Mo 06.01.2014
Die Situation ist anders als im Österreich der 1990er: Es ging um ein Klimt-Bild (Bloch-Bauer) und die Rückgabe aus staatlichem Besitz an Private. Manche beklagten den gesellschaftlichen Verlust wichtiger Kunstwerke. Doch an Kommerzialisierung und Privatisierung ist nicht Restitution schuld, sondern der kapitalistische Kunstmarkt. Wir SozialistInnen stehen für freien Zugang der Öffentlichkeit zur Kunst. Nur AntisemitInnen können schlussfolgern, dass jedes wertvolle Bild, welches JüdInnen gehört, zu enteignen sei bzw. man Nazi-Verbrechen damit rechtfertigt.
Viele Restitutionen betreffen keine ultra-teuren Meisterwerke. Und entgegen einem antisemitischen Vorurteil ist die Mehrzahl der jüdischen NS-Opfer nicht reich. Entschädigungen sind gerecht und nötig. Erwähnt sei der „Mauerbach-Bestand“: Über 1.200 „herrenlose“ Werke eignete sich der Staat in den 70ern gegen einen lächerlich niedrigen Betrag an, nachdem sie Jahrzehnte verborgen vor sich hin alterten. Aufgrund großen öffentlichen Drucks erhielt 1995 die Israelitische Kultusgemeinde die Eigentumsrechte. Aus den Auktionserlösen konnten weltweit bedürftige Überlebende des Holocaust unterstützt werden.
Unser Anspruch lautet: Demokratisch verwaltetes gesellschaftliches Eigentum ist die bessere Sachwalterin für das Weltkulturerbe als der kapitalistische Markt. Eine konsequente Restitutionspolitik steht dazu nicht im Widerspruch. Ein ernsthaftes Bemühen um den Erhalt von Kunst für die Öffentlichkeit bedeutet: Den ursprünglichen EigentümerInnen bzw. deren ErbInnen kann im Fall bedeutender Exponate ein Angebot unterbreitet werden, das (ohne weitere Verzögerungen) materiell und auch ideell angemessene Entschädigung leistet, und gleichzeitig die Kunstwerke im öffentlich zugänglichen Raum hält (oder dorthin bringt). Wird das Angebot abgelehnt, ist dies eben so. Am besten könnte solch ein Vorgang mit einer weiteren Aufarbeitung der Geschichte verbunden werden. Einer Geschichte von Verfolgung, Raub und Vernichtung durch das NS-Regime sowie dem skandalösen Umgang damit im Nachkriegs-Österreich.