Klassenkampf ist (auch) in den USA zu Hause

Wieder wird in den USA durch das Aufkeimen einer starken Protestwelle gegen das im Kongress debattierte Immigrationsgesetz deutlich wie sehr der Begriff Klassenkampf in der Geschichte der USA verwurzelt ist.
Jasmin Standhartinger

Die amerikanische ArbeiterInnenbewegung hat sehr kämpferische Traditionen. Minneapolis und die große Depression 1934: Entlassungen, weniger Geld für mehr Arbeit und einer der größten Kämpfe der US-Geschichte: Der “Teamsters-Strike”. Angeführt von SozialistInnen, kam es nicht nur in der Industrie und im Transportwesen zum völligen Stillstand, sondern wurden auch die Stimmen von Arbeitslosen, Immigranten und Frauen der ganzen Region immer lauter. Nach einem zweimonatigen Kampf für eine deutliche Verbesserung des Lebensstandards, wurde ein vollständiger Sieg erreicht. Ebenso gehören zu diesen kämpferischen, oft erfolgreichen Traditionen in den USA: Das Civil Rights Movement, die Bewegung um Malcolm X, der Kampf gegen den Vietnam-Krieg, sowie die jüngsten Streiks im Bereich des Gesundheitswesens, der Autoindustrie und der New Yorker U-Bahnen.

Aggressive Methoden der Gegenseite

Nicht nur von Seiten der Bosse, sondern auch der Regierung gibt es immer wieder besonders aggressive Methoden zur Abwehr der Proteste. Die  Illegalisierung eines Streiks im öffentlichen Dienst und auch eine massive Hetze der Medien gegen Aufstände sind übliche Methoden - ebenso wie Gewalt gegen GewerkschafterInnen. Schon zu Teamsters-Zeiten wurde die Citizens Alliance (also rechte “Bürgerwehren”) gemeinsam mit auf Streikbruch spezialisierte Anwälten eingesetzt. Ebenso gibt es eine lange Tradition von Bestechung der Gewerkschaftsführung, aber auch kämpferischer Gewerkschaftsopposition dagegen. Bei den Teamsters konnte schon in den 30er Jahren eine zunächst korrupte Gewerkschaft, durch den Zusammenhalt der ArbeiterInnen, in eine demokratische, kämpferische Gewerkschaftsstruktur umgewandelt werden. Auch heute wird wieder lautstark thematisiert, dass die Gewerkschaftsführungen mit dem politischen Establishment verknüpft ist.

Vor Gewerkschaftsspaltung?

Auch wenn die aktuell mögliche Abspaltung der “Change To Win”-Koalition (CTW) vom Dachverband (AFL-CIO), kritisch zu betrachten ist, wirft sie ein Licht auf die Stimmung an der Basis. Vor allem die ArbeitnehmerInnen des öffentlichen Dienstes,  Supermarkt-Beschäftigte und andere Bereiche sind massiv unzufrieden und wollen an den schlechten Lebensbedingungen und dem allgemein geringem Organsiationsgrad (12.5%) etwas ändern. CTW fordert zwar richtigerweise mehr Ressourcen für die Mitgliedergewinnung einzusetzen und nicht nur die Demokraten finanziell zu unterstützen. Sie wollen aber - als “Alternative” - auch den Republikanern Geld zukommen zu lassen! Unsere US-GenossInnen meinen demgegenüber, dass vor allem ein Kurswechsel notwendig ist: Gewerkschaften müssen die Profitlogik und angebliche Sachzwänge des Kapitalismus in Frage Stellen und jede Unterstützung der beiden Parteien des “Big Business” beenden. Neben einem kämpferischen Kurs, der Erfolge erzielen kann, ist auch eine politische Vertretung in Form einer neuen sozialistischen ArbeiterInnenpartei nötig. Dieser Faktor einer solchen politischen Kraft, hat der US-Bewegung tatsächlich historisch stets gefehlt.

Dritter Teil der Serie “Die andere USA” im Juni: Die Rolle der US-SozialistInnen in der Anti-Kriegsbewegung

Mehr zum Thema: 
Erscheint in Zeitungsausgabe: