Herbstlohnrunde: 8% mehr

8% mehr Lohn ist nötig...und möglich
Herbert Wanko

8 Prozent für mehr Anerkennung, 8 Prozent für mehr Gerechtigkeit  (...) plakatiert die Metallgewerkschaft zur Herbstlohnrunde. Leider handelt sich nur um die deutsche und nicht die österreichische Gewerkschaftsorganisation, die mit dieser Kampagne in die Öffentlichkeit geht.

Am 26. September - zwei Tage vor der Nationalratswahl - trafen sich die Verhandlungsteams von Gewerkschaft (GMTN) und Industrie zu den diesjährigen KV-Verhandlungen der Metaller. Bei diesem ersten Treffen im Haus der Industrie wurden die Forderungen für 178.000 ArbeiterInnen und Angestellte der Metallindustrie übergeben. Wie immer durften die Betroffenen nicht entscheiden, welche Forderungen sie stellen wollen. Sie wurden ja auch nicht gefragt, und konkrete Zahlen wurden auch nicht veröffentlicht. Die SpitzengewerkschafterInnen glauben offenbar ganz alleine zu wissen, was gut für uns ist. Doch warum sind dann die Reallöhne auf bzw. unter dem Niveau von 1991? Und wie will man das ändern, wenn nicht einmal öffentlich eine offensive Forderung erhoben und für diese mobilisiert wird?

Unternehmerseite frech wie nie

Im Gegensatz zur noblen Zurückhaltung der GewerkschafterInnen hat Wirtschaftskammerchef Leitl keine Probleme damit, seine Wünsche darzulegen. Die Forderung nach Lohnabschlüssen unter der Inflationsrate sind - da muss ich ÖGB-Chef Hundstorfer ausnahmsweise einmal zustimmen - eine Frechheit. Das gleiche gilt jedoch auch für die intern kolportierte 4-%-Forderung der Gewerkschaft.

8 % sind nötig

Die GMTN schreibt selbst auf ihrer Homepage, dass die Lohnabschlüsse letztes Jahr tatsächlich einen Reallohnverlust von (mindestens) 0,7 % bedeutet haben! Nimmt man die Inflationsraten der letzten Monate (zwischen 3,7 und 3,9 %) droht jeder Abschluss unter vier bis fünf %, diese negative Entwicklung fortzuschreiben. Angemessene Forderungen wären unserer Meinung nach 8 % Lohnerhöhung und ein Mindestbetrag von 200,- Euro. Damit könnten die Verluste, die den ArbeitnehmerInnen Jahr für Jahr zugefügt wurden, wenigstens ein wenig gemildert werden. Ob die IG Metall diese Forderung in Deutschland wirklich durchsetzen will, scheint aber mehr als fraglich. Denn auch dort gab es in den letzten Jahren viele faule Kompromisse. Es wäre daher eigentlich notwendig, selbst die Forderung  nach 8 % nicht als Verhandlungsbasis, sondern als Untergrenze zu betrachten, für die wir bereit sind zu kämpfen. Gemeinsam - also grenzüberschreitend auf europäischer Ebene - würde das übrigens wesentlich leichter und besser gehen!

8 % sind möglich

Von den KapitalistInnen werden solche Forderungen als überzogen und unrealistisch hingestellt. Zu recht verweisen GewerkschafterInnen auf die niedrigen Lohnstückkosten (also die realen Lohnkosten im Verhältnis zur Produktivität) - sie liegen sowohl in Österreich wie in Deutschland weiter unter dem internationalen Schnitt. Gleichzeitig sind aus Sicht der UnternehmerInnenseite offenbar die Gewinne, die in den letzten Jahren gemacht wurden nicht überzogen. Das selbe gilt offenbar für die explodierenden ManagerInnengehälter, die - unabhängig von der Wirtschaftslage - jährlich im zweistelligen Prozentbereich erhöht werden. Vielmehr verlangen sie von uns, dass wir schon jetzt für die drohende Krise durch niedrige Abschlüsse bezahlen sollen. Wir meinen: Da läuft etwas grundsätzlich falsch! Ob Umverteilung möglich ist und wer für die Krise zahlen muss, ist letztlich eine Frage des Kräfteverhältnisses!
Setzen sich Interessen der Millionäre oder von Millionen ArbeitnehmerInnen durch?
Da wir von den KapitalistInnen bekanntlich nichts geschenkt bekommen, müssen wir für höhere Löhne und Verbesserungen unserer Arbeitssituation kämpfen.
Wir müssen gemeinsam unsere Forderungen diskutieren und beschließen. Wir dürfen es nicht einer Handvoll hochbezahlter GewerkschaftsbürokratInnen und Betriebsratskaiser überlassen, über unsere Köpfe hinweg zu entscheiden und zu verhandeln.
Wir können unsere Forderungen durchsetzen und müssen nicht klein beigeben.
Wir müssen in den Betrieben über die Forderungen und das Verhandlungsergebnis diskutieren und abstimmen.
Jahrzehnte lang wurde immenser Druck auf uns ausgeübt; wurde uns was uns zusteht verweigert und zusätzlich noch da und dort etwas mehr abgezweigt. Es ist an der Zeit, dass wir den Spieß umdrehen und von unserer Seite Druck erzeugen. Gemeinsam haben wir die Macht zu zeigen, dass wir uns stagnierende bzw. sinkende Reallöhne nicht mehr gefallen lassen.

Erscheint in Zeitungsausgabe: