Marx aktuell: Was ist der Preis einer Ware?

Severin Berger

Diese Frage mag auf den ersten Blick relativ simpel wirken, bis man anfängt, wirklich darüber nachzudenken. Karl Marx hat sich bereits im Jahr 1865 in einem Vortrag, welcher heute als “Lohn, Preis und Profit” bekannt ist, damit beschäftigt. 

Was bezeichnen wir als “Preis”? Nach Marx verstehen wir unter dem Preis den Geldausdruck des Werts, heißt den Wert einer Ware ausgedrückt in einer bestimmten Menge an Geld. Mit dieser Definition haben wir nun den zusätzlichen Begriff vom “Wert einer Ware” aufgebracht. Meistens denkt man dabei an den relativen Wert einer Ware im Vergleich zu einer anderen Ware, also ein Tauschwert (Austausch einer Ware gegen beliebige andere Waren). Wir müssen es irgendwie schaffen, diesen Tauschwert auf einen Ausdruck zu vereinheitlichen. Marx schafft dies mit der “gesellschaftlich notwendigen Arbeit” - die Arbeit, die in die Produktion der Ware geflossen ist, inklusive der Arbeit, die in die Produktion der Ware Arbeitskraft und in die Produktion der Rohstoffe und Produktionsmittel (Maschinen) geflossen ist.

Der Wert einer Ware ist also die gesamte in ihr enthaltene Menge von Arbeit. Hierbei gilt dann die “gesellschaftlich notwendige", die durchschnittliche Menge an Arbeit als Richtwert für eine bestimmte Ware - diese kann z.B. durch neue Technologien niedriger werden.

Die für die Zusammensetzung des Preises besonders wichtige Ware ist die Arbeitskraft - jede arbeitende Person verkauft nicht ihre Arbeit, sondern ihre Arbeitskraft an Kapitalist*innen. Diese Arbeitskraft hat wie jede andere Ware einen Wert, eine bestimmte Menge an Arbeit, die zu ihrer (Re-)Produktion notwendig ist. Die Arbeitskraft eines Menschen kann nur solange zur Verfügung stehen, wie der Mensch selbst lebt und “funktioniert” und der Wert setzt sich daher aus dem Wert aller Waren, die zum Erhalt der Arbeitskraft, inklusive einer nächsten Generation an Arbeiter*innen, notwendig sind, zusammen. 

Eine Arbeiter*in stellt nun an einem Arbeitstag normalerweise mehr Wert her als die Arbeitskraft die Kapitalist*innen kostet, also mehr als die Kosten, die zur Reproduktion notwendig sind. Marx spricht hier vom Mehrwert, dem Wert, den die arbeitende Person mehr herstellt als sie Lohn bekommt. Dieser Mehrwert wird von Kapitalist*innen als Rente, Zins oder Profit an sich genommen, teilweise investiert, teilweise konsumiert, teilweise verprasst.

Oft werden Angebot und Nachfrage für den Preis einer Ware verantwortlich gemacht. Wie wir allerdings durch die Definitionen von Preis und Wert sehen, sind die Produktionskosten (in Arbeitsquantum) die wahre Quelle. Verändern sich die gesellschaftlich notwendigen Arbeitsmengen, die für die einzelnen Schritte, die bis zur Endware notwendig sind, so verändert sich der Wert dieser und damit auch der Preis. Was bleibt: Die Lohn-Preis-Spirale ist ein Märchen.

 

Zum Weiterlesen

Allen interessierten Leser*innen ist die Broschüre “Lohn, Preis, Profit” von Karl Marx zu empfehlen. Viele der komplexen Begriffe werden darin durch gut gewählte Beispiele um einiges greifbarer.

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