Metallerlohnrunde: Flexibilisierung

Stefan Kerl

Der am 20. Oktober beschlossene Metall-Bergbau-Energie-Lohnabschluß bringt eine Erhöhung der Kollektivvertragslöhne um 2,7 % und der Ist-Löhne um 1,9 %. Bei einer Inflationsrate von heuer 1,4 % schaut das auf den ersten Blick wie ein Erfolg aus.
Als solcher wurde er von der Gewerkschaftsführung auch verkauft. Vergessen wird aber, daß der Berechnungsmodus der Inflationsrate zu Anfang des Jahres extra geändert wurde. Die tatsächliche Kaufkraftentwertung - nach altem Schema - liegt jenseits der Zweiprozentmarke. Insofern stellt also die Erhöhung der Ist-Löhne um nur 1,9 % ein bescheidenes Ergebnis, wenn nicht sogar einen Reallohnverlust dar - bei gleichzeitig steigenden Gewinnen. Den Firmen geht es heute so gut wie noch nie; die Wettbewerbsfähigkeit ist im internationalen Vergleich die beste seit 37 Jahren, und die Lohnstückkosten sind ebenfalls gesunken. Trotzdem bezeichnet Günther Steindl, der Zentraljugendsekretär der Gewerkschaft MBE, den Abschluß als “akzeptablen Kompromiß”.
Weiters wurde eine Flexibilität bei den Ist-Löhnen in der Industrie beschlossen. 0,5 % der Lohnsumme können die Betriebe individuell an “besonders Tüchtige” verteilen, wenn eine Betriebsvereinbarung zustande kommt. Für eine Betriebsvereinbarung muß es aber einen Betriebsrat geben, der dann wohl bei der Entscheidung wer „fleißig“ oder „faul“ ist, mitreden darf: ein totsicheres Mittel zur Entsolidarisierung.  Die Medien loben die Flexibilisierung als Durchbruch und den richtigen Weg zu mehr Autonomie. Diese Regelung kann auch dazu führen, daß ältere ArbeitnehmerInnen, die ihre Jugend und Gesundheit oft schon dem Betrieb geopfert haben und daher nicht mehr so “tüchtig” sein können, weniger bekommen als die Jungen.
Auch für die Lehrlinge im Metallgewerbe wurde eine Verschlechterung beschlossen. Lehrlinge, die aufgrund nicht genügender Leistungen (nicht aber wegen Krankheit) nicht in die nächst höhere Schulstufe aufsteigen können, bekommen im darauffolgenden Lehrjahr nur die Lehrlingsentschädigung in der Höhe des abgelaufenen Lehrjahres. “Das war eine Arbeitgeberforderung. Die Unternehmer hätten keinem Abschluß zugestimmt, wenn sie nicht die obige Regelung zugestanden bekommen hätten”, rechtfertigt Günther Steindl die Zustimmung der Gewerkschaft, fügt aber hinzu: “Die Unternehmer haben in Wirklichkeit kein Interesse an einer guten Ausbildung der Lehrlinge, die Beschäftigung steht im Vordergrund.”
Alles in allem ein Beispiel mehr, daß “diese sogenannte “Sozialpartnerschaft” immer zu Gunsten der Unternehmer ausgeht”, wie es Helmut Edlinger, GLB-Betriebsrat bei der VA-Stahl in Donawitz, ausdrückt.

Erscheint in Zeitungsausgabe: