Resolution des SOV-Bundesvorstandes zum Wahljahr 1999

Tritt die SOV an?

Kandidieren im Superwahljahr 1999?

  1. Kristallisationspunkte politischer Auseinandersetzungen, werden im Jahr 1999 vor allem in den Wahlgängen auf den unterschiedlichsten Ebenen bestehen. Niedrige Wahlbeteiligung und ein hoher Proteststimmenanteil bleiben ein wichtiges Element, das Fehlen einer starken linken Alternative allerdings das Wichtigste. Das Nichtvorhandenseins einer solchen Kraft, bedeutet, daß mit der FPÖ weiter zu rechnen ist. Die Regierung betreibt in vielen Punkten selbst jene Politik, die die FPÖ fordert und schafft dadurch gleichzeitig für die FPÖ immer wieder neue Ansätze und Möglichkeiten „zu punkten“.
  2. Im Zentrum dieser Entwicklung steht die SPÖ selbst, die sich „zur besseren“ bürgerlichen Partei gewandelt hat und nichts mehr mit der Sozialdemokratie der z.B. 70er Jahre gemeinsam hat. Dieser Umstand, kombiniert mit der Sackgasse in der die „Sozialpartnerschaftspolitik“ des ÖGB  geführt hat ist ein wesentlicher Grund dafür, daß die FPÖ selbst in der „Rosenstingl-Ära“ weiter punkten kann. Die Grünen haben eine Entwicklung durchgemacht, die sich in Kärnten gut ausdrückt: Das dortige gemeinsame Antreten mit den Liberalen in Kärnten, zeigt die ideologische Nähe die bei diesen Strömungen inzwischen besteht.
  3. Eine kämpferische, linke Alternative müßte bei den wachsenden sozialen Widersprüchen und der breiten Ablehnung des politischen Systems durch immer mehr ArbeitnehmerInnen, Frauen, MigrantInnen und Jugendliche ansetzen. Wir sind der Meinung, daß der Aufbau einer neuen internationalen sozialistischen Bewegung dringend notwendig geworden ist. Eine solche Alternative, bzw. Ansätze dafür, haben auch die Verantwortung sich Wahlen zu stellen.
  4. Die SOV hat ihre Bereitschaft ein linkes Wahlbündnis mit zu initiieren klar erklärt. Als einzige Kraft hat die KPÖ darauf reagiert, allerdings insofern abschlägig, als sie gegenüber einer gemeinsamen Kandidatur von KPÖ und SOV in jedem Fall die Eigenkandidatur vorzieht und auch im Falle einer breiteren bündnispolitischen Variante auf den Listennamen KPÖ (mit einem Zusatz) besteht. Die KPÖ verunmöglicht so jedes Wahlprojekt – das ist insofern schade, weil wir viele KPÖ–GenossInnen kennen, die ein solches begrüßen würden.
  5. Die KPÖ wird so ihrer Verantwortung, eine linke Alternative aufzubauen, in vielen Punkte nicht gerecht und wir sehen auch den politischen Hintergrund dafür: In drei wesentlichen Fragen setzt sie strategisch auf falsche/fiktive Bündnispartner: Im Kampf gegen EURO/Maastricht–Sozialabbau argumentiert sie nationalistisch gefärbt, im Kampf um Arbeitszeitverkürzung lehnt sie sich an das Flexibilisierungsmodell der französischen Regierung an und in der Frauenpolitik unterzeichnete sie die gemeinsame Charta nicht nur mit SPÖ und Grünen, sondern auch mit LIF und ÖVP. Tatsächlich isoliert diese Politik die KPÖ selbst und die Linke im Allgemeinen dadurch, daß sie ungeeignet ist, die Basis  für eine kämpferische Opposition zu schaffen. Dramatisch drückt sich diese Isolation dann auch letztlich auf der Wahlebene aus: Einerseits findet die KPÖ de facto keinen Bündnispartner in den oben beschriebenen Politikfeldern, andererseits erhebt die KPÖ trotz alledem im Bereich der Linken einen Alleinvertretungsanspruch. Konkret drückt sich dieser auch in der Ablehnung des KPÖ–Bundesvorstands aus, mit der SOV ein gleichberechtigtes bündnispolitisches Projekt zu versuchen. Das Gesamtergebnis einer solchen Politik sind Wahlkämpfe ohne Dynamik und eine KPÖ ohne Perspektiven.
  6. Unser Selbstverständnis bedeutet in das politische Leben als sozialistische Kraft mit allen – bescheidenen – Mittel einzugreifen – und besteht nicht darin Entwicklungen zu betrauern. Das schließt selbstverständlich auch die Ebene der Wahlen mit ein. Die SOV ist in der Frage der Form des Antretens prinzipiell flexibel: Bündnisse gehören ebenso dazu wie eigenständiges Antreten.
  7. Wir sind der Überzeugung, daß reale gesellschaftliche Veränderungen nicht über Parlamente geschehen, sondern erkämpft werden müssen.Wir denken, daß Linke/SozialistInnen ein Antreten bei Wahlen (und eventuelle Mandate) nur in diesem Sinne nutzen sollten und keinesfalls kapitalistische „Sachzwänge“ als Richtschnur akzeptieren können. Wir denken, daß Linke und SozialistInnen bei bestehenden Bewegungen und Kämpfen ansetzen sollten und den Anspruch einer grundsätzlichen Gesellschaftsveränderung auch in ihrem Auftreten deutlich machen müssen. In diesem Zusammenhang betrachten wir z.B. unsere Forderung „Facharbeiterlohn für Funktionäre“ als hochaktuell.
  8. Die SOV diskutiert aus all diesen Gründen eine Eigenkandidatur im Superwahljahr 1999. Doch selbst die einzig irgendwie realistische Variante – ein Antreten im Wahlkreis Wien bei den Nationalratswahlen – würde eine ungeheure politische und organisatorische Kraftanstrengung bedeuten. Wenn wir antreten, dann ginge es rein darum ein Signal für die Handlungsfähigkeit von SozialistInnen zu setzen – das reale Stimmenergebnis wäre völlig unerheblich. Eine wesentliche Hürde würde bereits im Aufbringen der 500 notwendigen, beglaubigten (!) Unterschriften bestehen.

Entscheidend in unserer Positionsfindung wird auch die Meinung unserer SympathisantInnen und LeserInnen sein, die wir auffordern sich schriftlich, mündlich oder telefonisch in diesen Prozeß aktiv mit einzuschalten.

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