Ganztagsschule: Ohne Geld nur Augenauswischerei!

Moritz Erkl

Seit Jahren ist die Diskussion über ein „besseres“ Bildungssystem und dessen Finanzierung eine schleppende. Es wird blockiert, verzögert und je nach wirtschaftlichem Druck die Positionen geändert. Nun ist die Regierung sich scheinbar einig: Mehr Ganztagsschulen müssen her. Das Umschwenken der ÖVP in dem grundsätzlich positiven Projekt kommt nicht von ungefähr.
Das Schulsystem ist von Grund auf verrottet: es reproduziert soziale Selektion und basiert darauf, ständig nur Wiedergekäutes bei Prüfungen auskotzen zu müssen. Freude und Motivation am Lernen werden uns früh ausgetrieben. Eine Ganztagsschule gäbe zumindest die Möglichkeit, mehr Raum für Lernmodelle zu geben, die nicht stures Von-der-Tafel-Abschreiben bedeuten und Lernen und Freizeit zu verschränken. Doch der ÖVP geht es nicht ums Wohl der SchülerInnen, sondern um das der Wirtschaft. Wenn SchülerInnen länger in der Schule bleiben, können deren Eltern länger arbeiten. Die jetzt beschlossene Verdopplung der Ganztagsschulplätze auf 200.000 bis 2018 bedeutet noch lange kein Lehren und Lernen nach den Bedürfnissen der LehrerInnen und SchülerInnen – und an der sozialen Ungleichheit des geteilten Schulsystems ändert sie auch nichts.
Der Streit um das Mitspracherecht bei den Modellen ist absurd. Es soll nur darum gehen, ob Eltern entscheiden dürfen, ob ihr Kind in einer Ganztagsschule ist oder nicht. Aber wie Schule an sich sein soll, dazu dürfen LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern – also die Betroffenen – auch weiterhin nichts beitragen.
Auch benötigt eine Ganztagsschule mehr PädagogInnen in den Schulen. Dem gegenüber steht der akute LehrerInnenmangel in Österreich, da bis 2025 120.000 PädagogInnen in Pension gehen. Aber wer will schon unterbezahlt und burnoutgefährdet in einem unterfinanzierten Bildungssystem arbeiten, das nur noch Mangel verteilt?
Eine Bildungsreform kann nur so gut sein wie die Menge an Geld, die in sie gesteckt wird. Ganztagsschulen, in denen jeder tatsächlich fürs Leben lernt, und zwar nach seinem/ihrem Können/Wollen: immer her damit! Doch eine wirtschaftlich motivierte Augenauswischerei wie von der ÖVP präsentiert und von der SPÖ umgesetzt: nein danke!

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