8. März: Protest zum Streik machen

Interview mit Irene Mötzl, Betriebsrätin der Basisinitiative “be-wsw” beim Wohnservice Wien sowie ISA- und ROSA-Aktivistin

Ihr habt heuer am 8. März in Wien gemeinsam mit mehreren Betriebsrät*innen und Gruppen zu Betriebsversammlungen aufgerufen - was ist genau geplant und was sind die Forderungen?

Konkret geplant ist eine Kundgebung: einige der beteiligten Betriebsratsgremien - wie von “Bildung im Mittelpunkt” (Freizeitpädagogik), Diakonie Flüchtlingsdienst, GIN (Behindertenbereich), FSW Obdach, 9er Haus, die Sucht- und Drogenkoordination und andere - halten gleichzeitig vor Ort eine Betriebsversammlung im öffentlichen Raum mit ihren Kolleg*innen ab. 

Mittelfristiges Ziel ist es, den 8. März als Kampftag für feministische Forderungen auch wieder in die Betriebe zu bringen - wo er seinen Ursprung hat und wo auch sehr viel Kampfkraft liegt. Die zentralen Forderungen sind eine Arbeitszeitverkürzung auf 30 Stunden bei vollem Lohn- und Personalausgleich und eine Anhebung der Löhne im Care-Bereich. Damit hängen Fragen von gleicher Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, Unabhängigkeit bzw. einem Leben frei von Partnergewalt eng zusammen. Zudem trifft es Frauen doppelt und dreifach, wenn der Care-Sektor kaputtgespart wird: als Beschäftigte durch schlechte Löhne und Arbeitsbedingungen; als Angehörige, die Pflege, Betreuung und Bildung übernehmen müssen, weil es das System nicht mehr schafft; und als Betroffene selbst, wenn sie durch fehlende Ressourcen an Bildungschancen verlieren oder keine ausreichende medizinische oder psychosoziale Versorgung bekommen. 

Freizeitpädagogik, SWÖ, Kindergärten - Was sind die zentralen Lehren aus den jüngsten Streik- und Protestbewegungen im Care-Bereich?

Wir haben gesehen, dass Kämpfe möglich sind. Die Kolleg*innen sehen oft keine andere Möglichkeit mehr, als auf die Straße oder in den Streik zu gehen. Aber wir wissen auch, dass als bloße Warnstreiks angelegte Aktionen nicht reichen. Es braucht Eskalationsstrategien und entschlossene Streiks, um die Verantwortlichen zu einer Ausfinanzierung des Bereiches zu zwingen. Durch Organisierung der Beschäftigten innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften müssen wir diese zum Handeln zwingen. Und wir haben gesehen, dass die Solidarität mit den Beschäftigten sehr groß ist. Das ist eine doppelte Stärke, weil es die Menschen, die für eine Ausfinanzierung kämpfen, vervielfacht. Und wir müssen die Kämpfe weiter verbinden. Es ist großartig, wenn die Freizeitpädagog*innen gemeinsam mit den Elementarpädagog*innen auf die Straße gehen. Aber es braucht auch die Lehrkräfte und die Beschäftigten aus dem Gesundheits-, Pflege- und dem Sozialbereich auf der Straße - als Beginn…

Was braucht es für einen umfassenden, bundesweiten, feministischen Streik am 8. März 2025?

Die gemeinsamen Betriebsversammlungen im öffentlichen Raum sind ein sehr guter Anfang. Es könnte sehr leicht gehen, wenn wir demokratische kämpferische Gewerkschaften hätten. Ohne die Gewerkschaften aus der Pflicht zu nehmen, müssen wir aber sehen, dass wir uns selbst organisieren werden müssen. Der Care-Bereich ist ein guter Anfang. Wenn wir es schaffen, in den nächsten Jahren immer mehr Betriebe auf die Straße zu bekommen, wird es auch gelingen, in einzelnen Betrieben am 8. März zu streiken. Für den Anfang ist das Wichtigste, den 8. März als gewerkschaftlichen Kampftag zu etablieren. Ab dem 9. März 2024 müssen wir für den 8. März 2025 mobilisieren. Z.B. bei Kämpfen im Rahmen der Kollektivvertragsverhandlungen.

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