Mit Sicherheit nicht für UNSERE Sicherheit

Severin Berger

“Neu beschlossene Lehrpläne für Volksschule und Unterstufen setzen einen Fokus auf umfassende Landesverteidigung und das österreichische Bundesheer” - das stand Anfang 2023 in vielen österreichischen Zeitungen. Die angebliche “Neutralität” Österreichs nimmt für die herrschende Politik mit zunehmender Militarisierung Europas immer weiter an Wichtigkeit ab.

Nicht erst seit dem Ukraine-Krieg stecken die bürgerlichen Demokratien Europas in tiefen Krisen, sowohl wirtschaftlich als auch politisch. Diese Krisen machen es für die jeweiligen herrschenden Klassen notwendig, weiter einzugreifen, um ihre Machtsphären aufrechtzuerhalten, insbesondere durch die Stärkung des staatlichen Repressionsapparates. Erkennbar an den hohen Investments in die Aufrüstung der eigenen Heere, Polizei etc.. Oft gehen die Investments in Militarismus weit über Finanzielles hinaus, zum Beispiel eben mit der Normalisierung des Heeres als Verteidigungsapparat im neuen österreichischen Lehrplan. Nichts mehr mit Katastrophenschutz oder Impfkampagnen: 3,3 Mrd. Euro sind im kommenden Jahr für Posten wie “aktive Luftraumüberwachung”, “Drohnenabwehr” oder “Präzisionsmunition” vorgesehen. Zum Vergleich: Die dringend notwendige Pflegereform wird 2023 mit nicht ganz 850 Mio. dotiert.

Grenzen: Für Menschen, nicht für Macht

Das Einflussgebiet des österreichischen Kapitals geht weit über die Landesgrenzen hinaus, so z.B. hat Österreich insbesondere in Südosteuropa einen wichtigen regional-imperialistischen Charakter. Der Ukraine-Krieg hat natürlich auch Auswirkung auf die Balkanländer, wo China und Russland schon lange vorher begonnen haben, ihre wirtschaftliche Involvierung zu erweitern und wollen diese trotz der Konflikte mit westlichen Mächten weiter halten.

In Ländern wie Slowenien oder Kroatien kommen mehr als 20% der Investitionen aus Österreich, das fast überall in Mittel- und Osteuropa als Direktinvestor auf den vordersten Plätzen ist. Es ist wenig überraschend, dass Nehammer angekündigt hat, eine erhöhte österreichische Truppenpräsenz dort zu unterstützen. Vermeintlich zur “Normalisierung der staatlichen Beziehungen”, natürlich aber ist die Stabilität in der Region in erster Linie wichtig, um die Investitionen österreichischer Firmen zu sichern. Genauso wie dort zielt auch im eigenen Land die Stärkung des Heeres und der Polizei darauf ab, im Notfall damit gegen “Feinde” des Kapitals aufzufahren, wie z.B. in Britannien, wo im Dezember überlegt wurde, das Militär gegen die Auswirkungen der Streikwelle einzusetzen oder wenn über Klimaaktivist*innen immer härtere Gefängnisstrafen verhängt werden.

Die Sicherung der eigenen Kapitalinteressen ist auch Teil des sich immer weiter aufheizenden Konfliktes zwischen den großen imperialistischen Blöcken - China mit Russland auf der einen Seite, USA mit EU auf der anderen. Die Blockbildung schreitet, mit allen Widersprüchen, voran - ähnlich wie im Kalten Krieg nach ‘45 dient das Aufrüsten auch zur “Einschüchterung” im imperialistischen Machtspiel. Österreich wird dabei, früher oder später auch aufgrund budgetärer Grenzen, den internationalen militärischen Rückstand durch eine Annäherung an Bündnisse wie NATO kompensieren müssen.

Sicherheit gewährleisten, aber welche?

Den Krieg in der Ukraine vor Augen sorgen sich Menschen zum Teil zurecht um Themen wie "Sicherheit", doch oftmals wird dieser Begriff ausschließlich im Kontext von militärischer Sicherheit verwendet. Jedoch ist für den Großteil der Bevölkerung tatsächlich die soziale Sicherheit das viel Entscheidendere im tagtäglichen Leben - also genau der Bereich, der jetzt, wieder mal, zugunsten der Aufrüstung zurückstecken muss.

 

Info:

Nicht nur Österreich nimmt große Summen in die Hand, in Europa gibt es momentan fast ein “Rennen” um Aufrüstung. Bekanntlich wurde in Deutschland letztes Jahr eine Erhöhung des Bundeswehrbudgets um 100 Milliarden Euro durchgewunken: Alles, von Kampfflugzeugen, Marine-Raketen bis Schützenpanzern ist dabei.

Schweden will künftig 64% mehr, 12 Milliarden pro Jahr, fürs Militär ausgeben und hat, wie auch Finnland, angekündigt, NATO-Mitglied werden zu wollen. Frankreich plant um fast ein Drittel höhere Verteidigungsausgaben, Polen verzweieinhalbfacht sie sogar. 

Alle NATO-Mitgliedsstaaten müssen bald ihre Heeresausgaben auf mindestens 2% des BIP erhöhen, möglicherweise sogar mehr. Statt der international profitierenden Rüstungsindustrie zahlt jedoch die Bevölkerung durch soziales Kaputtsparen dafür.

 

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