Südafrika: Zeit für was Neues!

Die politische Landschaft in Südafrika ist vor den Wahlen 2014 im Umbruch.
Sean Figg, CWI-Südafrika

Die Bergbau-Streikwelle 2012 mit dem Marikana-Massaker war der Auftakt einer neuen Phase des Klassenkampfes in Südafrika. Nun hat ein Sonderkongress der MetallarbeiterInnen-Gewerkschaft NUMSA entschieden, dem regierenden African National Congress (ANC) die Unterstützung zu entziehen. Zusammen mit der Entstehung der 'Workers and Socialist Party' (WASP) und den Wahlen im Frühjahr 2014 wird sich die politische Landschaft in Südafrika entscheidend verändern.

Die Abwendung der ArbeiterInnenklasse vom ANC, der in den 80ern für den Befreiungskampf der unterdrückten schwarzen ArbeiterInnenmassen stand, hat schon vor längerem begonnen. Der ANC hat sich nach '94 mit dem Kapitalismus arrangiert und dessen Fortbestand gesichert. Arbeitslosigkeit und Armut haben sich unter der ANC-Regierung verschlimmert. Die soziale Ungleichheit ist im internationalen Vergleich rekordverdächtig. 12 Mio. Menschen gehen hungrig zu Bett. Im Unterschied zu vor '94 gibt es jetzt auch schwarze KapitalistInnen. Die heutige Apartheid ist eine soziale.

In Marikana haben die ANC-Regierung, Berbau-Bosse und die Führung der alten Gewerkschaft NUM bei der Erschießung von 34 streikenden Bergleuten zusammengearbeitet. Daher hat das Democratic Socialist Movement (DSM, CWI in Südafrika) gemeinsam mit den Streikkomitees der Bergleute im Dezember 2012 die Gründung der WASP beschlossen. Das Nationale Streikkomitee, das am Höhepunkt des Streiks mehr als 150.000 'Miners' repräsentierte, unterstützt wie viele andere die WASP.

Der Bergbau bleibt ein Pulverfass. Nach einer Kampfpause Anfang 2013 haben die Bergleute in der zweiten Jahreshälfte wieder und wieder gestreikt. Und die Streiks werden 2014 weiter gehen. Die sogenannte „Tripartite Alliance“ aus ANC, KP (SACP) und dem Gewerkschaftsbund COSATU kann ihre inneren Widersprüche nicht mehr überbrücken. In fast allen Teilgewerkschaften von Cosatu kommt es zu Spaltungen. Es entsteht eine neue Generation unabhängiger Gewerkschaften. Cosatus größte Teilgewerkschaft NUMSA, die sich selbst als „revolutionäre Gewerkschaft“ beschreibt, kämpft für einen Sonderkongress von Cosatu. Die ANC-nahe Führung will diesen erst nach den Wahlen 2014 abhalten. Daher hat NUMSA ihren eigenen Sonderkongress Ende 2013 durchgeführt. NUMSA sieht so wie DSM das Marikana-Massaker als Wendepunkt und wird den ANC nicht mehr finanziell unterstützen. Sie hat auch alle Verbindungen mit der SACP gekappt und ruft dazu auf, dass Cosatu das Bündnis mit ANC und SACP beendet.

Noch vermeidet NUMSA es, eine alternative Partei zu unterstützen. Aber das soll nicht über die Dramatik der Entscheidungen des Sonderkongresses hinwegtäuschen. Aufgrund der Größe des politischen Vakuums ist die WASP nicht die einzige neue Kraft links des ANC. Julius Malema, ehemaliger Präsident der ANC-Jugendliga, hat jüngst die 'Economic Freedom Fighters' (EFF) gegründet. Er stützt sich auf arme schwarze Jugendliche, die Armen in den Städten, aber auch auf privilegiertere Schichten, die vom ANC frustriert sind. Die EFF haben ein linkspopulistisches Programm mit Landreform (Modell Zimbabwe) und Staatsintervention (Modell China). Malemas Verbindungen und die Ressourcen eines Teiles der neuen schwarzen Elite haben ihm raschen Erfolg gebracht. Die EFF hat ein beschränktes Programm. Doch aufgrund seines Populismus sind für Teile der ArbeiterInnenjugend die Unterschiede zwischen EFF und WASP nicht klar. Die Einheit gegen die ANC-Regierung sollte daher über den Differenzen der linken Kräfte stehen. Leider haben die EFF den Vorschlag der WASP für eine Zusammenarbeit in Form einer Wahlplattform (bei Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit der einzelnen Organisationen) abgelehnt. Unter organisierten ArbeiterInnen werden die EFF mit Vorsicht gesehen. Der NUMSA-Sonderkongress hat sie abgelehnt. Doch angesichts des wachsenden Hasses auf den ANC könnten die EFF Stimmen von ArbeiterInnen anziehen, die dem ANC eine Niederlage zufügen wollen.

Die Wahl 2014 wird die am heißesten umkämpfte seit dem Ende der Apartheid. Es wird die erste Wahl sein, wo die nach 1994 Geborenen wählen dürfen. Es ist möglich, dass der ANC unter die 50 %-Marke fällt. Die KapitalistInnenklasse plant bereits für ein solches Szenario. Die traditionelle Partei der Weißen, die Demokratische Allianz (DA), versucht sich ein "schwarzes Gesicht" zu geben, um an die schwarze Bevölkerung zu appellieren. Zusätzlich hat Weltbankmanagerin und Ex-Befreiungskämpferin Mamphela Ramphele "Agang SA" gegründet. Ein Zerbrechen der Tripartite Alliance kann auch zu einer Koalition der DA mit Agang und Teilen des ANC als neue sichere Regierung des Kapitals führen.

Der Pfad in Richtung politische Unabhängigkeit der ArbeiterInnenklasse wurde mit der WASP-Gründung sowie der Entscheidung der NUMSA erstmals betreten. Die WASP wird in diesem Prozess zentral bleiben. Sie wird mit allen Kräften zusammenarbeiten, die wirklich für die Interessen der ArbeiterInnenklasse kämpfen wollen.

http://www.socialistsouthafrica.co.za/

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