Sozialist*innen schlagen Amazon!

Alles Geld der Welt kann die Macht der Solidarität von Arbeiter*innen nicht besiegen.
Nikolas Friedrich, Socialistalternative.org

Selten gab es eine solche Aufregung um eine Kommunalwahl in den USA wie diesen Herbst in Seattle. Dort kandidierte Kshama Sawant, die Stadträtin unserer amerikanischen Schwesterorganisation (Socialist Alternative), für die Wiederwahl. Das Ergebnis ist ein Erfolg für Sozialist*innen auf der ganzen Welt: Mit 51,8% der Stimmen setzten Kshama und Socialist Alternative sich gegen den von Konzernen wie Amazon gesponsorten Gegenkandidaten Egan Orion durch.

Vor 6 Jahren rüttelten wir die linke Politik in den USA auf: 2013 gewannen wir unabhängig von den beiden großen Parteien, Demokraten und Republikaner, und mit einem offen sozialistischen Programm ein Stadtrats-Mandat im Rathaus von Seattle. Mit diesem Mandat, aber vor allem mit einer starken Bewegung im Rücken, haben wir den ersten 15 Dollar Mindestlohn erkämpft. Das war ein Durchbruch für die Mindestlohnbewegung – seither verbreiten sich ähnliche Erfolge wie Lauffeuer.

2015 wurde Kshama – zum wachsenden Unmut der Reichen – wiedergewählt. Heuer schafften wir es noch einmal, obwohl das Kapital diesmal Vollgas gab: Ein Berg von Konzernspenden an „unternehmensfreundliche“ Kandidat*innen hätte uns besiegen sollen. Insbesondere Amazon-Boss Jeff Bezos griff in die Tasche: Er hat 1,5 Millionen Dollar gespendet, ein Drittel der insgesamt 4,1 Millionen Dollar, welche die Wirtschaftskammer Seattle (die Lobbyorganisation der Großunternehmen) in den Wahlkampf investierte.

Socialist Alternative war Bezos schon lange ein Dorn im Auge. Gegen die drückende Wohnungsnot bauten wir eine starke Mieter*innenbewegung auf, die u.a. eine Steuer auf Großkonzerne wie Amazon erkämpfte, um dadurch 50 Millionen Dollar pro Jahr für leistbaren Wohnbau aufzubringen. Natürlich nahm Bezos das nicht tatenlos hin und Amazon stellte eine Gegenkampagne auf die Beine. Obwohl die Steuer zunächst einstimmig angenommen worden war, hob die Mehrheit des Stadtrats sie aus Angst vor Amazon wieder auf. Nun wollte Bezos die Wahl 2019 nutzen, um unsere Bewegung auf Dauer aus dem Weg zu räumen. Obwohl die Bezos-Gelder in allen Wahlkreisen verwendet wurden, war Kshama Amazons größter Feind. Propaganda gegen Kshama wurde in allen Wahlkreisen verbreitet.

Doch all das Geld und all die Hetze stellten sich als Schuss ins Knie heraus: Falls manchen Wähler*innen noch immer nicht klar gewesen war, welche Unterschiede es zwischen uns und Orion gibt, hatte Bezos mit der Verwirrung aufgeräumt. Alle, die nicht wollten, dass Amazon diese Wahl kauft, wussten nun genau, dass sie Kshama wählen mussten. Auch Orion selbst trug zu seiner eigenen Niederlage bei: Er verbreitete bewusst das Logo von Socialist Alternative in seiner Kampagne – er dachte, es würde uns schaden, wenn er uns als landesweite sozialistische Organisation „enttarnen“ würde. Doch das trug nur dazu bei, dass unsere Wähler*innen sich umso bewusster politisch entschieden: Alle wussten, dass Kshama Sozialistin ist und sie wollten Socialist Alternative im Stadtrat.

Die Unterstützung aus der Arbeiter*innenklasse beschränkte sich auch nicht auf Stimmen am Wahltag: Über 1.000 Freiwillige halfen bei der Wahlkampagne mit und es wurden über 570.000 Dollar Spenden gesammelt – und diese kamen ausschließlich von Arbeiter*innen und Jugendlichen. Zusätzlich erhielt Socialist Alternative bundesweite Solidarität, etwa von Sara Nelson, der kämpferischen Präsidentin der Gewerkschaft für Bordpersonal, und von linken Politiker*innen wie Bernie Sanders.

All das machte diese Kommunalwahl zu einem landesweiten Thema: Von der West- bis zur Ostküste und sogar im Ausland berichteten Medien von Bezos‘ Niederlage gegen die sozialistischen Underdogs. Mit dem Sieg im Rücken werden wir die Konzernsteuer wieder in Angriff nehmen und uns auf zukünftige Kämpfe vorbereiten. Die Lehre ist klar: Alles Geld der Welt kann die Macht der Solidarität von Arbeiter*innen nicht besiegen. Wenn wir uns zusammenschließen, können wir alles schaffen. Auch in Österreich können wir von Seattle lernen: Anstatt immer das kleinere Übel zu wählen, können wir aktiv werden und eine eigene politische Alternative aufbauen, die sich den Sachzwängen dieses Systems nicht beugt: Eine Arbeiter*innenpartei mit sozialistischem Programm, die ihre eigenen Forderungen und Kampagnen aufstellt, und sich zutraut, ihren eigenen Weg zu gehen und es dabei mit den Reichen und Mächtigen aufnimmt. Wenn du dich dafür einsetzen willst, mach bei der SLP mit!

Erscheint in Zeitungsausgabe: