Rote Seitenblicke - Muttertag

Pablo Hörtner

Der Muttertag stellt heute eher eine Verhöhnung als eine Würdigung für all jene dar, die von der dreifachen Belastung der kapitalistischen Ausbeutung durch Lohnarbeit, unbezahlte Hausarbeit und Kinderbetreuung betroffen sind. Heuchlerisch ist daher auch die Aussage von SPÖ-Frauenministerin Heinisch-Hosek, der Muttertag sei „überholt und konservativ“. Schließlich ist sie selbst Teil der Regierung und hat bisher all die unsozialen Maßnahmen gegen Frauen mitbeschlossen.

Dass der Muttertag eine Erfindung des deutschen Blumenhandels gewesen sei oder erst unter Hitler zum Feiertag wurde, ist hingegen ein Mythos. Tatsache ist, dass der Mutterkult im Deutschland der Zwischenkriegszeit in allen politischen Lagern der Weimarer Republik weit verbreitet war. „Gebärfreudige Mütter“ wurden in den 1920er und 30er Jahren auf Grund der niedrigen Geburtenrate in ganz Europa geehrt; meist mit einer völkischen, also nationalistischen und rassistischen Rhetorik versehen. Auf dieser Welle konnten sowohl Floristenverband als auch NS-Regime mitschwimmen.

In Österreich wurde der Muttertag auf Betreiben der Frauenrechtlerin und Friedensaktivistin Marianne Hainisch 1924 zum offiziellen Feiertag – also lange vor der Machtergreifung der Nazis 1938. In den USA ist der Muttertag seit 1914 nationaler Feiertag. Er ist zwar eine „bürgerliche“ Erfindung, doch mit einer ursprünglich stark proletarischen, antimilitaristischen und feministischen Note. Davon ist heute aber nichts übrig geblieben...

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: