Schwere Zeiten für Rechtsextreme

Trotz interner Streitereien sind die Rechten gefährlich und müssen aktiv bekämpft werden.
Lukas Kastner

Die Bilder aus dem rechten Eck während der letzten Monate waren v.a. von Corona-Demos geprägt. Bei den großen Demos in Wien, aber auch in den ländlichen Bezirken (z.B. Vöcklabruck) tummelten sich neben FPÖler*innen auch Identitäre und Alt-Nazis. Zu Recht wird der Rechtsextremismus als Bedrohung angesehen, v.a. die FPÖ stellt eine Gefahr dar. In aktuellen Umfragen liegt sie bei 15-19%. Vom wachsenden Unmut über Kurz & Co. kann sie nur wenig profitieren. Aber: Sie hat sich auf hohem Niveau stabilisiert und verfügt über einen nicht zu unterschätzenden ideologisch gefestigteren Kern. Besonders besorgniserregend ist ihre Unterstützung in der Polizei. 

Doch die Rechtsextremen befinden sich auch in einer Krise. Mit Corona und Wirtschaftskrise ist das „Flüchtlingsthema“ in den Hintergrund gerückt. Mit der Coronaleugnung kann die Mehrheit der Bevälkerung nichts anfangen. Die Corona-Demos verlieren und v.a. unter der Jugend schwindet der FPÖ-Einfluss. All das führt zu internen Spaltereien. Der Rücktritt Hofers wird vermutlich zu einer Stärkung Kickls und einem weiteren Rechtsruck führen. Dadurch wird die FPÖ für das Kapital unberechenbarer und eine Regierungsbeteiligung noch unwahrscheinlicher. Dadurch wird es zu Konflikten mit Karrierist*innen (wie Haimbuchner) kommen. Selbst eine Spaltung ist nicht auszuschließen! Doch hat die Geschichte gezeigt: Ein Hoffen auf eine Selbstvernichtung der FPÖ ist vergebens, solange eine rechte Scheinopposition vom kapitalistischen Elend profitieren kann. Die weitere Radikalisierung von Teilen der rechten Szene bis hin zu gewalttätigen Übergriffen stellt eine echte Gefahr dar!

Die Massenproteste von Black Lives Matter und Fridays for Future, die Proteste gegen die MAN-Schließung und im Sozialbereich sind weit größer. Die Politik der Rechten ist es, die die Arbeiter*innenklasse spaltet. Insbesondere vor dem Hintergrund der Covid-Krise müssen wir ihre rassistischen, sexistischen und homophoben Angriffe in Verbindung mit dem Kampf für tatsächliche Verbesserungen für Arbeiter*innen bekämpfen. 

Schwächer aber gefährlicher

Die Corona-Demos bekamen zwischenzeitlich einen starken Zuwachs, befinden sich jedoch wieder im Abwärtstrend. Waren am 31. Jänner noch rund 10.000 auf der Straße, sind es im Mai nur noch wenige hundert. Auch auf dem Land gehen die Märsche zurück. Somit schmelzen die Proteste wieder auf ihren Kern von Rechtsextremen und Verschwörungstheoretiker*innen zusammen, die sich aber zunehmend radikalisieren.

Am 3. März wurden die Identitären in ihrem Mutterland Frankreich verboten, das Problem lösen wird das nicht. Auch in Österreich sind ihre Hochzeiten vorbei. So konnten sie bei ihrer Kundgebung am 8. Mai in Wien-Ottakring nur 80 Leute versammeln und standen hunderten Antifaschist*innen gegenüber. Solche antifaschistischen Gegenmobilisierungen – nicht staatliche Verbote – werden sie langfristig schwächen.

War die FPÖ früher die Partei der Jugend, kommen heute die Inhalte der FPÖ beim überwiegenden Teil der Jugend nicht an. Laut einer Langzeitstudie sehen 80% Klima, 69% die Kluft zwischen Arm und Reich und 63% den Einsatz für Menschenrechte beim Thema Asyl als wichtigste Themen. Jugendliche gehen mit Fridays for Future und Black Lives Matter auf die Straße, die FPÖ-Jugendorganisationen sind kaum existent.

Bei den letzten Personalvertretungswahlen bei der Polizei 2019 erhielt die FPÖ knapp 22%. Im Wahlsprengel 44 in Ottakring – einem Polizeibau – schafft sie regelmäßig 2/3 Mehrheiten, besonders stark bei Cobra und im Asylwesen. Zufall, dass Demos von Rechtsextremen unbehelligt stattfinden dürfen, während Linke niedergeknüppelt werden? Auf jeden Fall eine reale Gefahr, v.a. für Migrant*innen.

Der rechte Rand (von Katja)

Wegen Sperren auf anderen sozialen Medien weichen diverse Rechte auf Telegram aus, wo sie große Plattformen aufbauen und so Tausende gleichzeitig erreichen. Laut deutscher Tagesschau ist „Frank der Reisende“ (mit „bürgerlichem Namen Frank Schreibmüller) an bis zu 4.000, v.a. rechten Telegrammgruppen beteiligt. Die selben Menschen, die sich über angebliche „Parallelgesellschaften“ von Migrant*innen aufregen, versinken hier in einer Bubble, wo sie sich ungefiltert und weitgehend ohne Moderation gegenseitig in ihren rechtsextremen Ideen und Verschwörungsmythen bestärken. Der Journalist Bonvalot berichtet: „Viele führende Köpfe der Szene haben eigene Kanäle. Neben Rutter etwa Identitären-Gesicht Martin Sellner, Busunternehmer Alexander Ehrlich („HonkforHope“) oder Verschwörungsideologin Jennifer Klauninger.“

Dass selbst der Präsident des Verfassungsschutzes in Thüringen Frank Schreibmüller, der aus der Reichsbürgerecke kommt, als rechtsextrem bezeichnet, ist auf Aussagen wie „Der Holocaust hat nicht so stattgefunden, wie man ihn uns weißmachen will." zurückzuführen. Fotos von seiner Teilnahme an einer Neonazi-Demo kommentiert er mit „Eine sehr angenehme Form des Spaziergangs.“

Frank Schreibmüller ist „der Reisende“, weil er keinen festen Wohnsitz hat, seine bisherigen wirtschaftlichen Projekte im Bereich EDV und Gastronomie sind gescheitert. Dafür betreibt er auch eine Spendengruppe für „Patrioten in Not“. Diese folgte einem ähnlichen Aufruf, dessen Nutznießer*innen waren keine geringeren als Frank Schreibmüller und seine Mutter….

 

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