Gratis Öffis sind nötig und möglich

Helga Schröder

Der Verkehr ist einer der größten Klimakiller. Die Lösung ist nicht der elektrische Individualverkehr, sondern ein flächendeckend ausreichender und kostenloser öffentlicher Verkehr. Das haben sogar die Herrschenden erkannt und setzen – beschränkte - Maßnahmen. In verschiedenen Städten, z.B. Tallinn (Estland) und Manchester (Britannien) gibt es in unterschiedlichen Varianten und oft nur eingeschränkt, kostenlosen öffentlichen Verkehr. In Innsbruck und Graz gilt dieser im Wesentlichen für Tourist*innen. In Luxemburg gibt es ab heuer den ersten landesweiten Nulltarif.

Freilich kann das nicht mit einer Politik gelingen, wie sie im aktuellen Regierungsprogramm steht. Im Gegenteil: Mit einer Vermögens- und Reichensteuer sowie einer ordentlichen Besteuerung von Gewinnen großer Unternehmen lässt sich öffentlicher Verkehr finanzieren. Auch ist dieser derzeit kostenintensiv, weil er zum Teil von privaten Unternehmen durchgeführt wird. Auch öffentliche Unternehmen unterliegen dem marktwirtschaftlichen Konkurrenzkampf. Wenn hingegen der öffentliche Verkehr ganz in öffentlicher Hand ist, fällt der Profit weg. Wenn die Verwaltung der Öffis nicht durch ein am Markt orientiertes Management, sondern durch Vertreter*innen der Passagiere – die ja in ihrer überwiegenden Zahl Arbeitnehmer*innen, Jugendliche und Pensionist*innen sind – passiert, dann kann der öffentliche Verkehr flächendeckend ausgebaut werden, ohne auf „Rentabilität“ Rücksicht nehmen zu müssen.

Doch ein von den Klimakillern finanzierter Nulltarif wird von der etablierten Politik nicht kommen, er muss von uns erkämpft werden. Die kommende Wien-Wahl kann dafür genutzt werden. Sehr gut macht das in diese Richtung der von Fridays For Future unterstützte Jugendrat, der u.a. ein gratis Wien-weites Öffi-Ticket fordert.

Eine aktive Kampagne kann Druck machen – denn die Führung der Gewerkschaften darf nicht aus der Verantwortung gelassen werden. Arbeitnehmer*innen, Armutsbetroffene, Jugendliche sind die Leidtragenden der Klimakatastrophe!

 


Scheinlösungen…und Halblösungen

Die Verteuerung für Autos je nach Emissionen bei gleichzeitigem mangelhaften öffentlichen Verkehr schafft keinen Umstieg, sondern nur Ungerechtigkeit. Wer es sich leisten kann, fährt weiter mit dem SUV und wer es sich nicht leisten kann, muss im ländlichen Raum trotzdem weiter mit dem alten Stinker fahren. In die zweitgrößte Stadt des Burgenlandes, Oberwart, fährt seit 2011 kein Zug mehr.

Das geplante „1-2-3-Österreich-Ticket“ könnte (wenn es jemals kommt) ein erster guter Schritt sein, jedoch ohne Streckenausbau im ländlichen Raum bestenfalls halbherzig. Die Finanzierung bleibt völlig offen. Konkrete Strecken und Linien finden sich nicht. Stattdessen wird intensiv auf Private gesetzt („Investprogramm für Privatbahnen“, Stützung der „Marktdurchdringung“ durch öffentliche Hand,…).

Firmen bekommen neben Steuergeschenken undurchblickbare Förderungen: Über die Förderungsgesellschaft FFG gingen 2018 685 Mio. €, über den Wissenschaftsfonds FWF 230,8 Mio. € und 2017 über die Austria Wirtschaftsservíce GmbH (AWS) 1.1 Mrd. € an private Firmen für Forschung und Entwicklung. Die Ergebnisse werden als Profit eingestreift. Im Vergleich: die ÖBB erhalten ca. 3 Mrd. an öffentlichen Geldern.

Vermögen sind kaum wo so wenig besteuert wie in Österreich. Je nach Modell könnte eine (sehr niedrigen) Steuer auf Vermögen von über einer Million Einnahmen von 3,5-10 Milliarden pro Jahr bringen. Die Gemeinde Wien könnte mit Nulltarif finanziert durch die Besteuerung von Gewinn und Vermögen hier Vorreiterin sein. Von den Rathausparteien ist das aber nicht zu erwarten – das müssen wir erkämpfen.

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