckt sich vom etablierten Rechtsextremismus inklusive verwunderlicher KarrieristInnen über hartgesottene Deutschnationale bis zu handfesten Nazis. Nur wenige Jahre nachdem sich die FPÖ aufgrund der Regierungsbeteiligung und dem folgenden rapiden Verfall an Wahlunterstützung gespalten hatte, befindet sie sich wieder auf einem Höhenflug.
Die neue Große Koalition unter SPÖ-Kanzlerschaft tritt mit relativ knapper Mehrheit an. An ihrem Ende wird womöglich eine erneute Regierungsbeteiligung des Dritten Lagers stehen; mindestens jedoch seine weitere Stärkung. Und was noch schwerer wiegen könnte: es wird vielleicht in der Lage und willens sein, mittels faschistischer Schlägertrupps, die im Kern bereits existieren, offen Jagd auf Menschen zu machen. Im Sog der gegenwärtigen und bevorstehenden FPÖ-Erfolge treten auch kleinere Nazi-Gruppen mit gestiegenem Selbstvertrauen auf. So steht für den 1. Mai in Linz die Ankündigung einer Demonstration von Nazis im Raum.

FPÖ-Politik ist etabliert

Die SPÖ hatte schon in der Zeit des (Vorwahl-) Kampfes Signale Richtung FPÖ gesendet und mitunter im Parlament  (und nicht nur dort) handfest kooperiert. Schon die Politik der Großen Koalitonen der 1990er Jahre war geprägt von Überschneidungen zu FPÖ-Forderungen. Die deutlichst ausgeprägten Bereiche sind hierbei die Asyl-, Migrations- und “Sicherheits”-Politik. Eine besondere Scharfmacherin ist die nunmehrige Innenministerin Fekter (ÖVP), die ihrem Parteikollegen Platter folgte. Es genügt, sich die Einschätzung eines Vertreters einer SPÖ-Jugendorganisation vor Augen zu halten: “Frau Fekter: Ihre Politik tötet” (Marko Miloradovic, Landesvorsitzender der JUSOS Tirol in einer Presseaussendung vom 1. Dezember 2008)

Rassismus konkret im Regierungsprogramm

Das erste, dass man im Regierungsprogramm zum Thema Asyl liest, ist die Überschrift “Konsequenter Umgang bei Asylmissbrauch”. Der zweite Absatz beschäftigt sich mit Sperrfristen. Darin wird unter anderem die Einführung eines “Neuerungsverbotes” von Folgeanträgen festgehalten. Das heißt: Wenn im Herkunftsland kein Umsturz passiert oder ein neuer BürgerInnenkrieg ausbrechen sollte, gibt es für die Betroffenen keine Chance auf einen erneuten Asylantrag. Im letzten Absatz (1.4.) wird “Die Liste sicherer Herkunftsstaaten ... erweitert.” Es gibt kaum mehr ein Land, das als nicht sicher eingestuft wird, wodurch die Chance auf Asyl weiter reduziert wird. Dass Asyl eigentlich ein Menschenrecht ist, fällt unter den Tisch. AsylwerberInnen werden als VerbrecherInnen behandelt.
Da bei derartigen Dokumenten (wie eben einer Regierungserklärung) automatisch ein vergleichsweise gemäßigter und diplomatischer Ton angeschlagen wird, würde es nicht verwundern, wenn solche Abschnitte unter einer FPÖ-beteiligten Regierung zumindest ähnlich klängen. (Dies ungeachtet dessen, was die FPÖ ärger treiben würde.)
Es ist übrigens im gesamten 267-Seiten-Dokument nichts darüber zu lesen, wie zum Beispiel die Regierung die Menschenrechtslage zu verbessern gedenkt, die auch letztes Jahr von Organisationen wie amnesty international scharf kritisiert wurde. Der Hinweis auf “Menschenrechte” erscheint im Zusammenhang mit dem temporären Sitz Österreichs im entsprechenden UN-Rat (2011-2014). Das Wort “Rassismus” kommt sogar nur an einer einzigen Stelle vor: aufgrund von “Empfehlungen des UN-Ausschusses zur Eliminierung der Rassendiskriminierung”. Vor internationalen Kameras würde selbst ein Vizekanzler Strache an mancher Stelle scheinheiliger wirken wollen als dies SPÖ und ÖVP tun.
Dort, wo sich die Politik von SPÖ/ÖVP von jener der rechtsextremen Parteien unterscheidet, wird nicht von einem antirassistischen Standpunkt aus gehandelt. Es geht lediglich um die Verwertung in der Wirtschaft:
“Um einen Führungsanspruch im Forschungsbereich stellen zu können, müssen die besten Köpfe im F&E-Bereich (Forschung und Entwicklung) nach Österreich geholt werden. Dabei sollen im Rahmen eines umfassenden Screenings alle Politikbereiche (Ausländerbeschäftigung, Steuersystem, etc.) auf mögliche Erleichterungen für Spitzenforscher geprüft werden.” (S. 43; 2.3.) und: “Der Zuzug nach Österreich erfolgt nach dem österreichischen Bedarf und entsprechend festgelegter Kriterien.”  (F.3.; S. 28) Mit “österreichischem” Bedarf ist gemeint, dass Menschen, die nach Österreich kommen, lediglich von Unternehmen  entsprechend leicht ausgebeutet werden können.
Die Fortsetzung und gleichzeitig Verschärfung der rassistischen Politik durch die Neue Große Koalition nutzt der FPÖ doppelt. Die an anderer Stelle beschriebene Sozialabbau-Politik von SPÖ/ÖVP wird so lange der FPÖ einen bedeutenden Teil der WählerInnen zutreiben, bis eine echte Alternative vorhanden ist. An der Linken und im speziellen an SozialistInnen liegt es, eine solche aufzubauen.

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