FPÖ-Bürgermeister in Wels: Des Stadt-Kaisers neue Kleider - Eine erste Bilanz

SLP Oberösterreich

In Wels/OÖ regiert nun seit 2015 die FPÖ. Der blaue Bürgermeister Andreas Rabl hat dabei sehr rasch bewiesen, dass entgegen den falschen Hoffnungen so mancher WählerInnen die FPÖ nicht „anders“ als SPÖ & ÖVP ist, sondern schlimmer. Statt öffentlicher Investitions-Programme zur Schaffung gut bezahlter und sicherer Arbeitsplätze oder der Anregung von Umverteilungsmaßnahmen von oben nach unten gibt es Kürzungen und Diskussionen über Kürzungen. Die ersten Einsparungen wurden bereits Ende 2015 beschlossen. Meinbezirk.at berichtet: Ersatzlos gestrichen sind Förderungen für mobile Altenhilfe und soziale Betreuungsdienste, barrierefreies Planen und Bauen an öffentlichen Objekten, Badeinbauten und Wohnungskosten für Jugendliche, Familien und Alleinerzieher. Ebenfalls aufgehoben sind nun die Richtlinien der Förderung von Umwelt- und Schallschutzmaßnahmen“.

Wels liegt in Umfragen bezüglich Lebensqualität in Oberösterreich weit hinten. Anstatt hier anzusetzen, präsentiert uns Rabl einen Politsprech wie von den „Altparteien“: Sein erstrangiges Ziel sei „Wels als Top-Wirtschaftsstandort“! (Interview im FPÖ-nahen wochenblick.at, 4.6.)

Öffentliches Geld (inzwischen bereits über €110.000) verschleudert die FPÖ in neoliberaler Tradition für eine „Beratungsfirma“, die „Kürzungspotential“ zu präsentieren hat. Rabl argumentiert genau wie SPÖ, ÖVP & Grüne: „Unbestritten ist, dass gespart werden muss.“ Würde die FPÖ tatsächlich einen anderen „sozialen“ Ansatz verfolgen, dann könnte sie ja Druck machen, um z.B. die Kommunalsteuer für Unternehmen zu erhöhen. Daraus speist sich maßgeblich das Budget von Gemeinden und Städten. Doch nichts dergleichen ist geplant, dafür drohen für uns folgende Verschlechterungen:

* Schließung eines Kulturzentrums

* Schließung des Stadttheaters

* Schließung von drei Tagesheimstätten

* Schließung des „Welios Science Center“

* Einstellung der Familienberatung

* Personalreduktion in Alten- und Pflegeheimen

* Streichung der Mittel für Streetwork

* Streichung oder Kürzungen der sozialpsychischen Beratungsdienste

* Kürzungen bei Kinderschutzzentrum und Frauengesundheitszentrum

* Kürzungen der Subventionen für arbeitsplatzfördernde Maßnahmen

* „Restrukturierungsprozess“ im Magistrat (= schlechterer Service und mitunter Personalabbau)

* Verschlechterungen bei den Kindergärten

 

Bereits beschlossen wurden:

  • Reduzierung der Mittel für „Frauen und Gleichbehandlung“

  • Kürzung der Subventionen für private Kindergärten

  • Streichung der Mittel für Hilfe in belastenden Familiensituationen

  • Schließung der Jugendherberge

 

Laut eigenen Worten Rabls wurden bereits Kürzungen über 3,5 Millionen Euro beschlossen (Interview derstandard.at, 24.9.). Interessant zu beobachten ist, wie FPÖ-Rabl auf beginnenden Unmut und Druck von unten reagiert. Beispielsweise antwortet er im „Standard“-Interview vom 24. September mehrmals mit „Das stimmt doch nicht“, nur um in Folge die Vorwürfe indirekt bestätigen zu müssen. Nachdem der Journalist auf sein „Stimmt nicht“ im Fall einer Kürzung beim Kinderschutzzentrum „Tandem“ nachbohrt, muss Rabl die tatsächliche Kürzung zugeben (-8.000 €; ca. -12% der städtischen Subvention). Beim Frauengesundheitszentrum schlägt eine mehr als 11%-Kürzung zu (von 45.000 auf 40.000 €).

 

Gefahr für Kindergärten

Sogar die offizielle Website der Stadt dient Rabl als „Das stimmt doch alles nicht“-Plattform. Nachdem in mehreren Zeitungen Berichte über Probleme in den Kindergärten erschienen, fühlte er den Zwang, alles schönzureden und umzudeuten. Darum wurde unter dem Titel „Mehr Geld für Welser Kinderbetreuung“ dementiert und versucht, den Schaden abzuschwächen. Nun spricht Rabl von „Umschichtung“ des Personals. Im Falle eines Kindergartens wurde „abgezogenes Personal“ wieder „korrigiert“. Sind wir jetzt nicht alle beruhigt?

Nein, sind wir nicht. Wer mit Beschäftigten im Bildungsbereich in Wels spricht, trifft auf Augenrollen, sobald der Name des Bürgermeisters fällt. Wütende Leserbriefe von PädagogInnen runden das Bild ab. Wieder einmal glorreich ist Rabls Erklärung des „eigentlichen Problems“: "Die Kritik geht von Teilen des Personals aus, die von einem Qualitätsverlust in der Betreuung sprechen." (nachrichten.at, 21.9.) Ähh, jaa. Und warum sollte Personal sich den zusätzlichen Aufwand antun und den Qualitätsverlust ansprechen, wenn es gar keinen gibt? Welche bösen Mächte sollen denn hier dahinter stecken, Herr Rabl? Die FPÖ versucht, beginnende Proteste von Eltern & KollegInnen als politisch gelenkte Falschmeldungen zu „enttarnen“ und schreibt auf ihrer Homepage: „Trotz … hervorragenden Bewertung der Welser Kindergärten wird erneut mit Falschmeldungen versucht, durch unrichtige Behauptungen Eltern von Welser Kindergartenkindern zu verunsichern. Fakt ist: Es finden keine Kürzungen im Kindergartenbereich statt, das Gegenteil ist der Fall!“

Ach so, na, wahrscheinlich ist es dann nur unsere Einbildung, dass auf einer Einsparungsliste der Stadt die Kinderbetreuung mit einem Einsparungspotential von einer Viertel Million gelistet ist und das Personal auf das „gesetzliche Mindestmaß“ gestutzt werden soll. Demnach wird einE jeweils zweite PädagogIn pro Gruppe gekürzt. Eltern von Welser Kindergartenkindern stellen die Auswirkungen dieser Kürzungen in Leserbriefen & auf Facebook bildhaft dar:

Morgens 8:00 Uhr, ich brachte mein Kind in den Kindergarten. So wie jeden Tag seit Anfang September war unsere Pädagogin alleine in der Gruppe. Die Helferin kommt immer erst vormittags zwei Stunden dazu. Ich ziehe also meinem Kind die Schuhe aus und beobachte fassungslos die Situation: Ein heulendes Kleinstkind, das noch nicht vollständig eingewöhnt ist und sich nicht vom Papa trennen kann, den Papa, der hilfesuchend die Pädagogin anschaute, die daraufhin zur Tür eilte, hinter der Pädagogin ein Rudel spielender und tobender Kinder und zum Drüberstreuen ein Kind, das aus dem Klo plärrt: „Bitte kann mir wer helfen!“ – das soll eine Pädagogin alles alleine managen? Wo sind die vom Bürgermeister permanent zur Verteidigung ausgelobten „1 Pädagogin, 1 Helferin und 1 Sprachförderin“ pro Gruppe? WO?“

Die "Soziale Heimatpartei" in der Stadtregierung Wels... Ein persönliches Beispiel vom Kindergarten meines Sohnes, Wels Laahen:

1. Waldtage gestrichen: Bis letztes Jahr waren sie 1x pro Woche in der Au/Gunskirchen am Waldspielplatz - war ein Hammer für alle Kinder. Bewegung in der Natur, das Erleben unseres Waldes, "Erdung"... manchmal war sogar zusätzlich zu den Kindergärtnerinnen ein extra ausgebildeter Waldpädagoge dabei.
2. Bauernhoftage gestrichen: ca. 5x im Jahr fuhren sie statt in den Wald auf einen Bauernhof in Buchkirchen. Dort durften sie mit den Tieren spielen und lernten viel über die Herkunft und Erzeugung unserer Lebensmittel.
3. Kindergartenhelferinnen reduziert: Die Kindergartenpädagogin und Gruppenleiterin ist nun vorwiegend alleine in der Gruppe und bekommt nur 2h am Vormittag eine Helferin dazu. Resultat: Die Pädagogin wird vorwiegend mit Aufsicht beschäftigt sein und weniger mit Pädagogik.
4. Keine "Springerinnen" mehr, um Spitzenauslastungen in der Betreuung zu deckeln, was mittel- und langfristig zu einer massiven Zusatzbelastung für die Pädagoginnen und damit zu Problemen für die Kinder führen wird.
5. Tierpark und auch andere Ausflüge nicht mehr möglich weil es dafür 2 Aufsichtsorgane bräuchte, die es aber nicht mehr gibt - siehe Punkt 3 und 4...
6. Anhebung der Kostenbeiträge für Basteln, Essen usw.

Die Kindergärten werden jetzt am gesetzlichen Minimum gefahren. Das gesetzlich vorgeschriebene Minimum an Betreuung für unsere Kinder, das gesetzlich vorgeschriebene Minimum an Aktivitäten für unsere Kinder. Unsere KINDER!!! Sind unsere Kinder nicht "unsere Leut´"?

 

Wehren wir uns!

Dass der Kahlschlag & die Lügen des Bürgermeisters durch solche Erfahrungseindrücke aufgedeckt werden, ist ein wichtiger erster Schritt. Um ihn zu stoppen, werden gemeinsame Aktionen von Eltern und Beschäftigten, die darüber hinausgehen notwendig sein. Es gibt sicher auch Menschen in anderen Bereichen, die helfend zur Seite stehen würden. Mit einfachen kleinen Flugblättern kann man weitere Eltern und die Öffentlichkeit informieren und so Rabls Politik einen Strich durch die Rechnung machen. Auch eine Kundgebung vor bzw. während einer Gemeinderats-Sitzung wäre vielleicht sinnvoll.

 

Rabls „Wertekodex“ bitte ins Altpapier!

FPÖ-Rabls Einstand als Bürgermeister umrahmte ein „Wertekatalog“ und Vorgaben deutscher Lieder, die die Kleinen singen müssten, um seiner begrenzten Vorstellung von Kultur zu entsprechen. Wer sich diesen Wertekodex durchliest, kommt nicht umhin, auch hier hinausgeschmissenem Geld hinterher zu trauern. Eine Ansammlung nichtssagender und geschwollener Floskeln, garniert mit destruktivem und zwanghaftem FPÖ-Kulturkampf sowie Phrasen aus der pädagogischen Mottenkiste. Textproben gefällig? Gerne:

 

„Rollenverständnis der Pädagogin: Die Pädagogin arbeitet authentisch, ehrlich und echt und handelt liebevoll stets kind- und situationsspezifisch.“

Welch Verschwendung kostbarer Buchstaben! Hat schon mal jemand ein pädagogisches Selbstverständnis gelesen, in dem vorgeschlagen wurde, man solle „unwirklich, unehrlich, falsch und hasserfüllt“ arbeiten?

Aber die FPÖ hat (leider) schon noch mehr zu bieten: „Ordnung, Leistung und Disziplin“

Sollen wirklich mit drei Worten aus einem billigen neoliberalen Motivations-Seminar Jahrzehnte an pädagogischen Erkenntnissen und Entwicklungen weggewischt werden?

„Inhalte des Wertekodex sind etwa die Vermittlung kultureller Grundwerte, betont werden mehrmals die christlichen Feste.“

In Österreich sind gegenwärtig 16 Kirchen und Religionsgesellschaften gesetzlich anerkannt, darunter viele nicht-christliche. Hinzu kommen sehr viele Menschen, die keiner Kirche oder Glaubensgemeinschaft angehören. Rabls „Wertekodex“ stellt eine Religion über andere. Unserer Überzeugung nach darf das nicht die Aufgabe der Politik in einem modernen Land sein. Kirche(n) und Staat müssen vollständig getrennt sein! Wer den fundamentalistischen Halb-Diktator Erdogan (zurecht!) kritisiert, muss dies auch bei der FPÖ tun.

Auch wenn es die reaktionären und teils rechtsextremen KarrieristInnen der FPÖ nicht wahrhaben wollen, aber es ist eine unverrückbare Tatsache, dass wir in einer Welt leben, die nicht durch starre Sprach- und Kulturgrenzen getrennt ist und auch nicht geteilt werden kann. Und so kann selbst der „Welser Wertekatalog“ diese Wirklichkeit auch nicht völlig leugnen: „Neben dem Feiern von kulturellen und christlichen Festen ist es in den städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen dennoch ebenso wesentlich, das Verständnis für andere Kulturkreise zu fördern.“

Auch in dieser auf den ersten Blick einschließenden Formulierung steckt jedoch die Hierarchie: Christentum vor allem anderen. Das eine muss (!) gefeiert werden, für das andere hat man gerade mal „Verständnis“.

Angesichts der seit Jahrzehnten gewalt-geladenen FPÖ-Rhetorik und der wachsenden Zahl an Hass-Postings von FPÖ-AnhängerInnen, der Verharmlosung von rechtsextremen Übergriffen als „Lausbubenstreiche“ und der wachsenden Gewalt der Naziszene in Oberösterreich im Windschatten der FPÖ-Hetze (in Linz wurden den letzten Wochen wurden zweimal AsylwerberInnen von rechtsextremen Hoolignas angegriffen bzw. im Frühjahr mehrmals Brandanschläge auf Roma-Zelte verübt, Wels verzeichnet Negativ-Rekorde bei Nazischmierereien) wirkt diese Passage unfreiwillig komisch: „Es werden Brauchtum, Tradition und Werte vermittelt und gelebt sowie der in Österreich bestehende gewaltfreie humanistisch gesellschaftliche Grundkonsens akzeptiert und respektiert.“ Ende Oktober nehmen relevante Teile der FPÖ an einem Kongress in Linz Teil, der rechtsextreme & gewaltbereite, faschistische AktivistInnen aus ganz Europa anzieht! (nähere Infos hier: https://www.slp.at/artikel/linz-stellt-sich-quer-nein-zum-rechtsextremen-kongress-7820)

 

FPÖ ist pro-kapitalistisch und keine „ArbeiterInnen-Partei“

Zurück zu den Kürzungen: Obwohl das Aufkommen von Unmut an seinem Spar-Kurs grundsätzlich nichts ändern wird, ist Rabl wahrscheinlich instinktiv klar, dass dies den Anfang vom Ende der Illusion darstellt, dass die FPÖ „sozial“ oder eine „Arbeiterpartei“ wäre. Verbunden mit der Entwicklung einer echten anti-kapitalistischen und sogar sozialistischen Alternative könnte man der FPÖ das Wasser abgraben.

Wie wichtig dabei Anti-Rassismus ist, zeigen die FPÖ-Angriffe in Wels selbst: wir alle, egal welcher Herkunft, sind davon betroffen. Daher kann auch nur eine solidarische und mutli-ethnische Bewegung diese Kürzungen stoppen und Alternativen entwickeln. Wer jedoch die Menschen entlang Hautfarbe und kulturellen Eigenheiten spaltet, der will dies auch nutzen, um pro-kapitalistische Politik umzusetzen und in diesem Zusammenhang seine Privilegien zu genießen. Das ist die Rolle der FPÖ im Krisen-Kapitalismus.

Richtiggehend stolz scheint FPÖ-Rabl jedoch auf die erfolgten Streichungen bei der bedarfsorientierten Mindestsicherung (bis zu 50%) zu sein. Hier fühlt er sich sicher, da er (wahrscheinlich zu Recht) davon ausgeht, dass viele Menschen glauben, diese Kürzung bei Asylberechtigten und Drittstaatsangehörigen würde ihnen etwas bringen; was es jedoch nicht tut! So rassistisch die FPÖ auch agiert, beim Sozialabbau sind für sie am Ende des Tages alle Menschen (ArbeiterInnen, Arbeitslose, ...) gleich. Die Kürzungen beginnen bei Flüchtlingen und werden dann Stück für Stück ausgeweitet, bis wir alle durch die Finger schauen.

Demgegenüber stehen wir für einen gemeinsamen Kampf aller Betroffenen gegen Sozialabbau, Arbeitslosigkeit und Armut. Dieser kann nur erfolgreich sein, wenn man sich der Zwangsjacke der kapitalistischen „Profitlogik“ entledigt. Die FPÖ hingegen steckt fest in einer solchen.

Wenn du/Sie beim Aufbau einer echten Alternative mitmachen möchtest/möchten, dann melde dich/melden Sie sich bei uns: unter slp@slp.at.